Wien: Sieg für Sigi Maurer!
Von wegen Mund halten! Die Österreicherin Sigi Maurer (33) hat alles richtig gemacht - auch wenn sie in erster Instanz wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Ende Mai 2018 ging die junge Grünen-Politikerin an einem Getränkeladen vorbei und erhielt danach eine Direktnachricht per Facebook: „Hallo. Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt als wolltest du ihn essen“, schrieb ihr jemand. In einer weiteren Nachricht ließ sich der Verfasser über Maurers Figur aus und nannte sie „kleine dreckige Bitch“. Die obszönen Botschaften stammten vom Computer vom Inhaber des Getränkeladens. Maurer entschloss sich zur Offensive: Sie veröffentlichte die Nachrichten via Twitter, samt Namen und Adresse. Prompt wurde sie dafür vom Getränkeladen-Inhaber verklagt. Die Klage wurde angenommen.
Richter: Ich bin überzeugt, dass der Kläger lügt
Maurer habe sich der „üblen Nachrede“ schuldig gemacht, urteilte ein Richter am Landesgericht in Wien im vergangenen Oktober, gab damit der Klage des Bierverkäufer recht, der behauptete, nicht der Verfasser der Nachrichten gewesen zu sein. Maurer wurde zu einer Geldstrafe von 7000 Euro plus Verfahrenskosten verurteilt - und das, obwohl der Richter gleichzeitig verkündete: „Ich bin überzeugt, dass der Kläger lügt.“ Allerdings sei es nicht zweifelsfrei festzustellen, ob nicht doch ein Unbekannter vom Facebook-Account des Bierhändlers die Nachrichten verschickt haben könnte. Zeuginnen hatten im Prozess ausgesagt, sie hätten im Ladenlokal niemanden gesehen, der zum Computer gegangen wäre.
Maurer hätte sich dennoch im Sinne der „journalistischen Sorgfaltspflicht“ vor Veröffentlichung der Nachrichten vergewissern müssen, ob der Text tatsächlich von der Person, auf deren Namen das Profil lautete, versendet wurde.
Maurer ging in Berufung. In zweiter Instanz erkannte nun auch das Gericht an, dass bei der Beurteilung „eine gewisse Lebensnähe zu beachten“ sei. Allein die theoretische Möglichkeit, dass jemand anderes die Nachricht gesendet haben könnte, reiche nicht aus. Der Kläger habe nicht schlüssig darstellen können, dass eine andere Person seinen Account benutzt haben könnte.
Maurer: Ein Etappensieg im Kampf gegen Hass im Netz
Der Fall Maurer hat enorme politische und rechtliche Bedeutung – hoffentlich auch über Wien hinaus. Es geht darum, ob und wie sich eine Frau gegen (sexuelle) Belästigung via Internet wehren kann und welchen Beistand sie dabei von der Justiz erwarten kann. Der Prozess war in Österreich daher mit Spannung erwartet worden - und hat nun hoffentlich Strahlkraft weit über das Land hinaus.