Warum ich Harris nicht gewählt habe!
Ich weiß, dass viele Menschen, darunter auch viele Feministinnen, über das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen verwundert sind, gelinde gesagt. Viele sind aufgebracht und fragen sich, wie es noch ein zweites Mal passieren konnte, dass Donald Trump Präsident wird. Für viele amerikanische Feministinnen war der Sieg von Trump allerdings überhaupt keine Überraschung.
Ich bin eine amerikanische Radikalfeministin, eine politisch Progressive und eine lebenslange Demokraten-Wählerin (eigentlich stehe ich noch links von der Demokratischen Partei, aber in unserem desolaten Zweiparteiensystem macht es für mich mehr Sinn, Demokratin zu sein als Unabhängige). 2015 trat ich der radikalfeministischen „Womenʼs Liberation Front“ bei und war von 2016 bis 2020 im Vorstand. Seit 2020 arbeite ich mit der Initiative „Womenʼs Declaration International“ (WDI) zusammen und war von 2021 bis Juli 2024 deren Präsidentin. Beide Organisationen basieren auf linksradikalen feministischen Grundsätzen; beide treten entschieden für das Recht auf Abtreibung ein und lehnen Leihmutterschaft, Pornografie und Prostitution ab. Beide setzen sich für Frauen und Mädchen als geschlechterpolitische Klasse ein.
Als lebenslange Demokratin, überzeugte Linke und radikale Feministin war ich natürlich nicht glücklich über die erneute Wahl von Donald Trump. Aber auch ich war nicht überrascht. Denn die Umfragen zeigen: Die „häufigste Kritik der Wechselwähler, die für Trump stimmten“, lautete: „Kamala Harris konzentriert sich mehr auf kulturelle Fragen wie Transgender-Themen als auf Hilfe für die Mittelschicht“. Die beiden weiteren Themen, die Vizepräsidentin Harris schadeten, waren „Wirtschaft“ und „Einwanderung“.
Präsident Biden erklärte 2012 zum ersten Mal, dass „Transgender-Diskriminierung“ die „Bürgerrechtsfrage unserer Zeit“ sei. Im Jahr 2015 brachten die Demokraten im Kongress den sogenannten „Equality Act“ ein, ein Gesetz, das den Begriff „Geschlecht“ für das gesamte US-Bürgerrecht neu definiert, indem es die „Geschlechtsidentität“ mit einbezieht (im Wesentlichen die amerikanische Version des kürzlich in Deutschland verabschiedeten „Selbstbestimmungsgesetzes“).
Im Jahr 2016 gab Präsident Obama ein Schreiben an US-Schulen heraus, in dem er sie anwies, den Begriff „Geschlecht“ für alle Zwecke des Titel IX (ein 1972 verabschiedetes Frauen-Förder-Gesetz für Schulen und staatlich finanzierte Bildungsprogramme, insbesondere im Sport, Anm. d. Red.) so auszulegen, dass er auch die „Geschlechtsidentität“ umfasst. Die Unterstützung der Demokraten für „trans“ ist seitdem ungebrochen.
Im Jahr 2019 befürwortete Vizepräsidentin Harris vom Steuerzahler finanzierte operative „Geschlechtsumwandlungen“ für Häftlinge, darunter auch für inhaftierte Einwanderer ohne Papiere. Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien unterstützte sie die Unterbringung gewalttätiger männlicher Gefangener in Frauengefängnissen. Seit Jahren postet sie auf X immer wieder über „Transgender-Rechte“ und ignoriert dabei völlig die überaus berechtigten Sorgen von Frauen, dass Männer in Frauensportarten und -räume eindringen, und dass Kindern durch frühe Hormongaben und OPs Schaden zugefügt wird.
Gegen Ende des Wahlkampfes begannen die Republikaner, Anzeigen zu diesen Themen zu schalten. Fast jede Anzeige endete mit einem Sprecher, der sagte: „Kamala Harris is for they/them, Präsident Trump is for you!“ (They/them spielt auf die Pronomen an, die sich manche „nichtbinäre“ Menschen geben, Anm. d. Red.). So sehr ich Donald Trump verabscheue, muss selbst ich zugeben, dass diese Spots verblüffend effektiv waren. Wäre ich nicht eine überzeugte linke Feministin, hätten sie mich wahrscheinlich dazu gebracht, für ihn zu stimmen.
Eine weitere bedeutende Wählergruppe, die bei dieser Wahl eine große Rolle spielte, sind die Eltern von Kindern (insbesondere Mädchen), die glauben, dass sie „im falschen Körper geboren“ sind. Die meisten Eltern, mit denen ich zu tun hatte und die wütend auf die Demokraten sind, weil sie das Konzept der „Geschlechtsidentität“ überall einführen, gehören der politischen Linken an. Viele von ihnen haben bei der Wahl einen dritten Kandidaten oder gar nicht gewählt – oder sie haben für Trump gestimmt. Sie versuchen, ihre Kinder vor Sterilisationen und krankmachenden Behandlungen durch Hormone und Operationen zu bewahren und/oder ihre Mädchen davor zu schützen, dass sie auf den Schultoiletten und in den Umkleideräumen Jungen begegnen müssen. Ich kann es ihnen nicht verübeln.
Das nebulöse, sexistische und homophobe Konzept der „Geschlechtsidentität“ hat sich in der US-Gesetzgebung und in der Politik auf allen Regierungsebenen durchgesetzt.
Am 20. Januar 2021 erließ Präsident Biden die Durchführungsverordnung 13988, mit der alle Bundesbehörden angewiesen wurden, den Begriff „Geschlecht“ neu zu definieren und die „Geschlechtsidentität“ in das gesamte Bundesverwaltungsrecht einzuführen. Das hat viele amerikanische Feministinnen sehr verärgert. Sie begriffen, dass die Demokraten bereit sind, Frauen und Kinder auf dem Altar der „Geschlechtsidentität“ und der „Trans-Rechte“ zu opfern.
Wir Feministinnen hatten den Führern der Demokratischen Partei jahrelang erklärt, dass ihre Neudefinition von Geschlecht ein Problem für Frauen und Mädchen ist. Wir haben sie darüber aufgeklärt, dass Pubertätsblocker, gegengeschlechtliche Hormone und „geschlechtsangleichende“ Operationen Kindern Schaden zufügen. Wir haben ihnen auch prognostiziert, dass sie mit dieser Politik Wählerstimmen verlieren werden.
Im November 2023 tat ich mein Bestes, um sie vor dem zu warnen, was kommen würde, indem ich ein Buch veröffentlichte: „The Reckoning. How the Democrats and the Left Betrayed Women and Girls“ (Die Abrechnung. Wie die Demokraten und die Linke Frauen und Mädchen verraten haben). Es beschreibt, wie Männer in Frauenräume eindringen, wie Kinder geschädigt werden und prangert auch das Schweigen, das Canceln, die Bedrohung und die Gewalt gegen Frauen an, die ihre Meinung dazu sagen.
Das Buch erklärt, wie die Demokratische Partei das Problem ignoriert hat, während ihre Verbündeten in Medien wie der New York Times jeden Widerstand gegen „trans“ als „rechts“ darstellen. Es liefert den Beweis, dass die amerikanische Linke aktiv und wissentlich Frauen und Kinder einer profitorientierten Industrie geopfert hat.
In meinem Buch flehe ich die Demokraten an, ihren Kurs zu ändern, und sage voraus, dass sie 2024 wahrscheinlich verlieren werden, wenn sie das nicht tun. Die „Women’s Declaration International“ schickte Exemplare des Buches an alle Kongressabgeordneten und an das Weiße Haus.
Wird eine weitere Trump-Präsidentschaft gut für Frauen und Mädchen sein? Nein, natürlich nicht. Trump ist ein verurteilter Vergewaltiger, der den Obersten Gerichtshof der USA so weit nach rechts gerückt hat, dass er das Recht auf Abtreibung gekippt hat.
Deshalb und weil Donald Trump meiner Meinung nach grundsätzlich ungeeignet für das Amt des Präsidenten ist, konnte ich mich nicht dazu durchringen, ihn zu wählen. Ich habe nie für Donald Trump gestimmt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das jemals tun werde. Aber ich verstehe, warum viele Feministinnen es dieses Mal getan haben. Die Demokraten haben den Frauen und Mädchen das Konzept der „Geschlechtsidentität“ unablässig um die Ohren gehauen, spätestens seit Bidens Amtsantritt im Jahr 2021.
Als Donald Trump 2016 die Wahl gewann, empfand ich eine Kombination aus Schock, tiefer Traurigkeit und Wut. Aber viele amerikanische Frauen – Feministinnen wie Nicht-Feministinnen – haben in diesem Jahr gerade wegen des Trans-Themas für Trump gestimmt, wenn auch widerwillig. Ich persönlich kenne mehrere Frauen, die ihn 2024 erstmals gewählt haben, aber nicht im Traum daran gedacht hätten, ihn 2016 oder 2020 zu wählen.
Es werden sehr harte vier Jahre werden (vorausgesetzt, er bleibt so lange im Amt). Hätten die Demokraten doch nur auf die Millionen von Feministinnen gehört, die sie gewarnt haben.
KARA DANSKY
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Kara Dansky: The Reckoning. How the Democrats and the Left Betrayed Women and Girls + The Abolition of Sex (beide Bombardier Books)
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