Wenn eine mal nicht schweigt!
Die Woche nach Ostern hat eine klare Gewinnerin – und einen klaren Loser. Die Gewinnerin heißt Corinna Milborn, Info-Chefin und Moderatorin bei dem österreichischen Fernsehsender Puls 4. Der Loser heißt Felix Baumgartner, ein österreichischer Extremsportler. Was ist geschehen?
An Ostern hat die Unterwäschefirma „Palmers“ ein Werbefoto mit dem wenig geistreichen Slogan „Unsere Osterhöschen“ veröffentlicht. Wir sehen: Sechs sehr junge Frauen, die bäuchlings auf einem alten Teppich in einem ruinenartigen Haus liegen. Bis auf die Spitzenhöschen sind die Frauen nackt. Ihre Gesichter sind nicht zu sehen.
Für dieses Werbefoto hat die Dessous-Firma einen saftigen Shitstorm kassiert. Corinna Milborn brachte das Unbehagen auf ihrer Facebook-Seite auf den Punkt: Das Palmers-Motiv erinnere sie an Aufnahmen, die sie von ihren Recherchen im Menschenhändler-Milieu kenne. Und auch „wenn man sich mit Kinderpornographie auseinandergesetzt hat, erkennt man diese Optik, die durch den Kamerablick eingenommen wird“, so Journalistin Milborn im Interview mit der Zeit.
Ihre Kritik rief den österreichischen Extremsportler Felix Baumgartner auf den Plan, derzeit ansässig in Los Angeles. Den kannte frau bisher vor allem wegen seines Fallschirmsprungs 2012 aus der Stratosphäre. Baumgartner auf Facebook: „Schön, wenn sich zu Hause mal wieder einige sogar zu Ostern aufregen! Allen voran Puls-4-Infochefin und –Moderatorin Corinna Milborn, bei der Figur auch kein Wunder!“
Wir schreiben das Jahr 2017 – aber wir haben es mit einem Jahrzehnte alten Reaktions-Schema zu tun: Eine Frau kritisiert die Pornografisierung - und prompt beschimpft ein Mann sie als fett bzw. hässlich bzw. prüde. Mehr noch: Baumgartner würde bei den „Osterhöschen“ gerne selbst mal „dazwischen reinspringen“, auch „ohne Fallschirm“. Deutlicher kann man(n) Frauen nicht zum Objekt erklären.
Als Corinna Milborn den abfälligen Kommentar las, wollte sie eigentlich erst gar nicht darauf reagieren und die Angelegenheit totschweigen. So wie es viele Frauen tun, die mit solchen Diffamierungen konfrontiert sind, im Internet wie in der echten Welt. Sei es aus Scham oder - wie in Milborns Fall - aus Stolz. Aber ihre Tochter ermutigte die bekannte Fernsehfrau dazu, es doch zu tun.
Ihre Video-Botschaft ist seither tausendfach geteilt worden: Das, was ihr passiert sei, das passiere „Frauen dauernd, und es trifft alle: Zu hübsch um ernst genommen zu werden, zu blond um gescheit zu sein, zu sexy oder zu unweiblich, zu stark geschminkt oder zu hässlich, zu dünn oder zu dick, zu alt oder zu dunkelhäutig“, wendet sich Milborn direkt an den „lieben Felix Baumgartner“. Und weiter: „Ich will nicht, dass Ihr Facebook-Posting dazu führt, dass irgendeine Frau da draußen das Gefühl hat, sie müsse sich erst irgendwelchen Schönheitsvorstellungen von Leuten wie Ihnen beugen, bevor sie in der Öffentlichkeit den Mund aufmacht.“
https://twitter.com/puls4news/status/854720631644069888
Die Debatte, die Milborn so weit über Österreich hinaus ausgelöst hat, beweist einmal mehr, wie wichtig es ist, dass Frauen den Mund aufmachen. Vor allem, wenn sie es mit so viel Humor tut. Milborns Botschaft an Baumgartner endet mit einer Einladung in ihre Sendung „Pro und Contra“ auf Puls 4: „Sie sind ja schon aus dem All gesprungen, Sie sind also sicher nicht zu feig dafür - oder, um es in Ihrer Sprache zu sagen: Sie haben doch sicher die Eier, sich der Diskussion zu stellen. Ich freue mich darauf.“
Felix Baumgartner hat sich seither nicht mehr geäußert.