An Verhandlungen nicht beteiligt

Foto: ZDF
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Frau Außenministerin, die G7 versuchen, als freie Welt, den Rest der Welt dazu zu bekommen, Russland zu verurteilen, und man hat den Eindruck, dass Südafrika nicht so wirklich auf der Seite des Westens ist. Sind Sie der Meinung, die Ukraine sollte diesen Krieg gewinnen?
Die Fragen, die den Kern des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland ausmachen, werden weltweit diskutiert, und das seit mehr als zehn Jahren. Afrika wurde aber niemals an den Tisch gebeten, um über diese Fragen zu reden. Da können Sie jetzt nicht sagen: Entscheidet euch für die eine oder andere Seite! Wir waren nicht involviert in all die Dinge, die zur heutigen Situation geführt haben. Unsere Position ist: Die Welt hat die Verantwortung, nach Frieden zu streben. Wir sind entsetzt zu sehen, dass in diesem Konflikt, wo Tausende ihr Leben verlieren und Infrastruktur zerstört wird, die Verantwortlichen der Welt nicht in der Lage sind, zu tun, was Südafrika getan hat: Wir haben uns an einen Tisch gesetzt, verhandelt und eine Lösung gefunden, dank derer der Krieg beendet wurde.

Aber die G7 sind überzeugt davon, und zwar ohne jeden Zweifel, dass Russland der Aggressor ist.
Wir werden der Versuchung nicht erliegen, die Sprache anderer zu sprechen, um uns für eine Seite zu entscheiden. Was wir sagen, ist dies: Es gibt eindeutig Probleme, die seit Jahren strittig sind. Diese Probleme müssen gelöst werden. Die Angelegenheiten, die die Ukraine und ihre Sicherheit betreffen, müssen gelöst werden. Aber die Fragen, die Russland betreffen und dessen Sicherheit, müssen auch gelöst werden. Die Verantwortung politischer Führer – Nelson Mandela hat das gezeigt – ist es, für den Frieden zu verhandeln, sich hinzusetzen, zu reden. Wir wurden doch durch alle Welt ermutigt, mit unseren Feinden zu reden, die unsere Eltern ins Gefängnis geworfen und unsere Familien umgebracht haben. Und man hat uns gesagt: Sprecht mit denen, ihr findet eine Lösung. Das erwarten wir jetzt auch.

Jetzt haben Sie gerade selber Nelson Mandela erwähnt. Bei vielen gibt es die Enttäuschung über Südafrika, weil Südafrika damals die Solidarität der Welt erbeten und vielseits auch bekommen hat gegen einen Aggressor, gegen das Apartheidregime. Nun hofft gerade die Ukraine auf die Solidarität auch Südafrikas, weil ein Aggressor jetzt die Ukraine unterdrückt. Können Sie das verstehen?
Südafrika hat immer seine Wertschätzung der internationalen Gemeinschaft gegenüber ausgedrückt für die Solidarität, die sie uns erwiesen haben gegen die Apartheid. Aber Sie werden sich erinnern, dass man uns nie Waffen geliefert hat und dass wir nicht unterstützt wurden in diesem bewaffneten Konflikt. Die Art von Unterstützung, die Sie heute sehen für die Ukraine, hat kein Freiheitskämpfer in Afrika jemals genossen. Der Einbruch in die Souveränität eines Landes auf feindselige Art und Weise ist ein Verstoß gegen die UN-Charta, das haben wir öffentlich immer wieder gesagt. Aber wir beharren darauf, dass ein solcher Konflikt, ein Krieg dieser Art nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden kann. Ich bin überzeugt, dass am Ende alle am Tisch sitzen werden.

Um was zu verhandeln?
Eines der Anliegen für die Ukraine muss ihre Integrität sein, ihre Sicherheit. Was sind die Bedingungen, die das gewährleisten können? Das muss sich am Tisch ergeben. Und was Russland betrifft: Russland hat bestimmte Sorgen und Befürchtungen immer wieder geäußert. Wie soll man damit umgehen? Die großen politischen Führer dieser Welt, die die größten Volkswirtschaften führen, haben sicherlich doch das Arsenal an Möglichkeiten, eine Lösung zu finden. Aber ich sehe da noch keine starke diplomatische Offensive. Eine solche diplomatische Vorgehensweise muss installiert werden. Da müssen die Vereinten Nationen, der Generalsekretär an Bord sein. Wir haben angeregt, dass international angesehene, vertrauenswürdige Gesprächspartner gebeten werden sollten, einen solchen Prozess zu starten. Wir sollten das nicht den Raketen überlassen. Wir sollten einen Waffenstillstand als sofortiges Ergebnis anstreben und dann einen Prozess der Verhandlungen um eine Lösung, die Sicherheit und Frieden bringt.

Was halten Sie denn von den Sanktionen? Südafrika ist nicht dabei und sanktioniert Russland nicht. Ist das wirklich eine richtige Idee?
Südafrika ist eine sehr kleine Volkswirtschaft in der Welt. In Afrika sind wir von Bedeutung, aber weltweit gesehen sehr klein, und Russland ist ein sehr kleiner Handelspartner Südafrikas. Die großen Handelspartner für uns sind Westeuropa, Amerika und natürlich China. Im Augenblick verursachen die verhängten Sanktionen großen Schaden. Nicht nur in Russland, sondern in der ganzen Welt, in der ganzen internationalen Gemeinschaft. In meinem Land wird gegen die Entwicklung der Ölpreise protestiert, die sich massiv erhöht haben, die Preise für Speiseöl haben sich in drei Monaten fast verdoppelt. Ganz eindeutig haben Sanktionen also eine Wirkung, die über die intendierten Ziele hinausgehen. Und das ist etwas, was man möglicherweise nicht immer bedenkt, wenn man Sanktionen verhängt. Es gibt Länder, die kein Brot mehr haben, andere haben kein Getreide. Ganz kleine Unternehmen, zum Beispiel Mikro-Unternehmen von Frauen, die davon leben, können nicht mehr arbeiten, weil sie kein Speiseöl haben, um die Speisen zu produzieren, die sie auf der Straße verkaufen möchten. Das ist eine breite Palette von Auswirkungen, die durch Sanktionen entstehen und national politische Instabilität verursachen, in vielen Ländern. Das sehen wir jeden Tag. 

Wer ist denn verantwortlich für den Hunger in der Welt, der jetzt droht, für die Knappheit an Ressourcen?
Sie und andere Journalisten würden gerne von mir hören: Russland hat dies gemacht, die Ukraine das. Das ist aber nicht der Ansatz, für den wir uns entschieden haben, weil es niemanden weiterbringt. Wir möchten, dass die Ukraine und Russland wissen, dass Südafrika und der ganze afrikanische Kontinent bereit sind, jede mögliche Rolle zu spielen, um den Frieden zu sichern.

Würde denn Südafrika als Verhandler zwischen Russland und der Ukraine agieren wollen? Sie klingen sehr neutral.
Südafrika ist winzig im Vergleich mit den mächtigen politischen Führern in der G7, aber Südafrika hat gewisse Erfahrungen im Umgang mit einem Prozess der Konfliktlösung. Und deswegen sagen wir: Wir sind bereit, wenn uns jemand einlädt und bittet. Wir gehören nicht zum Club, wenn ich das so sagen darf, aber wir sind bereit, in der Weltgemeinschaft unsere Rolle zu spielen. Und wir sollten die politischen Führer anmahnen, dass die Zeit gekommen ist, nicht nur zu reden, sondern ihr politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen.

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