Homo-Ehe: Ja, ich will!

Artikel teilen

Die Sonne lachte allerherzigst, der Schampus floß reichlich, Reiskörner rieselten über die strahlenden Brautpaare: Ein Hochzeitsfest wie im Bilderbuch. Bloß daß sich nicht Ralf und Bettina das Ja-Küßchen gaben, sondern Ralf und Martin, Monika und Bettina, Hella und Conni.
Am 19. August, genau acht Jahre, nachdem Emma zum ersten Mal mit der „Lesben-Ehe?" (und einem Fragezeichen) getitelt hatte, schritten 250 deutsche Paare erstmals zur Tat. Sie bestellten im ganzen Land das Aufgebot - „die größte kollektive Coming-out-Aktion in der Geschichte der Bundesrepublik" (0-Ton Schwulenverband).
Auf dem Rathausplatz vor dem Kölner Standesamt drängelten sich an diesem Mittwochvormittag zehn Schwulen- und vier Lesben-Paare zwischen leicht verschüchtert wirkenden „echten" Brautpaaren. Die hatten sich nicht träumen lassen, daß sie ihren „schönsten Tag" in Gesellschaft von zehn Fernsehteams, unzähligen Fotoreportern und einem Ü-Wagen von RTL feiern würden - sie nahmen's dennoch mit Humor. „Da haben wir aber Glück gehabt", so eine „echte" Braut, „so-was kriegt man ja nicht alle Tage mit." In der Tat.

Anzeige

Shooting stars des Spektakels: Emmas Chefin vom Dienst Monika Glöcklhofer und ihre Freundin Bettina Trost. Sie hatten schon am Wochenende zuvor per Anzeige im Kölner Stadtanzeiger kundgetan: „Wir wollen heiraten!" Als die beiden, auf Stöckelschuhen übers Kopfsteinpflaster trippelnd, um die Ecke bogen, stürzten sich ein Dutzend Kamerateams und Fotografen auf das Traumpaar im Hollywood-Outfit.
Denn die heiratssüchtigen Herren waren erstens zahlenmäßig in der Mehrheit und hatten es zweitens nicht für nötig befunden, ihre Schluf-fenjeans gegen einen telegenen Smoking zu tauschen. Monika und Bettina, eines von vier Frauenpaaren, gaben Interviews auf deutsch und englisch („We struggle for the right to marry!") und küßten sich routiniert auf Kommando der Presse-Fotografen („Und jetzt nochmal Reis werfen! Hat noch wer Reis? Warten Sie, bis die Tauben aufgeflogen sind, dann bitte küssen!"). Die beiden kamen kaum dazu, den Gästinnen aus der Emma-Redaktion zuzuprosten!
Homo-Hochzeits-Hochburg war eindeutig Berlin: 90 Paare feierten mit Hochzeitstorte und Trara im Schwu-lenbuchladen Mann-o-Meter. Ehrengast: der Berliner Familiensenator Krüger, dieser „rauschebärtige Hetero", wie das Schwulenmagazin „Magnus" lästerte. Krüger hatte schon im Frühjahr das Recht auf Homo-Ehe gefordert. Ihm folgte am 19. August, wenn auch zaghafter, die Konkurrenz: Uta Würfel und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, beide FDP, wollen „Menschen, die auf Dauer zusammen leben wollen, das Leben nicht unnötig erschweren". Zuviel für die CSU und ihren bayerischen Innenminister Edmund Stoiber: „Da kann man ja gleich über die Teufelsanbetung diskutieren!"
Der formelle Teil der Ehe-Prozedur wurde, in Köln wie anderswo, für die 250 Homo-Paare korrekt abgewickelt: Sie legten Aufenthaltsbescheinigung, Personalausweis und Abstammungsurkunde vor, die Standesbeamtinnen notierten pflichtschuldigst die Personalien. „Ist doch jeder auf seine Art jeck", fand die Kölner Standesbeamtin und stellte fest, nachdem sie ein halbes Dutzend Paare „bearbeitet" hatte: „Das sind doch alles nette Leute!" Kraft Amtes teilte sie den Paaren dennoch schriftlich mit: „Die von Ihnen beabsichtigte Eheschließung muß ich ablehnen, weil sie mit geltendem Recht nicht vereinbar ist." Die Unterlagen wurden vorsorglich zu den Akten genommen - „falls es doch eines Tages klappt."
Bis „es klappt", muß erstmal der Hochzeitsmarsch durch die Institutionen ahgetreten weTdenTflellä von Sinnen und Cornelia Scheel, die Pro-mi-Gäste beim Kölner Heirats-Hap-pening, haben es vorgemacht: Gegen die Ablehnung beim Standesamt klagten sie vor Gericht, sie wollen notfalls bis nach Karlsruhe gehen. Bis zum Tag X bleibt nur der Weg nach Dänemark: Dort haben sich seit Legalisierung der Homo-Ehe vor zwei Jahren 265 Lesben-paare (und 745 Schwulenpaare) trauen lassen. Allerdings muß mindestens eine der beiden Dänin sein -was die Auswahl doch erheblich einschränkt...
Warum überhaupt frau heiraten will, wo die standfeste Feministin doch was gegen die Ehe hat? Fragen wir doch einfach mal Monika von Emma. „Also, die Hetero-Paare dürfen doch auch heiraten, wenn sie verliebt sind! Warum sollen wir das dann nicht dürfen", wettert die Moni. Und wenn's ernst würde, Moni? „Tja dann... also dann überleg ich mir das vielleicht nochmal. Schließlich hab ich ja was gegen die Ehe. Aber ich will das Recht haben, selber Ja oder Nein sagen zu können - das soll mir kein Staat verbieten, nur weil ich Frauen liebe." Gut gebrüllt, bayerische Löwin.

Artikel teilen
 
Zur Startseite