Viagra für Frauen: Lust drauf?

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Das größte Sexualorgan befindet sich ja bekanntlich zwischen den Ohren. Und dann gibt es da auch noch ein kleineres zwischen meinen Beinen und denen anderer Menschen. Dem möchte jetzt Xarita zuleibe rücken. Dafür gibt es einen triftigen Grund: Sieben Millionen Frauen jeden Alters, so erläutert der Beipackzettel, beklagten eine „Störung des weiblichen Lustempfindens“.

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Xarita verspricht Abhilfe, nämlich „Power für weibliche Lust“, und das auf natürlichem Wege und „völlig nebenwirkungsfrei“.

Leider löste das Präparat gleichzeitig Schläfrigkeit und Erschöpfung aus

Das mit den Nebenwirkungen ist in diesem Fall eine wichtige Information, denn die Hersteller eines anderen Potenzmittels für Frauen maßen bei ihren Probandinnen zwar eine erhöhte sexuelle Erregbarkeit, doch leider löste das Präparat gleichzeitig Schläfrigkeit und Erschöpfung aus. Schade eigentlich. Immerhin verursachte es keine Migräne. Aber zu diesem Mittel namens „Flibanserin“, auch Pink Viagra genannt, später mehr.

Als uns also die Pressemappe des Xarita-Herstellers mit dem verruchten Namen „Dr. Fuchs Secrets“ auf den Konferenztisch flatterte, lautete der Redaktionsbeschluss: Ausprobieren. Eine von uns. Ich.

Nur damit hier kein Missverständnis entsteht: Nötig habe ich das nicht. Ich gehöre nicht zu diesen sieben Millionen Frauen. Auch nicht zu den 60 Prozent Rheinländerinnen, die laut einer Umfrage der Urologischen Klinik Köln unter einer „sexuellen Störung“ leiden. Ich tue das aus rein journalistischem Interesse. Das hätten wir also geklärt.

Nicht wirklich geklärt scheint mir dagegen die Frage, ob Frauen tatsächlich derart massenhaft an FSD (female sexual dysfunction), FSAD (female sexual arousal disorder) oder HSDD (hypoactive sexual desire disorder) leiden, wie es die Wissenschaft seit ein paar Jahren behauptet. Denn: Qui en profite? fragt an dieser Stelle die kluge Französin. Wem nützt das? Das Journal of British Medicine spricht von „unternehmensgesponserter Krankheitserfindung“, kennt also offenbar die Antwort.

Xarita will Frauen bei Erregung und Orgasmus behilflich sein, und zwar nicht auf oralem Wege, also nicht per einzuwerfender blauer Pille wie bei den Herren, sondern manuell. Es handelt sich vielmehr um eine – nein, nicht blaue – Flüssigkeit, die auf Klitoris, Schamlippen und Vagina aufgetragen wird. Dort soll sie dann „wahre Wunder“ wirken. Das sagt jedenfalls Testteilnehmerin Martina, 55, die auf der Xarita-Website jubiliert und sich freut, dass ihr Mann sie jetzt „wieder anlächelt wir früher“. Auch Hanna, 36 und Mutter von drei Kindern, ist begeistert: Früher war sie immer so müde, nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatte, aber Xarita hat diesen Zustand „von jetzt auf gleich verändert“. „Ich musste Antidepressiva nehmen und meine Lust war gleich null“, erzählt Andrea, 51. Sie fordert: Xarita müsse „ganz schnell auf den Markt!“

Mein Apotheker hat es nicht auf Lager, weil eine Packung rund 50 Euro kostet und er bezweifelt, dass die Frauen das Mittel derart leidenschaftlich erwerben würden, wie der Vertreter das euphorisch avisiert hatte. Mein Apotheker hatte Recht. „Sie sind die Erste, die danach fragt“, sagt er. Dennoch erinnert er sich, dass Xarita „die Durchblutung der Vagina fördert“ und dass dabei „auch die Klitoris stimuliert wird“. Ob man es direkt auf die Klitoris auftragen sollte? Na ja, da ist er unsicher. Wunderbarerweise hatte ich, bevor ich dieses Verkaufsgespräch leicht errötet begonnen hatte, gewartet, bis die alte Dame vor mir, die ihre Rheumasalbe abholen und noch ein Schwätzchen mit dem Apotheker halten wollte, die Apotheke verlassen hatte. Womöglich hätte sie nicht gewusst, was eine Klitoris ist.

„Ich weiß ja“, sage ich zu meinem Apotheker, weil ich nach der Offenbarung meiner vermeintlichen Bedürftigkeit das Bedürfnis habe, nicht ganz so blöd dazustehen, und natürlich vor allem, weil ich erkunden möchte, was er abgesehen von seinen klitoralen Kenntnissen noch alles von der weiblichen Sexualität versteht, „dass sich die Sexualität vor allem im Kopf abspielt“. Er nickt wissend – und vielleicht auch ein bisschen bedauernd. „Und der lässt sich nicht so leicht stimulieren“, sagt er. Ein kluger Mann, mein Apotheker.

Um an Xarita zu gelangen, muss man den Kopf vom Körper trennen

Um an Xarita zu gelangen, muss man den Kopf vom Körper trennen. Nicht den eigenen, sondern den eines der in der Packung befindlichen fünf Mini-Behälter, die in Größe und Form quasi exakt einem Mensch-ärgere-dich-nicht-Püppchen entsprechen. Sie haben aber nicht die aus dem Spiel bekannten Grundfarben, nein, sie sind golden. Golden wie das Glück. Oder wie Champagner. Als gebürtige Ruhrgebietlerin assoziiere ich bodenständiger und sage: Das Zeug hat die Farbe eines kräftigen Pilsbiers, nur, dass es nicht schäumt. Dass man der Puppe mit einer Schere den Kopf abschneidet, scheint mir irgendwie eine ungute Symbolik.

Über die Inhaltsstoffe von Xarita ist zu lesen, dass sie „natürlich“ sind und auf Erkenntnissen aus der Aroma- und Phytotherapie, also der Pflanzenkunde basieren. Genauer gesagt handelt es sich um ätherische Öle, die „die lokalen Kapillaren erweitern, wodurch sich ein subjektives Wärmegefühl entwickelt.“ Dieses Prinzip kenne man von der „Bekämpfung von Erkältungskrankheiten“. Und es dürfte wohl auch der Funktionsweise einer Rheumasalbe recht ähnlich sein.

Das klingt zwar nicht sehr sexy, muss ja aber nicht verkehrt sein. Eine Freundin erzählt mir von einem Abend, an dem ihr damaliger Lover indisch gekocht hatte. Als man sich danach anderen sinnlichen Genüssen zuwandte, hatte der Koch noch Reste der exotischen Gewürze an den Händen. „Das war sehr schön“, lautet das Resümee.

Eine andere Freundin wusste von einem Stimulations-Erlebnis einer weiteren Freundin zu berichten: Die hatte sich mit ihrem Freund aus Experimentierfreude eine Viagra geteilt. Was passierte? Während bei ihrem Freund der gewünschte Effekt im Lendenbereich erzielt wurde, landete das viele in Wallung gebrachte Blut in ihrem Falle ganz woanders, nämlich, na? Jawohl, zwischen den Ohren. „Die kriegte einen hochroten Kopf, sooo eine Bombe!“ Das kann es nicht sein, was Tom Jones mit „Sexbomb“ gemeint hat.

Vielleicht hat aber diese hochinteressante Reaktion den Pharmakonzern Boehringer-Ingelheim auf die Idee gebracht, bei der Entwicklung eines weiblichen Potenzmittels statt der weiblichen Genitalien lieber das weibliche Gehirn ins Visier zu nehmen. An der Sache mit den Genitalien waren bekanntlich schon die ForscherInnen der Firma Pfizer gescheitert, als sie ihren milliardenschweren Viagra-Coup mit der Zielgruppe „Frauen“ wiederholen wollten. Nach jahrelangen Testreihen mit 3.000 Probandinnen gab man schließlich ermattet auf. Zwar hatte Viagra durchaus Blut an die fraglichen Stellen transportiert (offenbar landete es bei den meisten Teilnehmerinnen doch in ihrem kleineren Sexualorgan), aber: Den Frauen war das schnurzpiepegal.

Viele bemerkten die Veränderungen gar nicht, obwohl sie wissenschaftlich gesehen messbar erregt waren. Schließlich erklärten die Experten: „Die weibliche Erregungsstörung ist sehr viel komplexer als die Erektile Dysfunktion. Um sie zu diagnostizieren, müssen körperliche, emotionale und Beziehungs-Faktoren in Erwägung gezogen werden.“ Ach was. Das hätte man zwar spätestens 1975 nach der Lektüre des „Kleinen Unterschieds“ wissen können, aber vermutlich macht die Liebe zum Milliardenumsatz blind.

Die ForscherInnen von Boehringer-Ingelheim wollten es besser machen. Ihr Flibanserin wirkt aufs zentrale Nervensystem. Ganz wie Viagra, das eigentlich als Herzmittel entwickelt wurde, bis man erkannte, dass die Risiken und Nebenwirkungen des Medikaments der interessantere Part an der Sache sein würden, war Flibanserin eigentlich für einen anderen Zweck gedacht: als Antidepressivum für Frauen vor und in den Wechseljahren. Der Nebeneffekt kam nur zufällig heraus: Die Probandinnen gaben das Medikament nach der Testphase nur ungern zurück … Die Tester fragten genauer nach den Gründen und entdeckten so die libidosteigernde Wirkung des Präparats.

Nun stellen sich auch hier Fragen. Zum Beispiel: Könnte es sein, dass Frauen vor und in den Wechseljahren statt ein Antidepressivum ein- lieber einen Ehemann rauswerfen sollten, der nicht mehr sie, sondern nur noch Frauen unter 25 anschmachtet? Wäre es denkbar, dass nicht die Libido der Frauen gestört ist, sondern eine Gesellschaft, in der alle medial als begehrenswert präsentierten Frauen außer Hannelore Elsner zwischen 18 und 29 sind?

„Erregungsstörung“ sei wirklich ein dummes Wort, gibt Manfred Haehl, der Bereichsleiter Medizin von Boehringer Ingelheim, zu. Er hat erkannt: „Weibliches Verlangen ist eine Kopfsache.“

So ist es. Schon jetzt werden mir von untenrum angenehme körperliche Signale gemeldet. Und warum? Weil mein großes Sexualorgan obenrum sich zwangsläufig vorgestellt hat, welche Wonne das Untenrum beim minutenlangen Einmassieren einer pilsfarbenen Flüssigkeit verspüren würde. Brauche ich das Zeug jetzt überhaupt noch? Ich könnte den Versuch hier eigentlich abbrechen, denn das Ziel ist erreicht: von Libido bis Lubrifikation. Aber das wäre unprofessionell.

Also weiter. Ich lege den goldenen Kopf auf die Bettkante, träufle das Xarita durch sanftes Drücken des Körpers auf meine Hand, und beginne mit der Massage. Augenblick, ich komme gleich … wieder.

Vielleicht sollten Frauen lieber den Ehemann rauswerfen?

Da bin ich. Wie es war? Nett. Xarita hat eine angenehme Konsistenz, ein bisschen wie Salatöl. Es riecht gut, ein bisschen nach Zimt und Moschus. Es kribbelt ein bisschen, aber erst nach fünf Minuten, was in meinem Fall zu spät war. Aber sonst? Ich würde sagen, ein handelsübliches Gleitmittel hätte es auch getan.

Aber gut, wenn Martina, Hanna und Andrea sich mit oder ohne Frank, Stefan und Michael Xarita sei Dank nach langer Zeit mal wieder fünf Minuten am Stück mit ihrem besten Stück beschäftigen, dann könnten sie durchaus mal wieder das erleben, was Mediziner Manfred Haehl als „satisfying sexual event“ bezeichnet. Das ist nämlich die Maßeinheit, in der man bei Boehringer-Ingelheim misst. Wie steht es also mit der Wirkung von Flibanserin? Um „zwei Events“ pro Monat sei die Quote gestiegen, heißt es. Vor der Testreihe hätten die Probandinnen 2,8 befriedigende Sexualkontakte pro Monat gehabt. Mit Flibanserin sind es 4,5. Doch leider ist da ja noch die Sache mit den Nebenwirkungen. Aber macht nichts: Flibanserin soll bald auf den Markt kommen.

Wenn es soweit ist, stehe ich für einen Selbstversuch übrigens nicht zur Verfügung. Erstens habe ich das nicht nötig. Zweitens bin ich auch ohne Flibanserin oft genug schläfrig und erschöpft. Und drittens lasse ich an mein größtes Sexualorgan zwischen den Ohren keinen ran.

Aktualisiert am 19.8.2015

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Sexualität: Die potente Frau

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Können Frauen sogar eine Ejakulation haben? Das fragt sich die Ärztin und Sexualwissenschaftlerin Sabine zur Nieden, die hier die Geschichte der Klitoris erzählt. Mit ihr erzählt sie die Geschichte der weiblichen Potenz, ihrer Verstümmelung und ihrer Wiederentdeckung.

Vor einiger Zeit erzählte mir eine Freundin etwas verschämt, dass sie beim Orgasmus einen lustvollen Flüssigkeitserguss hätte, der ganz anders sei als das Feuchtwerden der Vagina bei der Erregung. Manchmal sei es richtig viel, so dass sie am Morgen die Bettwäsche wechseln müsse. Zuerst hätte sie geglaubt, es sei Urin - aber diese Flüssigkeit sei ganz anders: "Eher wie Parfüm, das verfliegt".

Ich suchte in meinen sexualmedizinischen und gynäkologischen Büchern und fand nichts, was diese Beobachtung erklären könnte. Monate später las ich in einer Fachzeitschrift eine kurze Notiz von amerikanischen Sexualmedizinern, die über die "weibliche Ejakulation" forschten.

Ejakulation heißt Samenerguss. Samen konnte es nicht sein, denn der wird in den männlichen Hoden produziert, und die haben Frauen nicht. Allerdings: die Samenfäden selbst machen nur ein Prozent des männlichen Samenergusses aus. Der größte Teil der Flüssigkeit, die beim männlichen Orgasmus ausgestoßen wird, wird von den Samenblasen und der Prostata, der Vorsteherdrüse, produziert. Gibt es also eine weibliche Prostata?

Gibt es also eine weibliche Prostata?

Trotz Medizinstudium und Anatomiekurs hatte ich nie etwas von einer weiblichen Prostata gehört oder gelesen. Je mehr ich aber nachforschte, desto klarer wurde mir, wie reduziert und einseitig die medizinische Darstellung und das heutige Wissen über die weiblichen Sexualorgane sind. Die Strukturen der Klitoris sind viel ausgedehnter, als die meisten ahnen.
Doch gerade in der Beschreibung der Sexualität gibt es in der Medizin einen geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch, der Begriffe wie "Potenz", "Erektion" und "Ejakulation" allein dem Manne vorbehält; "Frigidität" und "Orgasmusstörungen" dafür den Frauen. Hinzu kommt, dass die männerbeherrschte Wissenschaft allgemein dazu tendiert, das Weibliche als das verkümmerte, unvollständig Männliche zu definieren.

Dieser Blick, getrübt von der männlichen Sicht, hat uns Frauen unsere Potenz geraubt und uns glauben gemacht, wir seien sexuell weniger reaktionsfähig als die Männer. Er hat uns den Freudschen Penisneid und nicht enden wollende, fruchtlose Diskussionen über den "vaginalen Orgasmus" beschert. Wir mussten kämpfen, um wenigstens die Spitze der Klitoris als unser eigentliches, empfindsames Organ zu rehabilitieren. Was wir erreichten, war das reduzierte Wissen um ein winziges, erogenes Knöpfchen.

Um verständlich zu machen, wie ähnlich die Sexualorgane von Frauen und Männern sind, und wie ausgedehnt (und durchaus dem Penis vergleichbar) die körperlichen Strukturen der Klitoris sind, muss ich zuerst einmal die Entwicklungsgeschichte der Sexualorgane darstellen:

Nach der von Ovid überlieferten Sage verliebte sich Hermaphroditos, der Sohn von Hermes und Aphrodite, unsterblich in die Quellnymphe Salmakis. Diese lockte ihn ins Wasser. Um nie wieder von ihm getrennt zu werden, bat sie die Götter um Vereinigung mit ihm zu einem doppelgeschlechtlichen Wesen.

Dieser Mythos erscheint näher an der Realität der Geschlechterentwicklung als die uns bisher überlieferte Vorstellung. Gerade in der Sexualität schien bis vor einigen Jahren das Gegensatzpaar männlich/weiblich biologisch unanzweifelbar festgelegt. Von der Öffentlichkeit wenig beachtet haben sich in der Embryologie jedoch neue Erkenntnisse durchgesetzt.

Es war kein Zufall, dass die Sexualität von Frauen Anfang der 70er Jahre zum Thema wurde. Feministinnen brachen das Schweigen, und Millionen Frauen folgten ihnen. Sie begannen, über ihre Ängste und Frustrationen zu sprechen, über ihre Hoffnungen und Begierden. Und es war auch kein Zufall, dass in dieser Zeit das Buch von Mary Jane Sherfey erschien: "Die Potenz der Frau".

Die amerikanische Ärztin und Psychoanalytikerin räumt darin mit der körperlichen Unterlegenheit der Frauen im sexuellen Bereich auf. Sie fasst die heutigen Erkenntnisse der Medizin, Sexualwissenschaft und Embryologie zusammen und beweist, dass der sogenannte "sexuelle Apparat" (also die Genitalien und alles, was dazu gehört) und die Abläufe sexueller Erregung und orgiastischer Entladung bei Männern und Frauen keineswegs unterschiedlich, sondern sehr, sehr ähnlich sind.

Feministinnen in der ganzen Welt griffen ihre Arbeit auf. i Alice Schwarzer zitiert Sherfey breit in "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen", kritisiert allerdings ihre Behauptung, Frauen seien von Natur aus Männern sexuell nicht nur gleich, sondern sogar überlegen: sie hätten, im Gegensatz zum Mann, eine unerschöpfliche orgiastische Potenz (dieses, so Schwarzer, sei weniger ein natürliches, sondern eher ein kulturelles Phänomen).

Eines stimmt in der Tat: Rein entwicklungsgeschichtlich wurde nicht Eva aus Adams Rippe gemacht, sondern Adam aus Evas Rippe. Denn am Anfang war die Frau.

Denn am Anfang war die Frau.

Die inneren und äußeren Geschlechtsorgane bei Mann und Frau entwickeln sich aus einer primär weiblichen, bipotenten Anlage. Jeder Mensch trägt potentiell die Möglichkeit in sich, beide Geschlechter zu entwickeln, differenziert aber nur eines aus. Besonders erstaunt waren die Forscher, als sie experimentell feststellten, dass sich der Embryo - gleich welcher genetischer Information - ohne jeglichen Hormoneinfluss immer weiblich entwickelt. Die äußeren Geschlechtsorgane bei Mann und Frau entwickeln sich aus ein und derselben, primär weiblichen Grundform. Unter dem Einfluss von männlichen Hormonen machen die Geschlechtsorgane eine Umwandlung von der weiblichen in die männliche Anatomie durch.

Die sexuelle Reaktion - die vermehrte Durchblutung bei Erregung, die Muskelkontraktionen beim Orgasmus - ist bei Frauen und Männern in den sich entsprechenden Organteilen sehr ähnlich. Die Unterschiede in der erotischen Ansprechbarkeit und Reaktion, die Frauen und Männern heute zugeschrieben werden, haben nicht etwa körperliche Gründe, sondern rein seelische und soziale.

Die meisten Frauen wissen sehr wenig über die Anatomie ihrer Sexualorgane. Schon von Kind auf werden wir dazu erzogen, uns in diesem Bereich nicht anzufassen, anzuschauen und schon gar nicht darüber zu sprechen. Unsere Sprache ist arm und unbeholfen, wenn es darum geht, zärtliche und schöne Worte für unsere Sexualorgane zu finden. Die meisten Worte sind von frauenfeindlichem und pornographischem Missbrauch zerstört oder wissenschaftlich kalt und unerotisch.

Erst die neuen Feministinnen machten es möglich, auch über die Lust von Frauen zu reden. Ich selbst verwende in diesem Artikel die Worte Kitzler und Klitoris; statt Schamlippen (was ja impliziert, dass wir uns schämen müssen) den feministischen Begriff Venuslippen. Außerdem benutze ich den Begriff Vagina, obwohl er auch nichts anderes bedeutet als "Scheide". Doch der lateinische Ausdruck erinnert zumindest nicht so penetrant an die männliche Sexualphantasie, die den weiblichen Sex auf das passive Aufnehmen reduziert und zudem noch, wenig ritterlich, aus der mittelalterlichen Aufrüstung entliehen zu sein scheint: der Penis, der wie ein Schwert in die "Scheide" der Frau eindringt ...

Im Fremdwörterlexikon finden wir unter Klitoris: "Aufrichtbarer, dem Penis entsprechender Teil der weiblichen Geschlechtsorgane am oberen Zusammenstoß der kleinen Schamlippen."   Sprachlich verborgen bleiben die ausgeprägteren, nicht unmittelbar sichtbaren Teile, die zur Klitoris gehören. Als "Klitoris" nur ihre äußerste Spitze zu bezeichnen, ist, wie wenn man beim Mann nur die Eichel als Penis bezeichnen würde.

Die gesamte Klitoris besteht aus der außen sichtbaren Glans (der Spitze), die wie eine kleine Perle unter der Vorhaut verborgen liegt, dem Klitoris-Schaft und den Schenkeln der Klitoris: zwei Schwellkörpern, die sich, von einer Bindegewebsmembran umschlossen, zum Rand des Sitz- und Schambeinsziehen. Da sie von , zwei Muskeln bedeckt sind, ; sind die Schenkel äußerlich ; nicht sichtbar und fühlbar.

Die medizinischen Lehrbücher bezeichnen die Klitoris mit Schaft und Schenkeln unmissverständlich als das entsprechende, homologe Organ zum Penis. Demnach kennen nur wenige Frauen das Ausmaß ihres eigenen Sexualorgans! Und schauen wir uns die embryonale Entwicklung präziser an, wird klar, dass das Homolog zum männlichen Penis noch weitaus mehr Organstrukturen umfasst.

Parallel zum männlichen Sexualorgan haben Frauen zusätzlich zur Klitoris noch die kleinen Venuslippen, den Scheidenvorhof, die beiden Schwellkörper (die den Eingang der Vagina umgeben), den unteren Anteil der Vagina und die weibliche Harnröhre ist mit den sie umgebenden Schwellkörpern: Rein entwicklungsgeschichtlich ist der Vaginaleingang mit seinen empfindsamen und aktiven Strukturen ein Teil der Klitoris.

Masters und Johnson, ein amerikanisches Forscherpaar, (inzwischen verehelichte Masters und Masters), waren die ersten, die 1954 eine wirklich fundierte Forschung über die sexuelle Reaktion von Mann und Frau begannen. Sie untersuchten und beobachteten im Labor Hunderte von Frauen und Männern. Sie zeichneten deren Reaktionen bei der Selbstbefriedigung, beim Sex miteinander, bei der Erregung und beim Orgasmus auf. Sie waren die allerersten, die mit einer eigens dafür konstruierten Kamera das Innere der Vagina bei der Erregung filmten. Und sie räumten mit dem Vorurteil auf, dass Frauen ein geringeres sexuelles Empfinden haben.

Ganz im Gegenteil: Masters und Johnson stellten fest, dass manche Frauen weitaus mehr Orgasmen als Männer haben können. Die Sexualforscher widersprachen der psychoanalytischen Theorie vom "vaginalen Orgasmus" und bestätigten, was Frauen längst wussten: Dass nicht die Tiefe der Vagina, sondern die Klitoris und ihre Umgebung für die erotische Empfindsamkeit und die Auslösung des Orgasmus am wichtigsten ist. Gleich zeitig aber stellte das forschende Paar eine erstaunliche Ähnlichkeit der sexuellen Reizreaktionen bei Mann und Frau fest.

Die wichtigste Voraussetzung für die sexuelle Erregung ist, dass man/frau jemanden körperlich und seelisch anziehend findet. Je stärker die emotionale Tiefe, desto intensiver ist die sexuelle Reaktion, in die der ganze Körper miteinbezogen ist. Jede Stelle des Körpers kann so zu einer erogenen Zone werden. Es gibt Frauen und Männer, die allein über die Phantasie, die Stimulation des Ohrläppchens, der Brustwarzen oder irgendeines erotisch besetzten Körperteils zum Orgasmus kommen können.

Bei der sexuellen Erregung wächst überall die Muskelspannung und Durchblutung an. Der Herzschlag, die Atmung, der Blutdruck erhöhen sich. Die Brustwarzen werden stärker durchblutet, stellen sich auf, die Brust nimmt an Größe zu. Es kommt, besonders in den Sexualorganen, zu einem explosionsartigen Blutandrang.

Beim Mann führt das zur Erektion des Penis, bei der Frau füllen sich die Klitoris und ihre Schwellkörper. Auch die Blutgefäßnetze, die die Vagina umspinnen, füllen sich auf, die Farbe der Wände wird dunkler. Durch die pralle Blutfüllung treten an den Wänden der Vagina winzige Flüssigkeitströpfchen aus, die bei zunehmender Erregung zu einem Flüssigkeitsfilm zusammenfließen und als erstes, deutliches Zeichen der Erregung das Feuchtwerden des Innern der Vagina, der kleinen Venuslippen und des Eingangs zur Vagina bewirken.

Auch die großen und kleinen Venuslippen füllen sich mit Blut und nehmen bis zum Zwei- bis Dreifachen an Größe und Dicke zu. Auch die Spitze des Kitzlers vergrößert sich, wird aber bei zunehmender Erregung von den Schenkeln unter die Vorhaut zurückgezogen. Durch die Blutfülle der Schwellkörper verengt sich das untere Drittel der Vagina zur sogenannten orgiastischen Manschette. Die oberen zwei Drittel erweitern sich, da sich die Gebärmutter, deren Venengeflecht sich auch mit Blut füllt, aufstellt und so das hintere und vordere Vaginalgewölbe entfaltet.

Wird jetzt der Körper der Klitoris oder das umgebende Gewebe, der Eingang zur Vagina oder die kleinen Venuslippen weiter stimuliert, wächst die Muskelspannung immer stärker an, bis zum Höhepunkt. Danach kommt es zu einem explosionsartigen, rhythmischen, kräftigen Zusammenziehen der Muskeln, die vom Scham- und Steißbein und um den Eingang zur Vagina über die Schwellkörper ziehen. Die Kontraktion dieser Muskeln führt zum rhythmischen, lustvollen Zusammenziehen der orgiastischen Manschette, der Harnröhre und des Darmausgangs.

Bei manchen Menschen kommt es bei der sexuellen Erregung zu Anspannungen der Muskeln des ganzen Körpers, besonders der Hand- und Fußmuskeln, einige verlieren sogar für einen kleinen Moment das Bewusstsein.

Das orgiastische Zusammenziehen der Muskeln über den Schwellkörpern stoppt eine weitere Blutzufuhr. Das Gewebe schwillt ab, die Gefäßgeflechte entleeren sich. Nach einigen Sekunden werden die orgiastischen Kontraktionen schwächer, die Spannung lässt nach, und der Körper entspannt sich. Beim Mann sind die orgiastischen Kontraktionen in der Regel mit der Ausstoßung der Samenflüssigkeit aus der Harnröhre verbunden.

Geht die körperlich sexuelle Ähnlichkeit von Frau und Mann soweit, dass Frauen auch so einen Erguss, ohne Samen, haben? Vielleicht. Anzeichen dafür gibt es. Eine steigende Anzahl von Frauen berichtet, sie habe auf der Höhe der Lust einen zusätzlichen Flüssigkeitserguss, der aus der Harnröhre (die sich im Eingang der Vagina verbirgt) ausgestoßen wird. Es handelt sich dabei anscheinend oft um größere Mengen, die feuchte Flecken in der Bettwäsche hinterlassen. Manche Frauen schämen sich, darüber zu sprechen, weil sie denken, es sei Urin. Die meisten aber, die sich daraufhin genauer beobachtet haben, sagen, dass diese Flüssigkeit ganz anders als Urin sei.

Die großen sexualmedizinischen Untersuchungen verweisen heute eine weibliche Ejakulation in das Reich der Mythen. Der Streit um die weibliche Ejakulation ist allerdings schon Jahrhunderte alt. In den frühen historischen Quellen werden die Begriffe "männlicher" und "weiblicher Samen", teilweise auch in Unkenntnis des tatsächlichen Befruchtungsvorgangs, noch gleichgesetzt mit der Ausstoßung von Flüssigkeiten bei Männern und Frauen während des Sexes.

Im laufe der Zeit, als man die Funktion des männlichen Samens verstand, wurde  der Begriff "Ejakulation" zunehmend dem männlichen Geschlecht vorbehalten. Bis schließlich das Wissen um einen vergleichbaren weiblichen Vorgang völlig verloren ging, weil es schließlich noch nicht einmal ein Wort dafür gab. Was nicht benannt wird, existiert nicht.

Das war nicht immer so. Bereits im Talmud und in der altindischen Liebeslehre wird die weibliche Ejakulation erwähnt. Der altgriechische Arzt Hippokrates glaubte, wie auch sein Kollege Galen, dass die Befruchtung über die Vermischung von männlichem und weiblichem Samen zustande käme. Der griechische Philosoph und Naturforscher (und Frauenfeind!) Aristoteles sprach wiederum der Frau jeglichen Nachkommen schaffenden Samen ab. Die Frau war seiner Meinung nach nur das Gefäß, die Hülle.

Diese Kontroverse über die befruchtende Funktion der weiblichen Sexualflüssigkeiten zog sich bis ins 18. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert entdeckte der holländische Naturforscher Leeuwenoeck unter dem Mikroskop die männlichen Samenfäden. Ungefähr zur selben Zeit beschrieb De Graaf zum ersten Mal die weiblichen Eier in den Eierstöcken.

Eine groteske Theorie jagte in den folgenden zwei Jahrhunderten die nächste. Die Entdeckung der sogenannten "Samentierchen" wertete den männlichen Samen erneut auf. Man sah darin teilweise den vom Manne allein produzierten, bereits fertigen, kleinen Menschen, bereit, sich auf den mühevollen Marsch in die passiv nährende Gebärmutter zu machen.

Erst im 19. Jahrhundert beobachtete man unter dem Mikroskop erstmals den Befruchtungsvorgang. Damit war eigentlich die Gleichwertigkeit des mütterlichen und väterlichen Anteils rein wissenschaftlich geklärt. Doch irgendwo auf diesem verschlungenen Weg ging im Patriarchat das Wissen um die der männlichen Ejakulation vergleichbare weibliche Flüssigkeit verloren. Über Jahrhunderte also hatte man beiden Geschlechtern die Fähigkeit zur Ejakulation zugesprochen.

Erst im "aufgeklärten" 20. Jahrhundert wird der Begriff rein männlich. Die semantische Geschichte des Wortes Samen zeigt, wie stark Sprache und Kultur die Wahrnehmung beeinflussen: Was uns bleibt, ist der rein männliche Begriff Samen für die männlichen Geschlechtszellen, der noch an die aristotelische Behauptung von der männlichen Omnipotenz anzuknüpfen scheint. Der "Same" einer Pflanze enthält nämlich alle Anlagen für die wachsende Pflanze. Er wird in die (Mutter) Erde gesät, die nur noch passiv die Nährstoffe liefert ...

Mit der Entdeckung der Samenfäden allerdings ging das Wissen über die weibliche Ejakulation noch nicht ganz verloren. De Graaf schrieb und zeichnete als erster eine präzise Beschreibung der weiblichen Anatomie. In dem 672 (!) erschienenen Buch mit sehr schönen Stichen, die die weibliche Anatomie vollständiger darstellen als viele moderne Bücher, beschreibt und zeichnet er die weibliche Prostata und erwähnt einen lustvollen Flüssigkeitserguss. Und bis zum Anfang unseres Jahrhunderts, ob in der viktorianischen Pornographie, bei de Sade oder in den alten sexualmedizinischen Abhandlungen, wird der weibliche Erguss fast immer erwähnt.

Erst die modernen Sexualwissenschaftler bestreiten seine Existenz. Masters und Johnson betonen sogar, dass sich die sexuelle Reaktion bei Männern und Frauen zwar in fast jedem Detail ähneln, die Ejakulation jedoch sei eine Ausnahme, sie sei ein einzigartiges Phänomen des männlichen Orgasmus.

Zu Unrecht wird übrigens fast überall, auch in der Fachliteratur, die männliche Ejakulation unhinterfragt mit dem Orgasmus gleichgesetzt. Durch das undifferenzierte Gleichsetzen von Abspritzen mit Orgasmus wird vertuscht, wie häufig auch bei Männern Frigidität vorkommt.

Es ist kein Zufall, denke ich, dass die Beschreibung einer weiblichen Ejakulation zum ersten Mal wieder in der Frauenselbsthilfe in Los Angeles beschrieben wurde. Diese Frauen berichteten darüber zwei Sexualmedizinern. Nach einer Fernsehsendung zu dem Thema weibliche Ejakulation schickten über 5.000 Frauen Schilderungen entsprechender Erlebnisse. Von einer Frau wurde die ausgestoßene Flüssigkeit im Labor untersucht. Es wurde eine hohe Konzentration an saurer Prostataphosphatase gefunden: ein Stoff, den man hauptsächlich vom männlichen Prostatasekret kennt.

Der größte Teil der heutigen Lehrbucher erwähnt auch die weibliche Prostata nicht. Aber auch hierüber existiert ein historisches Wissen. Schon De Graaf beschrieb sie, und auch der bekannte Pathologe Virchow nennt die Drüsen um die weibliche Harnröhre Prostata. Beim menschlichen Embryo ist die Prostata bei beiden Geschlechtern fast identisch aufgebaut. Erst in der Pubertät bekommt die männliche Prostata ihr typisches Aussehen. Ungeheuer viele Untersuchungen über die männliche Prostata liegen vor, die weibliche findet höchstens als sogenannte "Skenesche Drüsen" Erwähnung, die keine Funktion haben sollen (außer der, sich gelegentlich zu entzünden).

Einige wenige Untersuchungen zeigen, dass diese Skeneschen Drüsen oft viel ausgedehnter sind, als bisher vermutet wurde. Allerdings scheint das sehr unterschiedlich zu sein. Bei einigen Frauen sind sie ganz gering, bei anderen sehr stark ausgeprägt. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum nur ein kleiner Prozentsatz von Frauen die eigene Ejakulation kennt.

Die amerikanischen Forscher zogen aus ihren Untersuchungen allerdings Schlüsse, mit denen die Frauen des Frauengesundheitszentrums wohl kaum sehr glücklich waren. Sie veröffentlichten ein Buch: "Der G-Punkt", und seither geistert erneut die Diskussion um den sogenannten "vaginalen Orgasmus" durch die Medien. Wichtig, so meinten sie, sei es, das kleine Auslöseknöpfchen in der Vagina zu entdecken: den sogenannten "G-Point". Dieses Knöpfchen soll sowohl den "vaginalen Orgasmus" wie auch die weibliche Ejakulation auslösen.

Allerdings: Was da so marktschreierisch als Schaltknöpfchen für den vaginalen Orgasmus durch die Medien getragen wurde, ist nichts anders als der Schwellkörper, der zusammen mit der weiblichen Prostata die Harnröhre umgibt. Also ein tiefer liegender Teil des klitorialen Systems.

In der Tat existiert ein sexuell sehr empfindsamer Bereich im vorderen Anteil der Vagina. Wenn frau mit dem Finger in die Vagina eindringt und in Richtung Bauch drückt, ist dieser sensible Bereich leicht zu entdecken. Im ersten Moment irritiert vielleicht das Gefühl, dass die Blase mitgereizt wird, viele Frauen empfinden jedoch eine weitere Stimulation als sehr lustvoll.

Es ist durchaus kein Widerspruch, wenn manche Frauen eine direkte Liebkosung des Klitoriskörpers bevorzugen, andere am Vaginaleingang und den kleinen Venuslippen empfindsamer sind, und wiederum andere ein tiefes Eindringen besonders mögen. Die Vagina selbst ist zwar weitgehend unempfindsam, ihr Eingang jedoch ist als Teil der Klitoris sehr empfindlich, und die Venengeflechte um Harnröhre und Vagina sind ebenfalls Teil dieses aktiven, erogenen Systems.

In der für Frauen sehr stressigen Debatte um den sogenannten "vaginalen" Orgasmus, in der nur Frauen als reif angesehen wurden, die durch das Eindringen des Penis (und nicht durch die Reizung der Klitoris) zum Orgasmus kamen, versteckte sich die Rechtfertigung männlichen Sexualgehabes, das weiblichen Bedürfnissen nicht gerecht wird. Die Vorstellung, dass nur die beglückend erlebte Penetration eine reife Sexualität sei, hat viel mit männlicher Machtanmaßung über den weiblichen Körper zu tun und wenig mit seiner Kenntnis.

Nur ein kleiner Anteil der Frauen erreicht einen Orgasmus durch das alleinige Eindringen des Penis in die Vagina, und auch hierbei wird der Orgasmus durch die indirekte Reizung der Klitoris ausgelöst. Jede Frau hat verschiedene Vorlieben und Techniken, zum Orgasmus zu kommen. Kaum eine Frau befriedigt sich wie die andere. Es gibt unendlich viele Variationsmöglichkeiten. Ein Orgasmus ist ein Erlebnis, das - herzlos physiologisch gesprochen - primär im Zentralnervensystem, im Gehirn also wahrgenommen wird, egal ob der Orgasmus vom Ohrläppchen, von der Spitze der Klitoris oder vom "G-Punkt" ausgelöst wird. Das sexuell empfindsamste Organ bei der Frau aber ist und bleibt die Klitoris.

Wir haben uns im Patriarchat viel über den Unterschied anhören müssen. Über den Unterschied im Beruf und in der Politik, über den Unterschied im Haushalt und im Bett. Zu Beruf, Haushalt und Politik haben wir Frauen bereits einige Anmerkungen gemacht in den letzten zehn, zwanzig Jahren. Zum Bett ebenfalls.

Und nun gibt es rein körperlich dies noch hinzuzufügen: Der Mythos von der natürlichen Passivität und Hingabebereitschaft der Frauen einerseits und der natürlichen Aktivität und Potenz der Männer andererseits ist eine Lüge des Patriarchats. Frauen sind rein körperlich auch im sexuellen Bereich den Männern gleich. Und rein seelisch werden sie es mehr und mehr sein. Sie werden selbst bestimmen, wie ihnen gerade zumute ist: Mal unten und mal oben, mal passiv und mal aktiv, mal hingegeben und mal potent.

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