Unterm queeren Regenbogen
Vor etlichen Jahren zog es mich nach Berlin, in meine alte Heimatstadt. Meine politisch-persönliche Heimat fand ich in dem Verein, der bis heute mich und meine grauhaarigen Schwestern einbindet in das Solidarnetz unserer Community. Hier brachte ich mich ein, übernahm wichtige Aufgaben und fühlte mich wohl. Zumindest bis vor einiger Zeit.
Die Metropole ist „queer“, wohin das Auge blickt, und was das heißt, erschloss sich mir erst nach und nach. Gemeint mit queer sind wir, die LSBTQIA* (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queerer, Intersexuelle, Agender und alle sexuellen AußenseiterInnen). Und weil dieser Zungenbrecher wenig alltagstauglich ist, nennt man uns, die personifizierte sexuelle Vielfalt, einfach „queer“ und die dazu gehörige Frauenabteilung „Queerfeminismus“.
Die „Förderung der Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt“ gehört zu den vornehmen Aufgaben der weltoffenen Metropole mit dem heutigen Senator für Justiz und Antidiskriminierung. Berlin, das Eldorado der Schwulen und Lesben, hat sich in ein Eldorado sexueller Vielfalt verwandelt. Alle Geschlechter gemeinsam und solidarisch unterm queeren Regenbogen, das ist die Vision, die nun Realität werden soll.
Da bin ich doch gerne dabei. Schließlich gehöre ich als Lesbe ja dazu und tauche auch gleich als erste in der Buchstabenvielfalt von LSBTQIA* auf. Also darf ich mich eingebunden fühlen in die Gemeinschaft der queeren Community. Dachte ich bis vor kurzem … und machte mich auf, Queerland zu erkunden. Es gab viele befremdliche Stationen auf meiner Reise. Erster Schauplatz: eine Veranstaltung im Schwulen Museum.
Dort erwähnte ich voller Stolz unseren „Lesbenfriedhof“, der 2014 gerade eingeweiht worden war. Damals noch im Zustand tiefster Unschuld hielt ich nicht hinterm Berg damit, wie toll ich es finde, dass wir für lesbische Sichtbarkeit über den Tod hinaus sorgen. Das hätte ich lieber nicht gesagt...
Was Astrid Osterland erlebt hat, könnt ihr in der aktuellen Juli/August-EMMA lesen.