Wink mit Goldenem Zaunpfahl
Wer glaubt, über Geschlechter-Klischees ja wohl endlich mal hinweg zu sein, der möge bei der Spielzeugkette „Mytoys“ vorbeigehen. Nerfs, Ninjagos, Monster-Trucks und Dinos zur Linken - Einhörner, Prinzessinnen, Feen, Glubschis und Filliys zur Rechten. Die Werbung von „Mytoys“ sieht genauso aus. Mädels tragen pinke Motto-T-Shirts á la „I feel cute“, Jungs T-Shirts mit Alligatoren, die brüllen „I’m hungry“. Kein Wunder also, dass es „Mytoys“ schnell unter die Nominierten für den „Goldenen Zaunpfahl 2020“ geschafft hat.
OBI: Drecksarbeit ist und bleibt halt Frauensache, was?
Seit 2017 vergibt die Organisation „klische*esc“ den Schmähpreis an Unternehmen, die Geschlechterstereotype in der Werbung zementieren und absurdes Gendermarketing propagieren. Nun wurden die Nominierten für 2020 bekannt gegeben.
Neben „Mytoys“ gibt sich auch die Baumarktkette „Obi“ die Ehre, in Form eines pinkfarbenen Putzeimers mit der Aufschrift „Wenn der Prinz nichts macht, muss die Prinzessin ran“. Drecksarbeit ist und bleibt halt Frauensache, was?
Die Schulranzenfirma „Scout“ teilt die Welt – ähnlich wie „Mytoys“ - in süß-verträumte Mädchen und sportlich-gefährliche Jungs ein, die „Top Model-Produkte“ der Marke Depesche vermitteln schon den Kleinsten unrealistische Körperbilder in Form von Puppen mit dünnen, langen Körpern und riesigen, emotionslosen Augen.
Weitere Nominierte sind die "Frischer als dein Freund"-Werbung für Bonduelle-Gartensalate, die ja nur die knackige Hausfrau kauft und die Edeka-Werbung mit unfähigen Vätern („Danke Mama, dass Du nicht Papa bist“), weil Väter im Haushalt ja eh eine Fehlbesetzung sind. Und dann wäre da noch die Plakatkampagne der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, die mit der Frage: "Weiß Ihre Tochter eigentlich schon, was sie werden will?" dem weiblichen Nachwuchs eine Stelle als Zahnarzthelferin nahelegen möchte – und dabei potenzielle männliche Bewerber ignoriert. Warum auch? Das macht schließlich eh kein Kerl.
Gartensalate kauft schließlich nur die knackige Hausfrau
Ziel des Negativpreises ist es, „einen gesellschaftlichen Dialog über die Wirkmechanismen von Werbung insbesondere auf Kinder zu eröffnen“, so die Initiatorin Almut Schnerring, unter anderem Erfolgsautorin von Büchern über Geschlechterrollen („Die Rosa-Hellblau Falle“) und Begründerin des "Equal-Care-Days" (beides zusammen mit ihrem Mann Sascha Verlan). „Unser Preis sucht den Austausch über Verantwortung und persönliche Freiheit, über Vielfalt und Identität.“
Zwei der unrühmlichen 7, die für den Goldenen Zaunpfahl 2020 nominiert sind:
➡ #myToys Kinder-T-Shirt – Niedliches Haustier trifft auf hungriges Wildtier 👕
➡ @Bonduelle_Group Gartensalat – Altbacken statt frisch wie Salat 🤦♀️
👇 (1/4) pic.twitter.com/sbMK9JLwNe— Goldener Zaunpfahl (@GoldenerZaun_) November 16, 2020
Als das AutorInnen-Paar Schnerring und Verlan den Preis zusammen mit der Linken-Politikerin Anke Domscheit-Berg 2016 das erste Mal ausrief, dachte das Trio, dass es kaum schlimmer werden könne. Weit gefehlt. „Inzwischen gibt es eigentlich keinen Produktbereich mehr, der nicht auf Gender-Marketing setzt“, weiß Schnerring, vom Putzmittel bis zum Bürobedarf. Warum nur einen Markt bedienen, wenn es einen doppelten gibt? Um die 200 Vorschläge für Produkte und Werbekampagnen prüft die siebenköpfige Jury jedes Jahr.
Nun läuft bis zum 29. November die Abstimmung darüber, wer den Wink mit dem Zaunpfahl am Nötigsten hat. Hier abstimmen! Die Preisverleihung soll in der ersten Dezemberwoche in Berlin stattfinden.
Favorit von EMMA: Mytoys. Weil es eine Frechheit ist, was kleinen Mädchen dort an Spielzeug angeboten wird. Während Spielzeug für Jungs auf Wissen, Sport und Technik ausgerichtet ist, sollen sich Mädchen ins Reich der Feen und Einhörner verpieseln oder mit Küche, Bügelbrett und Staubsauger spielen. Für die Branche reicht allerdings kein Zaunpfahl, da braucht es einen ganzen Bretterwald.