Genitalverstümmelt: Zahlen explodieren

8.000 Mädchen werden jeden Tag an ihren Genitalien verstümmelt.
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Immer mehr Frauen sind von Genitalverstümmelung betroffen. Etwa 8.000 Mal pro Tag wird der Eingriff durchgeführt – mit Werkzeugen wie Messern, Rasierklingen oder auch Glasscherben. 200 Millionen Frauen weltweit leben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mit den Folgen weiblicher Genitalverstümmelung. Laut der Organisation "End FGM European Network" sind es in der EU mehr als eine halbe Million Frauen. Das Thema ist in Deutschland stark tabuisiert, aus falscher Toleranz wird zu oft weggeschaut - vor allem von Behörden. Zwar ist Genitalverstümmelung in Deutschland eine Straftat, ist sie aber bereits in den Herkunftsländern geschehen oder passiert dort „im Urlaub“, bleibt sie oft folgenlos.

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Wie verhalte ich mich als LehrerIn, wenn ein Mädchen bedroht ist?

"Deutsche Behörden sind oft ratlos, wenn sie mit dem Thema konfrontiert werden“, sagt Sonja Störmer von Terre des Femmes. Es fehle das Wissen und die Handhabe, was zu tun sei. Deswegen bringt Terre des Femmes nun Interventionsketten auf den Weg.

Sonja Störmer: „Wie verhalte ich mich als LehrerIn, PolizistIn, ÄrztIn in einer konkreten Situation, wenn ein Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung oder einer Zwangsverheiratung gefährdet zu sein scheint, oder um Hilfe bittet?“ Dafür gibt es jetzt einen Fahrplan, eine Handlungsempfehlung, abzurufen bei TDF. Außerdem gehen VertreterInnen in die Behörden, in Schulen, in Krankenhäuser. Kurzum: Es ist die größte bisherige Aufklärungsoffensive in Deutschland. Bei Terre des Femmes kann ab sofort die komplette Handlungsempfehlung, auch für verschiedene Berufsgruppen und mit sämtlichen AnsprechpartnerInnen bundesweit heruntergeladen werden. Zur Handlungsempfehlung. (PDF)

Bislang sei das Thema in Deutschland noch viel zu oft analog häuslicher Gewalt unter „privat“ oder, schlimmer noch, unter „anderer Kultur“ verbucht worden.

Frauenrechtsorganisationen fordern, dass weltweit endlich mehr Geld gegen die barbarische Tradition in die Hand genommen wird. "2,1 Milliarden US-Dollar sind nötig, um die menschenverachtende Praxis - wie von der Weltgemeinschaft vereinbart bis 2030 - abzuschaffen“, sagt der Geschäftsführer der Stiftung Weltbevölkerung, Jan Kreutzberg. Das Geld werde für Aufklärungsarbeit gebraucht. Aber auch, um jungen Frauen und Müttern Bildung und damit eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit zu ermöglichen." Es eilt.

Besonders weit verbreitet ist die Praxis in Mali, Guinea, Sierra Leone, Ägypten, Eritrea, Somalia und Indonesien. Über 80 Prozent aller Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren sind dort betroffen. Es gibt derzeit weltweit 200 Millionen verstümmelte Frauen. Das sind fünf Prozent der weiblichen Weltbevölkerung. Drei Millionen Mädchen sind jedes Jahr davon bedroht, in 31 Ländern passiert es. 8.000 Mädchen erleiden die grausame Tradition jeden Tag.

Die Zahl der verstümmelten Mädchen wächst jährlich um eine Viertelmillion

Ihre Familien wollen sich schneller vom schwächsten Glied der Familie trennen, den Töchtern. Und eine Genitalverstümmelung gilt als Voraussetzung für eine Verheiratung. Die Kontrollstellen in Krankenhäusern, Schulen und sozialen Einrichtungen sind weggefallen. Beschneiderinnen hatten freies Spiel. Sie konnten ungehindert von Dorf zu Dorf ziehen und ihre Dienste anbieten.

Weltweit berichten Menschenrechtsorganisationen, dass Familien in traditionelle Verhaltensweisen zurückgefallen sind - fatal für Mädchen und Frauen. Nach Wiedereröffnung der Schulen kamen auffällig weniger minderjährige Mädchen zurück. Die UNO geht davon aus, dass aufgrund der Pandemie die Zahl der verstümmelten Mädchen nun jährlich um eine Viertelmillion zunehmen wird.

Hilfsorganisationen:

www.intact-ev.de
www.lessan.eu
www.maisha.org
www.netzwerk-integra.de
www.saida.de
www.hennamond.de
www.frauenrechte.de
www.target-nehberg.de
www.forward-germany.de
www.taskforcefgm.de
www.stop-mutilation.org
www.verein-tabu.de
 

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