Frauenrechte in der Schweiz

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Sie nennt sich selbst „Ober-Suffragette", wurde im April dieses Jahres vom Schweizer Bundesrat geehrt und ist schon eine interessante Persönlichkeit: Dr. jur. Gertrud Heinzelmann, Jahrgang 1914. Als Studentin trat sie dem Frauenstimmrechtsverein bei und machte seitdem den Kampf für die Rechte der Frauen zu ihrer Lebensaufgabe. Jetzt ist, nicht zuletzt durch ihren engagierten Einsatz in der Schweiz endlich die Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzlich verbrieft. „Welche Genugtuung für die Frauen der älteren Generation," schreibt sie. Welche Genugtuung für Gertrud Heinzelmann, endlich Früchte ihrer Arbeit zu sehen. Für EMMA berichtet sie über die entscheidende Volksabstimmung.

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„Mann und Frau sind gleichberechtigt", so steht es seit der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 in der Schweizerischen Verfassung. Die konservative Schweiz hat damit nachgeholt, was in den anderen europäischen Ländern, zumindest auf dem Papier, längst selbstverständlich war. Geklappt hat die Sache mit der Gleichberechtigung erst im dritten Anlauf: 1959 war die erste nationale Volksabstimmung über das Frauenstimmrecht. Die Frauen unterlagen. Erst seit 1971 dürfen Schweizer Bürgerinnen ihre Bürgerrechte wahrnehmen, wählen und gewählt werden. Nun, 10 Jahre später, sind sie formell auf allen Ebenen den Männern gleichgestellt. Die Ausgangsbasis für weitere Kämpfe ist geschaffen.

Frauen im öffentlichen Dienst werden in Zukunft die Lohngleichheit erreichen, sofern diese nicht bereits realisiert ist. Profitieren werden vor allem Lehrerinnen und Krankenschwestern an öffentlichen Spitälern. In der Privatwirtschaft haben Frauen künftig ein Klagerecht. Die Beweislast (Nachweis der schlechteren Bezahlung im Verhältnis zu einem Mann derselben Position und derselben Leistung) wird ihre theoretischen Möglichkeiten allerdings erheblich reduzieren, die Angst vor einer Kündigung ihre Initiativen wenig beflügeln.

Trotz dieser einschränkenden Interpretation ist die Annahme von Art. 4 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV) der wichtigste Schritt zur Gleichberechtigung seit der Einführung des Frauenstimm- und -Wahlrechts auf eidgenössischem Boden durch die Volksabstimmung (lies Männerabstimmung) vom 7. Februar 1971. Diese brachte die politische Gleichberechtigung und den Vollbesitz der demokratischen Rechte (Wählbarkeit in die Gerichte und Verwaltungen des Bundes) - Art. 4 Abs. 2 BV bedeutet darüber hinaus die zivilrechtliche Gleichstellung als Grundsatzerklärung. Das bedeutet einen wesentlichen Rückhalt für die progessiven Parlamentarier bei der zur Zeit im Gang befindlichen Revision wichtiger Teile des Eherechts, bei der 10. Revision des AHV Gesetzes (Alters- und Hinterbliebenenversicherung) und des Bürgerrechtsgesetzes. Die Eidgenössische Frauenkommission hat in ihrer Publikationsserie „Die Stellung der Frau in der Schweiz Teil III Recht" die Diskriminierungen in den erwähnten und ändern Gesetzen bereits aufgearbeitet, eine parlamentarische Motion verpflichtet den Bundesrat, die nötigen Gesetzesänderungen in Angriff zu nehmen.

Aber das parlamentarische Ringen bei der Realisierung der Gleichberechtigung steht erst noch bevor, überdies besteht die Möglichkeit des Referendums. Vom Nationalrat und vom Ständerat beschlossene Gesetze können der Volksabstimmung unterbreitet werden - durch 30 000 Unterschriften, gesammelt und eingereicht innerhalb von 90 Tagen. Der Verfassungsvorlage ist viel Opposition erwachsen wegen der sogenannten Drittwirkung, d. h. der direkten Anwendbarkeit des Grundsatzes der Lohngleichheit bei gleichwertiger Arbeit. Emotional wurde „die Gleichmacherei" breitflächig ausgespielt von den früheren Gegnern des Frauenstimm- und -Wahlrechts, die in den 10 Jahren seit dessen Einführung nicht ausgestorben sind. Alle großen Frauenverbände gaben die Ja- Parole heraus. Dabei fiel das klare Ja des Katholischen Frauenbundes im Hinblick auf die stets konservativen katholischen Kantone stark ins Gewicht.

Verfassungsänderungen bedürfen der Mehrheit der Stimmenden und der Stände (Kantone) - drei katholische Kantone, Zug, Luzern, Obwalden haben angenommen. Der Anstoß zu dieser wichtigen Verfassungsänderung ist erfolgt im „Internationalen Jahr der Frau". Der vierte Schweizerische Frauen-Kongress vom 18. Januar 1975 hat beschlossen, eine Volksinitiative zu lancieren, um der Gleichstellung der Geschlechter beschleunigt zum Durchbruch zu verhelfen. Es wurde ein Initiativkomitee gebildet, das den ursprünglichen Text der Initiative beschloß und hierfür 57 296 gültige Unterschriften am 15. Dezember 1976 einreichte. Dieser ursprüngliche bedeutend weitergehende Text zu Art. 4 bis BV lautete:

1) Mann und Frau sind gleichberechtigt. 2) Mann und Frau haben die gleichen Rechte und Pflichten in der Familie. 3) Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit. 4) Mann und Frau haben Anspruch auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit in Erziehung, Schul- und Berufsbildung sowie bei Anstellung und Berufsausübung.
Übergangsbestimmung: Innerhalb von fünf Jahren vom Inkrafttreten des Artikels 4 an gerechnet, sind die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen, sowohl was die Beziehungen zwischen Bürger und Staat als auch was die Beziehungen der Einzelnen untereinander anbetrifft."

Erstmals hat die Initiative der Frauen eine Verfassungsänderung ausgelöst. Welche Genugtuung für die Frauen der altern Generation, welche während Jahrzehnten den Kampf um die Gleichberechtigung getragen haben! Die Stimmbeteiligung war mit 33,5 % schlecht, aber an dem klaren Sieg läßt sich nicht rütteln. 60,3% Ja-Stimmen gegen 39,7% Nein-Stimmen, 15V2 annehmende gegen )71/2 verwerfende Standesstimmen ergeben ein Resultat, das den Rücken stärkt.

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