Wie kann das sein?: Je höher die
Frauen verdienen nach einem Hochschulstudium 27 Prozent weniger als Männer. Weibliche Führungskräfte 30 Prozent weniger als männliche. Die neuen Zahlen zum Gender Pay Gap in Deutschland verheißen nichts Gutes. Wann ändert sich das endlich?
Nein, diese Zahlen sind nicht besonders schmeichelhaft. Für niemanden. Nicht für die Frauen, nicht für die Männer, nicht für die ArbeitgeberInnen und auch nicht für die ArbeitnehmerInnen. Und für Deutschland sowieso nicht. Aber sie sind, wie auch in den vergangenen Jahren, ein Warnzeichen dafür, dass sich in der Arbeitswelt etwas ändern muss. Gemeint ist der Gender Pay Gap, die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen. In Deutschland liegt er seit langem schon bei über 20 Prozent. Die jüngsten Erhebungen sagen: bei knapp 22 Prozent.
Interessant wird es im Detail. Bei steigender Qualifikation so wie bei zunehmendem Alter geht die Gehaltsschere weiter auf. Frauen mit Hochschulstudium verdienen 27 Prozent weniger als Männer. Frauen in technischen Berufen sogar 30 Prozent weniger. Während der Einkommensunterschied für 25- bis 34-Jährige noch bei 11 Prozent liegt, steigt er bei den 55- bis 64-Jährigen auf 28 Prozent an.
Der Pay Gap indiziert jedoch nicht einfach nur eine Gehaltslücke zwischen Männer und Frauen, die zustande kommt, weil der Chef ein chauvinistisches Schwein ist. Einer, der Frauen per se schlechter bezahlt, einfach nur weil sie Frauen sind. Die Kluft steht stellvertretend für eine Schieflage auf dem Arbeitsmarkt, deren Konsequenzen schon jetzt schwer wiegen, wenn wir uns die drohende Altersarmut für Frauen und die Rentendebatte anschauen. Oder den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt. Oder den fehlenden qualifizierten Nachwuchs in Wissenschaft und Forschung.
Denn dass der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern so groß ist, liegt auch daran, dass sich die Erwerbsbiografien von Frauen und Männern maßgeblich unterscheiden. Frauen arbeiten eher in schlechter bezahlten Teilzeitberufen. Mütter unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit deutlich länger als Väter. Frauen stoßen in ihrer beruflichen Karriere früher oder später an die gläserne Decke. Die wenigen, die es schaffen in die Old-Boys-Networks auf den oberen Geschäftsrängen vorzudringen, verdienen dann übrigens auch 30 Prozent weniger als männliche Führungskräfte. Bei weiblichen Führungskräften ist der Gap nämlich mit am höchsten. Sind Frauen etwa zu beschämt, bei einem ohnehin guten Gehalt ein noch besseres zu fordern?
EMMAonline, 5.10.12