Welche Feste feiern wir noch?
Normalerweise beginnt im Frühling die Zeit der Volks- und Straßenfeste, der Umzüge, Kirmessen und Flohmärkte. In diesem Jahr werden erstmals viele Feste in ganz Deutschland abgesagt. Es sind nicht nur die hohen Energiekosten, die den Kommunen zu schaffen machen, sondern es sind vor allem die Sicherheitsvorkehrungen: Betonklötze, Polizei-Aufgebote, Sicherheitszonen und Straßensperrungen. Seit der Amokfahrt auf dem Weihnachtsmarkt von Magdeburg und dem Terror-Anschlag auf die Verdi-Demo in München gelten verschärfte Sicherheitskonzepte. Zusatzkosten an die Kommunen: fünf- bis sechsstellige Beträge.
Ein Ort nach dem anderen streicht sein Fest: In Marburg wurde das Kirschblütenfest abgesagt. Im Mai soll das Frankfurter „Grüne Soße Festival“ zum letzten Mal stattfinden. In Lage (NRW) wurde die traditionelle Frühjahrskirmes abgesagt. Die Schausteller würden 30 LKW zur Absicherung benötigen. In Berlin-Friedrichshagen fällt im Mai das „Bölschefest“ aus.
In Baden-Württemberg und Bayern sind erste Flohmärkte gestrichen worden. Im brandenburgischen Dallgow-Döberitz wurde am 30. April die Walpurgisnacht gestrichen, im mecklenburgischen Wismar entfiel das Volksfest „Wismar blüht auf“. Alles aus Gründen der Sicherheit. Und es sind nur ein paar Beispiele von vielen.
Ein anderes Fest im März hingegen wurde geradezu gehyped: der muslimische Fastenmonat Ramadan. In Städten wie Köln und Frankfurt wurde eine Halbmond-Beleuchtung an belebten Straßen angebracht, am Rathaus Berlin-Tiergarten per Leuchtschrift ein „gesegneter Ramadan“ gewünscht.
Nicht allen MuslimInnen gefällt das. „Viele Menschen hier glauben, dass sei ein Zeichen der Toleranz, eines bunten Miteinanders. Für säkulare Muslime aber ist es das genaue Gegenteil: ein Zeichen der schleichenden Islamisierung auch im Westen“, klagt die gebürtige Iranerin Hellen Vaziry, die seit vielen Jahren in Köln lebt. Sowohl den Ruf des Muezzin, der von der Kölner Ditib-Moschee schallt (EMMA berichtete) als auch die Ramadan-Beleuchtung sieht sie mit wachsendem Unbehagen: „Ich bin vor dem islamistischen Regime in Iran geflohen. Ehrlich gesagt macht mir diese Beleuchtung sogar Angst.“
Die Islamismusforscherin Susanne Schröter, Leiterin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“, benennt das Ungleichgewicht: „Wir haben im März einen regelrechten Ramadan-Hype erlebt. Die Ramadan-Beleuchtung in Städten, öffentlich inszeniertes Fastenbrechern mit PolitikerInnen, Ramadan-Artikel im Supermarkt. Die Öffentlichkeit wird immer muslimischer, gleichzeitig sorgt der radikale Islam dafür, dass andere Feste nur noch unter großen Sicherheitsaufgeboten oder gar nicht mehr stattfinden können. So etwas kann man mit Fug und Recht Islamisierung der Öffentlichkeit nennen.“
Und die Autorin Canan Topçu kritisiert seit Jahren, dass das Fastenbrechen öffentlich zelebriert wird. Sich selbst bezeichnet sie als „muslimisch sozialisierte Journalistin türkischer Herkunft“. Sie sei in einer Zeit und in einem Umfeld aufgewachsen, „in der Religion und Glaube nicht für politische Zwecke instrumentalisiert wurden“, sagte Topçu der Frankfurter Rundschau. Das Fastenbrechen sei nichts, mit dem man nach außen gehe. Man lade Gäste ein, „macht aber keine Show daraus“.
Seit den 1960er Jahren leben Millionen MuslimInnen in Deutschland. Doch der Ramadan war jahrzehntelang kein Thema. Zu Recht. Das rituelle Fasten ist im Islam zwar eine heilige Pflicht – so wie eine Pilgerfahrt nach Mekka mindestens einmal im Leben – aber es ist Privatsache. Genau wie das fünfmalige Beten am Tag.
Das so demonstrative öffentliche Fastenbrechen ist also weniger religiöser als politischer Natur, sprich: islamistische Propaganda. Dazu Susanne Schröter: „Die Politik bleibt solchen Entwicklungen gegenüber untätig oder treibt sie sogar selbst im Namen von Diversität und Toleranz voran!“
Auch an vielen Schulen sorgte der Ramadan für Unfrieden. „Ich halte das Fasten für Kinder im Grundschulalter für eine Gefährdung des Kindeswohls. Und wir können so nicht unterrichten!“, empört sich Theresa B., Grundschullehrerin in Duisburg. Die Kinder ihrer ersten Klasse, die fasteten – also von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts tranken und nichts aßen – waren hungrig, müde und hatten Kopfschmerzen. Viele hatten große Probleme, sich zu konzentrieren und konnten nicht am Sportunterricht teilnehmen. „Mir tun die Kinder leid“, sagt die Lehrerin. Ein siebenjähriges Mädchen sei ohnmächtig geworden, ein achtjähriger Junge im Unterricht eingeschlafen, ein anderer habe vor Durst geweint. Und noch eine Beobachtung hat sie gemacht. „Die Kinder, die fasten, werden immer jünger. Noch vor wenigen Jahren waren es ein paar Kinder der vierten Klassen, nun machen das sogar schon Kinder der ersten Klasse.“
Sabine F., Lehrerin an einer Hauptschule in Gelsenkirchen, beobachtete ein weiteres Phänomen: eine Art Ramadan-Polizei. „Gläubige Jugendliche bedrängten massiv andere arabische Kinder, auch zu fasten. Einigen wurde das Pausenbrot aus der Hand geschlagen, immer wieder kam es zu Raufereien und Mobbing. Die Kinder geraten unter enormen Druck“, klagt die Lehrerin. Sogar ein türkischer Kollege, der mit dem Brötchen und einer Tasse Kaffee in der Hand die Pausenaufsicht machte, wurde von Schülern auf „Ramadan-Streife“ bedrängt, als „guter Muslim gefälligst zu fasten“. Hinzu kommt: „Seit dem Überfall der Hamas auf Israel bemerken wir eine deutliche Radikalisierung. Religiöses Mobbing findet nahezu täglich statt. Dazu gehört auch, dass arabische Mädchen unter Druck gesetzt werden, ein Kopftuch zu tragen und keine schulterfreien Tops mehr anzuziehen.“
In Berlin Neukölln war es die Schule selbst, die den Ramadan auf die Spitze trieb. Dort bekamen Eltern der siebten Klasse der Carl-Zuckmayer-Schule einen Brief nach Hause, der das Fastenbrechen zur Pflichtveranstaltung auswies, auch für Nicht-MuslimInnen. Wo leben wir denn?
Weiterlesen:
Susanne Schröter: Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht (Herder, 20 €), Politischer Islam. Stresstest für Deutschland. (Gütersloher Verlagshaus, 25 €)