Obama, Frauen & Homosexuelle
Auch mal schön, so eine Antrittsrede. Mehr noch: Ein wahrhaft historischer Schritt – von dem wir in Europa noch sehr weit entfernt scheinen. Oder wäre es denkbar, dass z.B. eine Kanzlerin Merkel bei ihrer (dritten) Antrittsrede – ganz zu schweigen von einem Kanzler Steinbrück - folgende Worte sagt: „Wir, das Volk, erklären heute, dass die selbstverständlichste aller Wahrheiten die ist, dass alle von uns gleich geschaffen sind. (…) Aber wir haben unser Ziel noch nicht erreicht, solange unsere Ehefrauen, Mütter und Töchter nicht das gleiche Geld verdienen. Wir haben unser Ziel noch nicht erreicht, solange unsere homosexuellen Brüder und Schwestern vom Gesetz nicht behandelt werden wie jeder andere auch. Denn wenn wir gleich geschaffen sind, muss auch die Liebe eines Menschen zu einem anderen gleichwertig sein."
Der US-amerikanische Präsident legte seinen zweiten Amtseid hoch symbolisch auf zwei Bibeln ab: der seines Vorgängers Abraham Lincoln, der die Sklaven befreite, und der von Martin Luther King („I have a dream“). Der Gleichheitsgedanke durchzog Obamas ganze Rede, und selbstverständlich sprach er auch von anderen Benachteiligten, den Armen und den Einwanderern. Barack Hussein Obama scheute in seiner Rede kein heißes Eisen.
Entscheidend wird sein, ob der amerikanische Präsident die Finanzwelt bändigen und Arbeitsplätze schaffen kann. Aber mindestens genauso wichtig ist der Geist, in dem er handelt und das Klima, zu dem er damit beiträgt. „Wir glauben nicht, dass Freiheit in diesem Land für die reserviert ist, die Glück gehabt haben“, erklärte Obama, der neben seiner Frau Michelle und seinen Töchtern auf den Stufen des Capitols stand. „Dass wir füreinander einstehen, macht uns nicht schwächer, es macht uns stärker.“
Und dass ein Präsident nach amerikanischem Recht nicht ein drittes Mal gewählt werden kann, macht ihn freier. Er hat ganz einfach nichts mehr zu verlieren. – Vielleicht sollten wir diese Regel auch bei uns einführen?
EMMAonline, 22.1.2013
