Kampf gegen Kinder-Pornos

Innenministerin Faeser ist entschlossen, die Spielräume, die das EUGH-Urteil lässt, zu nutzen. - Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
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Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, mit dem er die anlasslose Vorratsdatenspeicherung kippte, ist der Jubel groß: Begeisterung herrscht bei Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und seinen Liberalen, aber auch die Grünen sind euphorisiert, ebenso wie Linke, Piratenpartei und andere, die sich den „Datenschutz“ auf die Fahnen geschrieben haben. „Heute ist ein guter Tag für die Bürgerrechte und den Rechtsstaat,“ erklärte Buschmann.

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Nicht ganz so euphorisch ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), denn sie weiß: Der Tag der Urteilsverkündung war ein guter Tag für Täter. Und zwar besonders für solche, die Kinder missbrauchen und Bilder von den grauenvollen Taten ins Netz stellen. Stichwort: Lügde, Münster, Bergisch-Gladbach. Seit Wochen erklärt die Ministerin, warum es für die Verfolgung der riesigen Täter-Netzwerke entscheidend ist, dass deren Spuren im Netz rückwirkend verfolgt werden können.

Die Spuren im Netz sind entscheidend für die Strafverfolgung der Täter

Seit Jahren fordern die Strafverfolger deshalb die Vorratsdatenspeicherung, die die große Koalition bereits 2017 beschlossen hatte: Zehn Wochen lang sollten bestimmte Telekommunikationsdaten gespeichert und bei Verdacht auf schwere Straftaten nach richterlichem Beschluss nachverfolgt werden können. Nach mehreren Verfassungsbeschwerden wurde das Gesetz 2019 ausgesetzt und die endgültige Entscheidung an den EuGH verwiesen.

Die Missbrauchs-Täter konnten sich freuen. „Wir haben in den letzten Jahren 15.000 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Missbrauchsdarstellungen nicht klären können, weil schlicht und ergreifend die notwendigen Datensätze bei den Mobilkommunikationsanbietern nicht vorhanden waren“, klagt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Pegelow. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs kann von der Begeisterung, die beim Bundesjustizminister herrscht, bei den Strafverfolgern deshalb keine Rede sein.   

Die entscheidende Frage ist: Wie geht es jetzt weiter? Denn das Urteil des EuGH lässt einen kleinen Spielraum offen: Die RichterInnen erklärten es für zulässig, immerhin die IP-Adressen von NutzerInnen „anlasslos“ zu speichern. Mit dieser Adresse lässt sich ein verwendeter Computer eindeutig identifizieren. Innenministerin Nancy Faeser plädiert dafür, diese Möglichkeit in dem jetzt zu formulierenden Gesetz zu nutzen.

Die meisten Kinderporno-Netzwerke fliegen auf durch Hinweise aus den USA

Doch Justizminister Buschmann ist selbst das offenbar zu viel. Er favorisiert das sogenannte „Quick Freeze“-Verfahren: Im Verdachtsfall können ab dem Moment des Verdachts Daten „eingefroren“, sprich: gesammelt werden. Nur: Mit Vorratsdatenspeicherung hat das überhaupt nichts zu tun – die rückwirkenden Daten sind verloren. „Das von Herrn Justizminister Buschmann offensichtlich favorisierte ‚Quick-Freeze-Verfahren‘ ist aus Sicht der kriminalpolizeilichen Praxis nicht für eine erfolgreiche Bekämpfung schwerster Straftaten geeignet“, erklärt der BDK-Vorsitzende Pegelow. „Für viele Ermittlungsverfahren sind Verkehrsdaten ein wichtiger und oftmals auch einziger Ansatzpunkt für die Strafverfolgungsbehörden zur Ermittlung des Täters.“

Doch der Minister erklärt: Er wolle nicht alle Bürgerinnen und Bürger „unter Generalverdacht“ stellen, denn dann fühle sich „niemand mehr richtig frei“. Sollte er sich beim neuen Gesetz durchsetzen, darf sich eine Gruppe richtig frei fühlen: die Täter. Und wenn das nächste Kinderporno-Netzwerk in Deutschland auffliegt (was dank des deutschen Datenschutzes meist aufgrund von Hinweisen aus den USA passiert), können sich diejenigen, die jetzt über das EuGH-Urteil jubeln, ihre Entrüstung sparen. 

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