Ehre und Tränen für Malala
Die Stimmung war festlich in dem mit rund 200 Menschen besetzten Raum. Gekommen waren feministische Aktivistinnen, Intellektuelle sowie PolitikerInnen beiderlei Geschlechts. Am Abend zuvor hatte Frankreichs Außenminister Fabius Malalas Vater getroffen; heute, am Abend der Preisverleihung, empfängt die marokkanischstämmige Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem ihn und die 30-köpfige Jury des Preises (zu der auch ich gehöre). Das heißt: Große Ehrerbietung und Aufmerksamkeit für die so junge Heldin, die einen so hohen Preis bezahlt hat für ihren Mut.
Bereits im Alter von elf hatte Malala begonnen zu bloggen. Aus Protest, weil die Taliban ihre Mädchenschule geschlossen hatten. Bestärkt von ihrem Vater, einem Schuldirektor, ließ das Mädchen sich auch von Todesdrohungen nicht einschüchtern. Die Psycholanalytikerin Julia Kristeva, eine der Festrednerinnen, erinnerte daran, dass Olympe de Gouges schon vor 200 Jahren beklagt hatte: Frauen haben zwar das Recht auf das Schafott zu steigen, aber nicht auf die Tribüne. Olympe endete auf dem Schafott. Auch Malala, die so kühn das Recht auf Bildung fordert, hätte das beinahe mit dem Leben bezahlt.
Die Pariser „Referentin für Gleichheit“, die algerischstämmige Fatima Lalem, beschwor in ihrer bewegten Rede den Kampf gegen die Islamisten und die weltweit ansteigenden Femizide - das Töten mit dem Motiv Frau. „Malala ist unsere Schwester“, sagte sie. „Und wir müssen für die Menschenrechte aller Malalas dieser Welt kämpfen!“
„Ich bin einer der wenigen Väter, die das Glück haben, nicht aufgrund eines Sohnes, sondern dank ihrer Tochter bekannt zu sein“, erklärte der unübersehbar stolze Vater. Ihm hatte es schon als Kind missfallen, dass seine Schwestern schlechter behandelt wurden und er mehr zu essen bekam. Übrigens: Im Saal waren auffallend viele Frauen aus dem islamischen Kulturkreis oder gar aus islamistischen Ländern – nicht eine trug ein Kopftuch. Aber so manche wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augen.