Theaterfrauen: Vorhang auf!

Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp (li) und Schauspielerin Lisa Jopt. - Foto: Thilo Beu
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Wieso haben Sie das Treffen der Theatermacherinnen initiiert?
Nicola Bramkamp Wir im Theater thematisieren auf der Bühne gerne gesellschaftliche Missstände. Doch hinter den Kulissen herrschen prekäre, teils sehr hierarchische, patriarchale Strukturen.
Laut einer Studie von Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist die Frauenquote am Theater erschreckend gering: 70 Prozent ­aller Inszenierungen stammen von Männern, nur 22 Prozent der Intendanzen sind weiblich besetzt.
Deutschland ist Schlusslicht im europäischen Vergleich bei der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen im kulturellen Bereich! Grund genug für uns Theatermacherinnen, uns zu vernetzen und über die „brennenden Themen“ zu diskutieren.

Was waren denn die brennenden Themen?
Die üblichen: Gender Pay Gap, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die zu ­geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen, also Frauenquoten.
Und wir haben viel über ästhetische Fragen diskutiert: Was für Rollenbilder vermitteln wir im Theater? Wieso gibt es so wenig starke Frauenfiguren im Stücke-Kanon? Wie kriegen wir mehr Diversität auf und hinter der Bühne realisiert? Und es ging natürlich auch um Netzwerken und gegenseitiges Schulterklopfen.

Hat die #MeToo-Debatte keine Rolle gespielt?
Die war natürlich ein großes Thema! Es gibt bisher wenig öffentlich bekannt gewordene Fälle an deutschen Theatern, das hat, glaube ich, viel mit Scham und einem fehlenden Schutzraum zu tun. Machtmissbrauch und sexuelle Diskriminierung kennt fast jede Frau im Theater, vor allem, wenn sie auf der Bühne arbeitet.
Darum haben wir uns in Bonn nur ‚unter uns‘ getroffen, Männer waren nicht eingeladen. Die Energie, wenn Frauen einmal offen und unter sich reden, war spektakulär und wirkt für mich noch immer nach. Wir haben uns Mut gemacht und natürlich auch viel offener über die eigenen Erlebnisse sprechen können. Es gibt jetzt ein großes Gefühl der Solidarität: Du bist nicht allein!

Wer war denn alles dabei?
Es waren 350 Frauen da. Über weitere hundert standen auf der Warteliste, aber konnten aufgrund der räumlichen Kapazitäten nicht teilnehmen.
Tontechnikerinnen, Regie-Assistentinnen, Intendantinnen, Schauspielerinnen, Ausstatterinnen, Kuratorinnen, Dramaturginnen, Autorinnen, Betriebsdirektorinnen – fast aus jeder Berufs- und Altersgruppe sind die Frauen angereist.
Unglaublich! Das zeigt wie groß der Leidensdruck und der Wunsch nach Veränderung auch am Theater ist.

Ist auch konkret etwas passiert?
Es gibt mit der Gründung von „Pro Quote Bühne“ jetzt eine sehr starke Initiative, die auch bei unserem ­Treffen ihre Arbeit vorgestellt hat.
Dann wird es im Bühnenverein, dem Arbeit­geberverband, eine Arbeitsgruppe ­geben, die sich verstärkt um die Auf­arbeitung bzw. Prävention von ­geschlechtsspezifischer Diskriminierung kümmern soll.
Und Arbeitsgruppen, die sich der ästhetischen Themen annehmen. Und alle Teilnehmerinnen haben sich verpflichtet, in ihrem jeweiligen ­Arbeitsumfeld von nun an aktiv für die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit einzutreten.
Männer dürfen sich natürlich auch engagieren!

Wie machen Sie denn selbst nun weiter?
Lisa und ich arbeiten an ­einer ­baldigen Folge­veran­stal­tung und verhandeln darum gerade mit möglichen ­Kooperationspartnern. Denn es gibt noch viel zu tun und die Energie aller Teilnehmerinnen ist gigantisch – das sollte nicht verpuffen.

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