Das Ende von Pornhub?

Foto: Amanda Dalbjörn/Unsplash
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Die Porno-Plattform Pornhub steht (endlich in breiter Öffentlichkeit) in der Kritik. Denn es ist die New York Times, die die schweren Anschuldigungen erhebt. Der NYT-Journalist Nicholas Kristof schreibt in einem Beitrag vom 4. Dezember: „Die Seite ist überschwemmt von Vergewaltigungsvideos. Sie macht die Vergewaltigung von Kindern und Rache-Pornografie zu Geld. Sie zeigt versteckt aufgenommene Videos von Frauen unter der Dusche, Videos mit rassistischen und frauenfeindlichen Inhalten und Bilder von Frauen, denen mit Plastiktüten die Luft genommen wird.“

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Eine Stichwortsuche unter „Mädchen unter 18“ oder „14 Jahre“ führt zu jeweils mehr als 100.000 Treffern. Die weltgrößte Porno-Plattform hat nach eigenen Angaben 42 Milliarden Aufrufe im Jahr.

Man erlaube ja nur das Hochladen der Videos, der Content kommt vom Nutzer

Kristof verweist zudem auf einen Fall eines verschwundenen 15-jährigen Mädchens aus Florida. Die Mutter der Vermissten erkannte sie kurze Zeit später auf der Pornoplattform in 58 unterschiedlichen Sexvideos. (EMMA berichtete) Auch ein 14-jähriges vermisstes Mädchen aus Kalifornien wurde auf Pornhub gefunden.

In beiden Fällen verhaftete die Polizei die Täter. Aber Pornhub kam bei bei den Verbrechen ungestraft davon. Man erlaube ja nur das Hochladen der Videos, der Content komme schließlich von den Nutzern - die übliche Ausrede von Providern, die Verbrechen ermöglichen.

Nicholas Kristof richtet seinen Appell gegen Pornhub an die kanadische Regierung, da das Unternehmen Mindgeek, zu dem Pornhub gehört, seinen Sitz in Montreal hat. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau versicherte daraufhin, seine Regierung arbeite mit der Polizei zusammen, um die Vorwürfe zu prüfen. Während die Polizei die längst bekannten Vorwürfe „prüft“, haben die Kreditkartenunternehmen Visa und Mastercard bereits gehandelt und vorerst alle Zahlungsvorgänge gestoppt. Sie arbeiten zwar nicht direkt mit dem Portal zusammen, die sogenannten Premium-Abos von Pornhub lassen sich aber mit Kreditkarte bezahlen. Beide Unternehmen haben nach den Vorwürfen eigene Untersuchungen eingeleitet. Mastercard hat bereits eine Entscheidung getroffen: "Die Website verstößt gegen unsere Standards. Die Zusammenarbeitet wird beendet."

International scheint endlich etwas zu passieren. Und Deutschland? Hier hat jeder zweite Jugendliche schon mit 13 Jahren Kontakt mit pornografischen Inhalten. Das zeigt eine Studie der Universitäten Münster und Hohenheim sowie eine Befragung des "Youth Insight Panel" des Bravo-Magazins. Während deutsche Fernsehsender sowie Youtube und Facebook Pornografie aussperren, ist es bisher nicht gelungen, Pornhub dazu zu bringen, sich an deutsche Jugendschutznormen zu halten.

In Deutschland kann noch immer jedes Kind vom Kikaninchen zu Pornhub wechseln

Eigentlich müsste das Portal Kindern und Jugendlichen den Zugang zu seinen „Angeboten“ unmöglich machen. Zum Beispiel, indem Nutzer sich per Post-Ident-Verfahren oder Kreditkarte als volljährig identifizieren. Wer im Internet Alkohol bestellen will, muss das zum Beispiel auch machen.

Noch immer kann jedes Kind problemlos von Kikaninchen auf Pornhub wechseln und sich Videos zum Beispiel in den Kategorien „Teens“, „Gangbang“ oder „Gefangenschaft“ anschauen.

Am besten wäre es also, der ganze Laden würde endgültig dicht gemacht. Das fordert auch die kalifornische Anti-Porno- und Anti-Prostitutions-Aktivistin Laila Mickelwait: „Schließt Pornhub! Das Unternehmen hat nicht nur keine Sperre für Jugendliche – es nimmt für seine Millionengewinne auch in Kauf, dass Opfer von Menschenhandel für die Clips vergewaltigt werden.“ 1.220.000 Menschen haben die Petition von Laila Mickelwait bereits auf change.org unterschrieben. (Hier mitmachen!)

Und was macht das Unternehmen, neben dem Abstreiten der Vorwürfe? Sich erstmal um das Weihnachtsgeschäft kümmern. Zum Fest bietet Pornhub zum Schnäppchenpreis von 200 Dollar eine lebenslange Premium-Mitgliedschaft an und erklärt: „Ganz egal, welche anderen Überraschungen das Jahr 2020 für uns parat hatte, das lebenslange Pornhub-Abo ist die beste Garantie dafür, dass das Jahr ein glückliches Ende nimmt.“

Mit Visa oder Mastercard kann das schon mal nicht mehr bezahlt werden...

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Sponsert Pornhub Filmfest?

Torsten Neumann bei der Eröffnung des Filmfestivals 2019 in Oldenburg. - Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
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Der „Tatort“ läuft bekanntlich um 20.15 Uhr. Auch, wer Deutschlands Lieblingskrimi in der ARD-Mediathek sehen möchte, kann das erst nach 20 Uhr. Vorher ist der „Tatort“ blockiert. Warum? Weil Kinder unter 13 Jahren „vor negativen Einflüssen geschützt“ werden sollen, erklärt die „Kommission für Jugendmedienschutz“, sprich: vor der Darstellung brutaler Gewalt, die ein Kind verstören kann. Oder die es glauben lassen könnte, dass Gewalt normal ist.

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Derselbe Zwölfjährige, der den „Tatort“ deshalb nicht schauen darf, kann aber problemlos zum Smartphone greifen und dort pornhub.com eingeben. Die weltgrößte Porno-Plattform hat nach eigenen Angaben 42 Milliarden Aufrufe im Jahr. Das macht 115 Millionen Klicks am Tag auf sechs Millionen Clips, die die User selbst hochgeladen haben.

Jeder Zwölfjährige kann problemlos von Kikaninchen auf Pornhub wechseln

Dr. Tobias Schmid
Dr. Tobias Schmid

Dort kann der Zwölfjährige sehr viel verstörende Gewalt gegen Frauen sehen, zum Beispiel in den Kategorien „Teens“, „Gangbang“ oder „Gefangenschaft“. Theoretisch ist das in Deutschland verboten. Praktisch ignoriert Pornhub, die weltgrößte Porno-Plattform mit Sitz im kanadischen Montreal, schlicht das deutsche Gesetz. Eigentlich müsste das Portal Kindern und Jugendlichen den Zugang zu seinen „Angeboten“ unmöglich machen. Zum Beispiel, indem Nutzer sich per Post-Ident-Verfahren oder Kreditkarte als volljährig identifizieren. Porno-Anbieter mit Sitz in Deutschland haben diese Schleuse in der Regel vorgeschaltet. Aber Pornhub mit Sitz und Server im Ausland fühlt sich offenbar nicht ans Gesetz gebunden – und tut nichts dergleichen.

Das will Tobias Schmid nicht länger hinnehmen. „Bei Fernsehsendern kontrollieren wir jede Ausspielung darauf, ob die Musik nicht zu gruselig ist, gleichzeitig kann aber jeder Zwölfjährige von Kikaninchen auf Pornhub wechseln“, klagt der Leiter der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen.

Die Vergewaltigung der entführten
15-Jährigen lief in 58 Clips auf Pornhub

Er droht Pornhub und drei weiteren großen Porno-Portalen jetzt mit einer Sperre. Zwar steht der Server der vier Porno-Anbieter in Zypern, aber NRW hat die zypriotischen Behörden mit ins Boot geholt und den skrupellosen Geschäftemachern eine Unterlassungsverfügung zugestellt. Wenn Pornhub & Co. nicht reagieren (was sie bei Redaktionsschluss noch nicht getan hatten), dann droht der nächste Schritt: Die Telekom oder der jeweilige Internet-Anbieter würden Pornhub in Deutschland sperren. Das wäre eine Sensation!

Dass sich eine deutsche Behörde ernsthaft mit den Porno-Giganten anlegt, ist in Deutschland ein bisher einmaliger Schritt – wenn auch ein längst überfälliger. Einen Schritt weiter geht Laila Mickelwait. Die kalifornische Anti-Porno- und Anti-Prostitutions-Aktivistin fordert: „Schließt Pornhub!“ Denn das Unternehmen hat nicht nur keine Sperre für Jugendliche – es nimmt für seine Millionengewinne auch in Kauf, dass Opfer von Menschenhandel für die Clips vergewaltigt werden.

800.000 Menschen haben die Petition von Laila Mickelwait unterschrieben

Laila Mickelwait
Laila Mickelwait

Wie das 15-jährige Mädchen aus Florida. Ein Jahr lang blieb das Mädchen verschwunden, dann wurde sie entdeckt: auf Pornhub. In 58 Videos wurde ihre Vergewaltigung gezeigt. Die Polizei hat den Täter, der das Mädchen entführt hatte, inzwischen verhaftet. Auch der amerikanische Pornoproduzent Michael Pratt, der die Vergewaltigung mehrerer Kinder filmte und auf Pornhub hochlud, wird gerade per Haftbefehl gesucht.

„Es gibt allerdings zwei weitere Personen, die nicht auf der Strafverfolgungs-Liste stehen“, schreibt Laila Mickelwait. Die Firmenchefs Feras Antoon und David Tassilo. „Pornhub trägt die Mitschuld an dem Menschenhandel mit diesen Frauen und Minderjährigen und wahrscheinlich an noch tausenden ähnlichen Fällen.“ Mickelwaits Petition auf change.org haben schon über 900.000 Menschen unterschrieben, in den USA und Großbritannien berichteten Medien vom Guardian bis zur New York Post über den Skandal. In Deutschland herrscht Schweigen. Umso beachtlicher, dass NRW auch ohne öffentlichen Druck voran geht.

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