Vertreter aller Parteien warnen vor einer "Vorverurteilung". Der Verdächtige genieße "vollen Respekt", erklärt der Kanzlerkandidat der Gegenpartei. Es gilt "die Unschuldsvermutung", betont das politische Berlin, von rechts bis links. Außerdem sei es ja wohl kein Zufall, dass der Plagiatsvorwurf vierzig Jahre nach seiner Promotion und mitten im Wahlkampf erhoben wird - und das von einem "anonymen Blogger". Wohl wahr. Und auch der Verdächtigte, der in der Tat ehrenwerte Norbert Lammert von der CDU und Parlamentspräsident, bleibt gelassen. Er habe die Arbeit "nach bestem Wissen und Gewissen" geschrieben, erklärt der Spitzenkandidat der NRW-CDU, stellt die Dissertation online und lässt sie nun von der Universität Bochum prüfen. Alles richtig. So sollte es sein. So ist es aber nicht immer. Annette Schavans Doktorarbeit war auch schon 32 Jahre her. Und auch sie, die Ministerin und Merkel-Vertraute, wurde keineswegs zufällig knapp vor Beginn des Wahljahres angegriffen. Auf Schavanplag.com. Übrigens vom selben anonymen Blogger wie Lammertplag.com. Und auch die Vorwürfe klingen ähnlich. Lammert habe Literaturangaben anderer Autoren übernommen und so getan, als habe er sich selber mit der Materie auseinandergesetzt. Der anonyme Blogger in der Welt: "An vielen Stellen wird eine gedankliche Eigenarbeit nur suggeriert." Genau so hatte es bei Schavan getönt. Was im Rücktritt endete. Unangemessen. So unangemessen wie es bei Lammert wäre.