Therapeutin Albert: So viel Körper-Hass!
Ich bin Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Ich bin jeden Tag mit Leiden konfrontiert, mit Krankheit, mit Not und Verzweiflung. Mit Körperhass, so viel Körperhass! Unsere Kinder wachsen auf in einer Welt, die es ihnen schwer macht, ihren Körper zu lieben. Meine jugendlichen PatientInnen stellen so viele Bedingungen an sich selbst: die richtige Größe, die richtige Form, die richtige Kleidung, die richtige Art, sich zu bewegen. Und ständig stellen sie fest, dass sie nicht gut genug sind, dass sie dem Anspruch nicht genügen. Sie sind zu dick, zu dünn, zu groß, zu klein, zu kurvig, zu schmal, zu wenig muskulös, die Nase ist zu schief – sie halten sich nicht für liebenswert.
Ich sitze vor diesen Mädchen, die mir erzählen, dass sie „eigentlich“ ein Junge seien. Es wurde ihnen oft genug gesagt, schon im Kindergarten, schon in der Grundschule: „Sowas macht ein Mädchen nicht!“ „Das ist nichts für Mädchen!“ „An dir ist ja ein Junge verloren gegangen!“ Weil sie robuster waren, als Mädchen zugestanden wird, wilder; weil sie auch raufen wollten und sich beim Spielen die Klamotten aufrissen; weil sie weniger Interesse an Make-up und Glitzer zeigten, weil sie sich für Naturwissenschaften interessierten oder andere Dinge, die wir immer noch als „Jungeninteressen“ deklarieren.
„Ab, zurück in die Mädchenabteilung!“ Aber in der Mädchenabteilung fühlen sie sich falsch. Sie passen da nicht so richtig dazu. Sie lächeln zu wenig und haben mehr Lust auf Fußball statt auf Turnen. Sie tun sich schwer, Freundinnen zu finden. Sie ärgern sich, weil ihnen bestimmte Dinge verwehrt werden, weil Mädchen dies nicht können, nicht dürfen, nicht sollen.
Und dann kommt da noch die Menstruation, dieses lästige Etwas, das immer noch irgendwie peinlich und tabuisiert ist und oft genug schmerzhaft. Die Brüste wachsen und die Männer gucken. Dann noch Schulstress und Ärger mit den Eltern und das leidige Erwachsenwerden. Alles fühlt sich falsch an. Vor allem der eigene Körper. Dann fällt der Satz "Du bist doch eigentlich ein Junge!" ...
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Außerdem im Heft:
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Die hitzige Debatte #solidaritätmittessa oder #solidaritätmitemma