Karin Prien: Die Universalistin

Karin Prien ist die neue Frauenministerin. Foto: imago images/Metodi Popow
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In der am 22. April gedruckten Mai/Juni-Ausgabe der EMMA waren wir noch davon ausgegangen, dass Silvia Breher Frauenministerin wird. Sie war eine von zwei Favoritinnen für den Posten. Jetzt ist es die andere geworden: Karin Prien, seit 2017 Landesministerin für Bildung in Schleswig-Holstein. Das macht Sinn in Anbetracht der Tatsache, dass „Bildung“ und „Gedöns“ nun erstmalig zusammengelegt werden zum „Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend“.  
 
Aber das ist nicht das einzige Novum bei der Personalie. Karin Prien ist die erste Bildungsministerin Deutschlands, die nicht in Deutschland geboren wurde. Und die, als sie im rheinland-pfälzischen Neuwied in die Schule kam, kein Deutsch sprach, sondern es erst lernen musste. Denn ihre Großeltern mütterlicherseits waren vor der antisemitischen Verfolgung durch die Nazis nach Amsterdam geflohen, wo Enkelin Karin 1965 geboren wurde.
 
Lange habe sie auf ihre Mutter gehört und ihre jüdische Herkunft nicht erwähnt, zumal sie „nicht religiös“ sei. Aber seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 hat sich das für Karin Prien geändert. Seither trägt sie bewusst eine Halskette mit Davidstern und äußert sich öffentlich zum neu aufgeflammten Antisemitismus, in Schulen oder auf der Berlinale. Prien ist auch Vorsitzende des Jüdischen Forums der CDU.

Karin Prien: "Wir wollen nicht, dass kleine Mädchen schon früh verheiratet werden!"

Nach dem Abitur in Neuwied studierte Karin Prien Jura in Bonn und Amsterdam und arbeitete seit 1994 als Rechtsanwältin mit Stationen in Hannover, Leipzig und Hamburg. Dort wurde sie 2011 in die Bürgerschaft gewählt und schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. 2017 wurde sie als Bildungsministerin in die Landesregierung von Daniel Günther berufen, als der in Schleswig-Holstein seine Jamaika-Koalition bildete. Auch im zweiten, nun schwarz-grünen Kabinett von Günther blieb Karin Prien Bildungsministerin.
 

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Und jetzt also der Sprung nach Berlin. In einer Art „Superministerium“, das Prien als ihren „Traum“ bezeichnet hatte. Das neue Ministerium solle ein „Gesellschaftsministerium“ sein, in dem „alle Themen rund um gesellschaftlichen Zusammenhalt, Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind“, sagt die neue Superministerin. Und das „aus der Mitte der Gesellschaft, weniger von den Rändern und nur aus der Minderheitenperspektive, wie in den vergangenen Jahren manchmal der Eindruck entstand“. (Eine elegante Formulierung dafür, dass ihre Vorgängerin, die Grüne Lisa Paus gemeinsam mit dem bei ihr angesiedelten „Queer-Beauftragten“ Sven Lehmann weniger die Frauen und Familien im Sinn hatte und vor allem die Queercommunity und ihr „Selbstbestimmungsgesetz“.) Prien hingegen kündigt an: „Wir sollten uns mehr besinnen auf die Universalität der Menschenrechte und aufhören mit dem Aufspalten von Minderheiten und Minderheitenrechten.“ Die neue Ministerin ist also Universalistin. Wie gut!
 
Die „Superministerin“ Karin Prien scheint die Ressorts Bildung, Familie und Frauen zusammenzudenken. Sie weiß natürlich, dass Bildung der Schlüssel zur Emanzipation ist, auch und gerade für Mädchen und Jungen aus dem muslimischen Kulturkreis. Sie setzt stark auf frühkindliche Bildung und eine „verbindliche Sprachförderung“. Und sie scheint die Sache mit der Integration ernst zu meinen: „Wir wollen nicht, dass kleine Mädchen schon früh verheiratet werden, und wir erwarten von Religionsgemeinschaften in unserem Land, dass sie sich ganz klar zur Gleichberechtigung von Frau und Mann bekennen.“

Die in Amsterdam Geborene war einst selbst ein Kind mit Migrationshintergrund

Karin Prien war ja einst selbst ein Kind mit Migrationshintergrund, das zunächst kein Wort Deutsch sprach, und ist daher „sehr empfindlich“, was das Schüren von Ressentiments gegen „Ausländer“ anbelangt. Gegen die konservative „Werteunion“ gründete sie die „Union der Mitte“. Sie blickt als Bildungsministerin aber auch kritisch auf die Überforderung von Kitas und Schulen durch Millionen Geflüchtete: „Wir haben nicht die Wohnungen geschaffen, haben die Lehrer und die Kitaplätze nicht - das muss aufhören.“
 
Und die Frauen? Die mit einem Rechtsanwalt verheiratete Mutter dreier Kinder setzt auf gute „Rahmenbedingungen“ wie zum Beispiel eine gute Kinderbetreuung, wozu auch die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung gehöre. Zum Thema Gewalt gegen Frauen fand Prien schon immer klare Worte, forderte höhere Strafen für Sexualstraftäter und wandte sich gegen das Verschweigen von Gewalt durch Geflüchtete aus „falsch verstandener Political Correctness“. Und auch wenn es nicht in ihr Ressort fällt: Schleswig-Holstein ist bei der Finanzierung von Frauenhäusern bundesweit vorbildlich.  
 
In ihrer Partei, zu deren Bundesvorstand sie seit 2021 gehört, machte sich Karin Prien nicht nur FreundInnen, als sie eine Frauenquote forderte. „Die nüchterne Realität ist: Wir schaffen es nicht ohne Quote!“, erklärte sie. Die aber hat die CDU nie eingeführt. „Das manchmal ernst gemeinte, manchmal fadenscheinige Argument war: Es geht ja um Leistung und nicht um Geschlecht.“ Mit dem Regionalproporz habe die Partei hingegen keinerlei Probleme. Dabei brauche es an der Spitze ein gutes Team aus Männern und Frauen. „Und die Frauen dürfen dabei keine Garnitur sein.“ Diese Gefahr dürfte bei der neuen „Superministerin“ wohl kaum bestehen.

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