Diäten: Ich mach das Spiel nicht mit!
Ich habe nie eine Diät gemacht. Ich hielt Diäten immer für unsinnig. Ich kenne viele Frauen, die Diäten machen, aber nie hat wirklich jemand dauerhaft abgenommen. Warum sollte ich mich quälen? Leider aß ich zu gerne. Irgendwann litt ich unter Adipositas. Und an vielen Folgeerkrankungen. Nach einigen Krankenhausaufenthalten war klar: Ich muss abnehmen. Aber ohne Diät. Ohne Zwang. Mit einer Therapie. Das tat ich auch. Gesundheit nach einem halben Jahr wieder hergestellt.
Jede weiß, dass sie mit Extrem-
diäten nicht abnimmt ...
Natürlich war das Abnehmen ein großes Thema. Im Freundeskreis, bei den Kollegen und auch in Internetforen, die ich besuchte. Früher habe ich beim Thema Gewicht gemauert und auch mal das Zimmer verlassen. Mein Gewicht ist meine Privatsache, ist es irgendwie immer noch. Etwas Intimes, das ich nicht diskutiere. Doch mittlerweile höre ich anderen Frauen zu, wenn sie von ihren Diäterfahrungen berichten. Und das ist einfach erschreckend. Der Selbsthass und die Selbstzerfleischung, die Frauen empfinden bei ihrem Gewicht.
Mittlerweile weiß jeder, dass man mit Extremdiäten nicht abnimmt. Trotzdem werden sie praktiziert. Genussvoll wird sich selbst gequält, ein Scheitern ist vorprogrammiert. Dann toben sich die Frauen erst richtig aus. Sie bezeichnen sich selbst als fett, als ekelig, als abstoßend, als Versager. Manchmal denke ich, es ist ein bizarrer Wettbewerb zwischen den Frauen in Punkto Selbsterniedrigung. Dann wird der nächste Versuch gestartet. Was sie dann noch mehr herunter zieht.
In Internetforen traf ich auch Frauen, die schon längst ihr „Normalgewicht“ erreicht haben. Aber trotzdem weiter abnehmen möchten. Was physiologisch ziemlich schwierig ist. Und dadurch wieder zum Scheitern führen wird.
Jede Diät wird verteidigt, als handle es sich um eine Religion. Wer sich mit Diäten und den Menschen dahinter beschäftigt, schaut nicht nur in einen Abgrund. Es kommen auch Skurrilitäten zu Tage, wie der neueste Trend: der „Thigh Gap“. Ein „Thigh Gap“ wird definiert als Oberschenkellücke. Als ich zum ersten Mal davon las, dachte ich, es wäre eine Art Deformation, Krankheit, Muskelschwund. Letzteres ist wohl gar nicht so verkehrt. Es handelt sich um die Lücke zwischen den Oberschenkeln superdürrer Models. „Knabenhafter Mädchentyp“, wie es der Stern passend formulierte. Muskelschwund, wie ich schon sagte. Als Athletin kann man sich einen Thigh Gap nämlich nicht leisten. Sonst fehlt einem die Kraft zu rennen, springen und was man sonst so mit seinen Beinen anstellt.
... trotzdem werden sie permanent praktiziert!
Aber die jungen Mädels stehen trotzdem drauf und wollen alle so eine Lücke haben. Was anatomisch gar nicht so einfach ist (außer man gewöhnt sich das Essen ganz ab und skelettiert vor sich hin), um spindeldürre Beinchen zu bekommen, die man nicht nutzen darf, denn sonst bauen sich direkt Muskeln auf. Oder man lässt sich den „Thigh Gap“ anoperieren (obwohl dort viele Nerven- und Muskelstränge liegen).
Für mich stellt sich immer wieder die Frage nach dem Warum. Mit Attraktivität oder dem Wunsch nach Gesundheit hat das doch alles nichts mehr zu tun, oder?
Anita