Was bringen Facebooks Maßnahmen gegen Frauenhass?

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Denn die Proteste gegen Facebooks Umgang mit Sexismus und Verherrlichung von Gewalt gegen Frauen schallen schon lange durchs Netz. Und nicht nur das: Während sowohl die Such-Algorithmen bisher über solche Inhalten hinwegrauschten als auch die ModeratorInnen in Sachen Sexismus blind zu sein schienen, ging es anderen Inhalten sofort an den Kragen. Zum Beispiel immer dann, wenn eine nackte Frauenbrust oder gar eine Brustwarze zu sehen war – egal ob es sich dabei um Kunst oder eine stillende Mutter handelte. Die Facebook-Seite der EMMA-Redaktion wurde insgesamt einen Monat gesperrt, weil wir ein Foto der protestierenden Femen gepostet hatten, auf denen die Brustwarzen nicht retuschiert waren. Nutzer, die Seiten mit dem Titel „Ich hoffe du hast eine Haustierversicherung, denn ich werde deine Pussy zerstören!“ anlegen, ereilte dieses Schicksal bisher nicht. Auch, wenn der selbsternannte „Pussy-Zerstörer“ 63.000 Likes hat und es auf der Seite keineswegs um Katzen geht.

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Die Initiatorinnen entschieden deshalb, Facebook an seinem wunden Punkt anzugreifen: Den Werbeinnahmen. „Wir rufen Facebooknutzerinnen auf, sich mit Firmen und Werbeagenturen in Verbindung zu setzen, deren Werbung auf Facebook neben Seiten erscheint, die Gewalt gegen Frauen verharmlosen oder verherrlichen“, steht zum Beispiel auch auf dem Blog von re-empowerment, einem Forum für Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Einige Unternehmen reagierten prompt. Rund ein dutzend Firmen, unter anderem der Autohersteller Nissan, kündigten an, keine Werbung mehr auf Facebook zu schalten, solange nicht sichergestellt sei, dass diese nicht neben Inhalten auftauche, die Gewalt gegen Frauen verherrlicht. Auch Dove und American Express unterstützten die Aktion.

Parallel wogte eine Welle des Protests durch das Netz: Unter dem Hashtag #FBrape protestierten Frauen und Männer auf Twitter gegen die Facebook-Politik. Online-Medien wie die Huffington Post griffen das Thema auf. Laut WAM! Gab es 60.000 Tweets in der Sache - und 5.000 Beschwerde-Emails an die Facebook-Macher.

Facebook stand in der Sache also das erste Mal öffentlich unter Zugzwang. Nun sollen die Richtlinien angepasst werden, um Sexismus und die Verherrlichung von Gewalt gegen Frauen auf der Plattform zukünftig schneller löschen zu können. In einem offiziellen Statement kündigt das Unternehmen mehrere Schritte an, um dieses Ziel zu erreichen: Die Facebook-ModeratorInnen sollen besser geschult werden. Die Urheber von diskriminierenden Inhalten sollen stärker zur Rechenschaft gezogen werden, indem die Inhalte, die zum Beispiel als „Humor“ getarnt werden, aber in Verdacht stehen, diskriminierend zu sein, nicht mehr anonym veröffentlicht werden können. Darüber hinaus will sich Facebook in Zukunft von Frauen-Organisationen beraten lassen, die im Bereich Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung arbeiten

Damit sendet die Mutter der Online-Netzwerke einerseits ein Signal, das wegweisend sein könnte. Frauenhass ist auf Plattformen, die von nutzergenerierten Inhalten angetrieben sind, allgegenwärtig. Dazu zählt auch die Wikipedia oder Twitter. Bloggerinnen und Netzaktivistinnen berichten seit Jahren von Beleidigungen, Verleumdung und Androhung von Gewalt. Viel passiert ist in der Sache bisher nicht.

Andererseits zeigt die jüngste Internet-Debatte einmal mehr, wie stark das Medium des 21. Jahrhunderts hinter seine Zeit zurückfällt. Was Facebook nun als Neuerung ankündigt, ist nicht nur in der Offline-Welt längst Gesetz – sondern auch auf Facebook lange schon Gegenstand der Nutzungsbedingungen. Neu ist nur die Bereitschaft, die Sache endlich aktiv anzugehen und bessere Werkzeuge zu schaffen, um gegen sexistische Inhalte vorzugehen. Aber das ist ja ein erster Schritt.

 

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