„Trauern ist keine Krankheit!“
Wie sind sie Trauerbegleiterin geworden?
Chris Paul Als ich 22 war, hat sich meine damalige Partnerin das Leben genommen. Das war 1985. Damals gab es noch keine Trauergruppen; diese ganzen Netzwerke für Trauerarbeit, die es heute gibt, existierten noch nicht. Heute gibt es Hunderte von Büchern über das Trauern, damals war ich damit sehr allein. Ich habe die ersten Monate kaum geschlafen, das ganze erste Jahr und noch viel länger geweint und mir tausend Fragen gestellt. Aber ich wollte mich nicht unterkriegen lassen und habe mich in Arbeit gestürzt. Mit Mitte 30 habe ich dann gemerkt, dass ich mich dem Thema nochmal zuwenden muss.
Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe zunächst Trauergruppen gegründet, dann aber festgestellt, dass ich eine Ausbildung brauche, wenn ich das richtig machen will. Ich habe dann soziale Verhaltenswissenschaften studiert und 1997 eine Weiterbildung zur Trauerbegleiterin gemacht. Später noch eine in Traumatherapie und den Heilpraktiker für Psychotherapie.
Ausbildungen zur Trauerbegleitung gab es also inzwischen?
Ja. Und die biete ich ja schon lange selbst an. Deutschland hinkte dem englischsprachigen Raum lange stark hinterher. Dort waren die führenden Figuren übrigens Frauen. In England zum Beispiel Cicely Saunders, die die Hospizbewegung begründete, in den USA war es Elisabeth Kübler- Ross mit ihrem berühmten Buch „Interviews mit Sterbenden“.
Wie kommt es, dass die Deutschen ein besonders distanziertes Verhältnis zum Trauern haben?
Die deutsche Gesellschaft ist einfach zutiefst geprägt von dem, was wir im Zweiten Weltkrieg getan, aber auch erlitten haben. Da war zunächst das Schweigen unserer Eltern und Großeltern. Dann gab es mit den 68ern die Beschuldigungen: Wir klagen euch an! Erst jetzt gibt es ja langsam eine offene Debatte über die Kriegsenkel. Wir mussten also eine Generation überspringen, um nicht nur die Schuld, sondern auch das Leid und die Versehrung unserer Eltern-Generation anzusehen.
Welche Menschen kommen zu Chris Paul in die Praxis und warum? Ist „erschwerte Trauer“ eine Krankheit? Und: wie kann geholfen werden? Das ganze Gespräch mit der Trauerbegleiterin gibt es in der aktuellen November/Dezember-EMMA. Es ist Teil eines ganzen Dossiers zum Thema "Tod & Trauer" - und der Frage: Trauern Frauen anders als Männer?
EMMA hat eine feministische Bestatterin besucht und einen Kölner Bestatter getroffen, der auch Karnevalspräsident ist. Beide plädieren für einen liebevollen Umgang mit dem Körper der Toten – und gegen den schnellen Ex-und-Hopp-Abschied.
Übrigens: 80 Prozent aller verwitweten Menschen sind weiblich - und viele Witwen leben im gesellschaftlichen Schatten. Warum eigentlich? Der Frage geht Cornelia Kazis nach. Und Brenda Strohmaier muss fünf Jahre nach dem Tod ihres Mannes noch einmal Abschied nehmen: von der Trauer.
Das alles könnt ihr in der aktuellen November/Dezember-EMMA lesen. Jetzt im Handel und portofrei im EMMA-Shop