Und die Mutter schweigt...

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"Am 16. April 1969 bringt Mireille B., geboren am 4. Februar 1952, wohnhaft bei ihren Eltern in A., ein Kind namens Jacques zur Welt. Diese Niederkunft überrascht die Nachbarschaft, da Mireille offensichtlich keinen Freund hat. Im August 1971 gelangen Gerüchte bis zur Polizeiwache: der kleine Jacques sei ein Inzest-Kind..."

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Diese wenigen Linien sind ein Auszug aus einem offiziellen Dokument, das uns der Anwalt von Hector B., Vater und Großvater des kleinen Jacques, überlassen hat. Hector B. bekam acht Monate Gefängnis ohne Bewährung.

"Bis zum April 1966", so heißt es weiter in der Amtschrift, "wuchs Mireille B. bei ihren Großeltern auf. Die Eltern kamen manchmal zu Besuch. Eines Nachmittags, im Frühling 1961, nahm Hector B. die damals neun Mit neun Jahren zum ersten Mal Jahre alte Mireille mit zu einem Spaziergang im Wald. Der Vater verlangte von dem kleinen Mädchen, sich ins Gras zu legen. Das Kind glaubte, das alles sei ein Spiel, und tat es. B. legte sich auf sie ... Mireille, zu klein um etwas zu begreifen, sagte weder der Mutter noch den Großeltern ein Wort."

Hector B. machte es sich in der Folgezeit zur Gewohnheit, Mireille bei jedem Besuch mit in den Wald zu nehmen. Er deflorierte sie allerdings nicht.

"Während des Sommers 1962 holen Herr und Frau B. Mireille ab, um mit dem Kinde zusammen die Ferien in A. zu verbringen, wo sie wohnen. Eines Abends besucht Hector B. Freunde und nimmt Mireille mit. Nachts auf dem Rückweg hält er den Wagen an einem einsamen Ort an, greift nach Mireille und unterwirft sie einem vollständig vollzogenen sexuellen Akt. Das kleine Mädchen schreit vor Schmerzen und hat einen so starken Blutsturz, dass nicht nur ihr Kleid und ihre Wäsche, sondern auch die Hose ihres Vaters voller Blut ist."

Hat Hector B. sich mit dieser Entjungferung einer "Schamverletzung ohne Gewalteinwendung" schuldig gemacht, wie es die Anklageschrift verschämt formuliert? Oder handelt es sich hier schlicht um Vergewaltigung?

Die blutüberströmte Mireille landet gegen zwei Uhr nachts zuhause. "Das hat irgendein Halunke auf dem Gewissen", erläutert Hector. "Wenn ich den finde, kann er was erleben." Liliane, seine Frau, Mireilles Mutter, antwortet nicht. Sie wäscht das Kind und legt es ins Bett.

Mireille schweigt nicht. "Das war Papa!" sagt sie. Liliane aber will keinen Ärger und schickt das Kind weg, um den Mann zu behalten: gleich am nächsten Tag kommt Mireille wieder zu den Großeltern.
In den kommenden Monaten schließt die Mutter bei den Waldspaziergängen Hectors mit Mireille die Augen. Sie schließt auch die Augen vor dem, was ab 1966 passiert, als Mireille zu den Eltern zieht. Liliane arbeitet abends im Restaurant. Hector nutzt die Gelegenheit und schläft zwei-, dreimal in der Woche mit seiner Tochter.

"Ich habe schon gemerkt, dass zwischen meinem Mann und meiner Tochter sexuelle Beziehungen bestanden", erklärte Liliane später dem Untersuchungsrichter. "Aber im Interesse meiner Kinder und um einen Skandal zu vermeiden, habe ich nichts unternommen."

Hector B. fragte seine Frau schriftlich: "Findest Du nicht, dass unsere Tochter immer dicker wird?" Auch Liliane antwortete nicht direkt, sondern per Zettel: "Schämst Du Dich nicht?" - Ein wenig spät...
Als die Mutter sich endlich entschließt, ihre Tochter nach der Schwangerschaft zu befragen, antwortet Mireille: "Frage doch Deinen Mann, das Schwein ..." Liliane fragt nicht. "Ich hatte Angst, dass er gewalttätig reagiert, dass er Mireille etwas antut. Dass er auch mich schlagen würde, nahm ich nicht an, obwohl er auch das schon getan hat."

Hector B. erklärte später dem Richter, er habe seine Tochter nie bedroht. Auch geschlagen hab er sie "nur zweimal". "Mein Mann ist sehr autoritär", räumte Liliane ein. Und ein Psychiater befand als Prozessgutachter: "Tochter wie Mutter befinden sich in einem totalen Abhängigkeits- und Unterwerfungsverhältnis zum Vater. Auch heute noch beherrscht eine unvernünftige Angst vor der Rache des Vaters die beiden.

Unvernünftige Angst? Der Experte wundert sich, dass "Mireille innerhalb der Familie völlig unterworfen war, bis zu dem Punkt, auch eine Situation hinzunehmen, die sie ganz offensichtlich nicht befriedigte." Der Psychiater kann sich offensichtlich nicht einen Moment lang vorstellen, dass das Kind sich nicht wehren kann gegen den allmächtigen Vater...

Für Liliane und Mireille sind Begriffe wie "Autonomie" und "Freiheit" ohne Sinn. Der Vater kontrolliert jeden Augenblick ihres Lebens und zögerte nicht, Mireille mit der Pistole zu be- drohen, ja sogar in der Küche rumzuballern, um zu zeigen, wie ernst es ihm ist. "Wenn ich mich weigerte, mit ihm zu schlafen, war er sauer", erklärt Mireille bei der Polizei.

Bei der Geburt des kleinen Jacques schien niemandem etwas aufzufallen, weder dem Arbeitgeber von Mireille, noch den Nachbarn. "Das hat ein Soldat auf Urlaub auf dem Gewissen", erklärte Hector jedem, der es hören will. Hector B. ist sehr stolz auf seinen "Enkel". Er holt ihn im Kindergarten ab, geht mit ihm spazieren, verwöhnt ihn. In seinen Briefen aus dem Gefängnis spricht er immer wieder von seinem "kleinen Bärchen".

Als die Polizei kam, um ihn zu holen, verstand Hector B. nicht warum. Wieso hätte ausgerechnet er gegen das Gesetz verstoßen? Kann ein Vater nicht mit seinen Kindern machen, was er will?
Hector B. protestierte auch in seinen Briefen aus dem Gefängnis immer wieder gegen seine Strafe: "Ich habe niemanden getötet und niemanden vergewaltigt ..." Er hält sich für das Opfer in der ganzen Geschichte und seine Frau für die eigentlich Schuldige: "Sie hat sich mir immer verweigert und sogar in der Unterhose geschlafen." In seinen letzten Briefen "vergibt" er ihr: "Trotz allem, was meine Frau mir angetan hat und mich hat mit dem Mädchen machen lassen, bin ich ihr nicht böse. Ich kann verzeihen."

In anderen Briefen kündigt er seine Rache an: "Meine Kumpel hier in der Zelle sagen mir alle, Deine Frau ist ein Luder. Du musst es ihr heimzahlen, wenn Du rauskommst!" Er schreibt Liliane Drohbriefe, "um ihr ein bisschen Angst zu machen". Wenn er rauskäme, würde er seine Frau umbringen.

Ist Hector B. ein Monster? Nein. Weder seinen Arbeitgebern noch seinen Kollegen oder Nachbarn ist er jemals unangenehm aufgefallen. "Ein einfacher Mann, ruhig, höflich, hilfsbereit." - "Wir haben ihm nichts vorzuwerfen" - "Fleißig, immer bereit, einem einen Gefallen zu tun." - "Nie Ärger." - "Als Vorgesetzter hatte er die nötige Autorität dem Personal gegenüber." Schlusswort des Psychiaters: "Hector B. hat ein im positiven Sinne angepasstes Verhalten. Er ist lediglich ein bisschen stark mit sich selbst beschäftigt."

Entnommen einem Bericht über Inzest in der französischen Frauenzeitschrift Marie-Claire.

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