Umeå: Die Erfinderinnen
Die Zukunft stellen sich Ambra Trotto (Foto li) und Emma Ewadotter so vor: Das schwedische Städtchen Umeå wird zum Zentrum für großformatige 3D-Drucke. Aus dem Drucker kommen dann zum Beispiel ganze Häuser. Ambra ist Dozentin an der Hochschule für Architektur in Umeå und leitet dort außerdem als Direktorin eine Zweigstelle des „Interactive Institute Swedish ICT“. An dem Forschungszentrum mit Hauptsitz in Stockholm wird seit 1998 in Bereichen wie Interaction Design, Gamification, Energieverbrauch und zukünftigem Wohnen und Arbeiten getüftelt. Und am 3D-Druck. Emma macht ihren Doktor in Kunstgeschichte und arbeitet als Produktmanagerin am „SoftLab“. Das ist ein Teil des Projekts „Sliperiet“ an der Umeå Universität, untergebracht in einer alten Holzfabrik. Ein Maker-Space, ein Raum für MacherInnen. Im SoftLab entwickelt Emma smarte Textilien, so genannte Wearables: Kleidung oder Accessoires versehen mit Elektronik – wie tragbare Computersysteme. Das bisher bekannteste Beispiel hierfür kommt aus dem Silicon Valley: die Apple Watch. Was die beiden Erfinderinnen auch umtreibt, ist die Frage, wie sie den Frauenanteil in ihrem Bereich erhöhen können. Denn der ist selbst im gleichberechtigten Schweden zu klein, sagen sie. 2015 haben sie auf der Berliner Tech-Konferenz „re:publica“ einen getarnten Einstiegs-Workshop in Elektrotechnik angeboten: Sie haben Mädchen Broschen basteln lassen, die sie mit selbst zusammengelöteten Schaltkreisen zum Leuchten bringen sollten.
Warum ausgerechnet Broschen?
Emma: Ein Schmuck-Workshop wirkt nicht so einschüchternd. Und es kommt auch etwas Nettes dabei raus. Ein Trick also.
Ambra: Der funktioniert. Ein Vater kam mit seiner Tochter in unseren Workshop. Am Anfang hat sie noch rumgeflucht. Aber dann hat sie es hinbekommen. Und am Schluss hat sie sich von ihrem Vater einen Lötkolben zum Geburtstag gewünscht.
Weit weg von dem, was landläufig über Digitalisierung gedacht wird
Was tut ihr als nächstes?
Wir werden Stipendien vergeben für das Textil-Labor im SoftLab. Da gibt es Laser-Cutter und 3D-Drucker und alles, was man sonst noch braucht, um Wearables und smarte Textilien herzustellen.
Und ihr wollt Häuser drucken.
Ambra: Ja, das ist unser nächstes großes Projekt. Das ist natürlich weit weg von dem, was landläufig über Digitalisierung gedacht wird. Es bringt uns eher zurück zu Materialien – vergleichbar mit der Art, wie wir früher mal mit Ton gearbeitet haben. Was wieder sehr viel mehr mit einer sinnlichen Erfahrung zu tun hat – und auf eine gewisse Art auch weiblicher ist. So können wir außerdem einen ganzheitlichen Zugang wählen und wieder zu einer Verbindung mit der Natur zurückkehren.
Emma: Du musst auch in einem Maker-Space nicht das nächste große Ding erfinden. Du kannst Spaß an einer kleinen Sache haben. Und wenn du das zehn Mal gemacht hast, dann erfindest du vielleicht die nächste große Sache.