Union für Sexkaufverbot!
Positionspapiere sind oft auf Bürokratisch verfasst, aber dieses redet Klartext: „Die Frau wird in der Prostitution zu einem Objekt degradiert, das wie eine Ware käuflich ist“, heißt es da. Und wer immer noch nicht verstanden hat, was das Problem ist, dem wird es anschaulich erklärt: „Betroffene erleben die Handlungen der Freier an ihrem Körper sehr häufig als vielfache Vergewaltigungen – verbunden mit demütigenden, schmerzhaften und die physische wie psychische Gesundheit gefährdenden Praktiken.“ Das Milieu sei „zutiefst menschen- und insbesondere frauenverachtend“.
Auch der Titel des Positionspapiers, das die CDU/CSU-Bundestagsfraktion heute verabschiedet hat, sagt klar und deutlich, was die Abgeordneten fordern: „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen!“
Das ist nichts weniger als eine Zeitenwende. Zum ersten Mal hat eine komplette Fraktion des deutschen Bundestages sich für einen echten Paradigmenwechsel in der katastrophalen deutschen Prostitutionspolitik ausgesprochen. Diese Politik war in den vergangenen Jahrzehnten ein Sonderweg, über den viele Länder zunehmend den Kopf schüttelten. Die rot-grüne Prostitutionsreform hat Deutschland zum Einreiseland für Sextouristen und zum Paradies für Bordellbetreiber und Zuhälter gemacht. Den Preis dafür zahlen noch immer die Frauen in der Prostitution.
Doch das ist krachend gescheitert. Das hat zuletzt wieder die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Frühjahr 2023 bewiesen: Ganze 50(!) Frauen - von mindestens 200.000 - waren bei der Bundesanstalt für Arbeit sozialversicherungspflichtig gemeldet.
Dabei war es doch angeblich das Ziel der rot-grünen „Prostitutionsreform“ von 2002 gewesen, mit der Aufhebung der „Sittenwidrigkeit“ den Prostituierten mehr Rechte zu geben und Prostitution als „Beruf wie jeden anderen“ zu etablieren. Stattdessen wurden Bordellbetreiber zu ganz normalen "Unternehmern" und Zuhälter zu „Managern“. Vergeblich hatte EMMA gewarnt, dass die Reform nur den Profiteuren nutzen würde, nicht aber den Prostituierten.
CDU/CSU-Fraktion: Prostitutions-Milieu ist „zutiefst frauenverachtend“
„Das Narrativ vom ‚Beruf wie jeder andere‘ von Prostituierten mit eigener Wohnung, Kranken-, Renten,- und Sozialversicherung ist damit eindeutig widerlegt“, bestätigt nun, zwei Jahrzehnte später die Unionsfraktion. Stattdessen seien große Teile des Milieus in den Händen der Organisierten Kriminalität und „eine sechsstellige Zahl von Mädchen und Frauen in „faktisch totaler Abhängigkeit von Zuhältern“, die auf „emotionaler Manipulation, Täuschung, Drohung und nicht zuletzt massiver Gewalt“ beruhe.
Die Lösung: „Keine weiteren Alibi-Maßnahmen“ – wie das völlig zahnlose „Prostituiertenschutzgesetz“ von 2017 – sondern das sogenannte „Nordische Modell“: Freier, die mit ihrer Nachfrage den Markt für den Handel mit der Ware Frau erst schaffen, werden bestraft. Gleichzeitig werden die Frauen in der Prostitution entkriminalisiert, haben also keinerlei Verfolgung durch die Behörden zu befürchten, und bekommen Hilfen zum Ausstieg. Diese Ausstiegshilfen müssen, damit das Modell überhaupt funktionieren kann, finanziell wie personell solide ausgestattet sein.
Als erstes Land hatte Schweden schon 1999 Prostitution zum Verstoß gegen die Menschenwürde erklärt, seither sind viele Länder gefolgt, zuletzt Kanada, Frankreich und Israel. „Es kann keine echte Gleichberechtigung geben, wenn Hunderttausende Frauen wie Sklaven behandelt werden“, erklärt nun endlich auch die Christdemokratin Dorothee Bär, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Initiatorin des Positionspapiers der Union. „Das ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde, den wir dringend beenden müssen!“
Der Beschluss der CDU/CSU-Fraktion kommt genau acht Wochen, nachdem auch das EU-Parlament erklärt hatte: „Das System Prostitution ist von Natur aus gewalttätig, diskriminierend und zutiefst unmenschlich.“ Die Freier spielten in diesem System „eine Schlüsselrolle“. Deshalb sendete Brüssel eine klare Botschaft an Berlin: „Die Nachfrage muss reduziert werden!“
Klare Botschaft aus Brüssel: "Die Nachfrage muss reduziert werden!"
Initiiert hatte den Brüsseler Bericht die SPD-Abgeordnete Maria Noichl. Er wurde vom Parlament mit großer Mehrheit und den Stimmen fast aller SozialdemokratInnen verabschiedet (und von fast allen Grünen-Abgeordneten abgelehnt - noch immer nichts dazugelernt?). Das lässt hoffen, dass bald auch die SPD-Fraktion im Bundestag – die beim „Prostituiertenschutzgesetz“ von 2017 noch eine unrühmliche Rolle gespielt hatte – langsam begreift, was Rot-Grün mit der fatalen Reform von 2002 angerichtet hat.
EMMA klärt von Beginn an unermüdlich über das System Prostitution auf, hat seit dem ersten Cover 1980 immer wieder mit dem Skandal Prostitution getitelt, unzählige Gespräche mit Betroffenen geführt und 2013 den vielbeachteten Aufruf „Prostitution abschaffen!“ lanciert. Es ist erleichternd, dass die Erkenntnis, dass Prostitution zutiefst frauenverachtend ist, nun in der Politik angekommen ist. Wenn auch erst nach vier Jahrzehnten.
CHANTAL LOUIS