Schweizer Geschichte ohne Frauen
Aber eigentlich war ja alles ganz anders geplant. Schließlich wurde „Die Schweizer“ von einer Frau in Auftrag gegeben, der ehemaligen SF-Direktorin Ingrid Deltenre. Ihr schwebten zehn Folgen vor, 1000 Jahre Schweizer Geschichte bis 1900, drei davon mit einer Frau als Hauptfigur. Historikerin und Frauenrechtlerin Meta von Salis zum Beispiel, Kämpferin für das Frauenstimmrecht. Oder die Malerin Angelika Kaufmann. Oder die Künstlerin Sophie Taeuber-Arp, die heute sogar die 50-Franken-Note ziert. Das war im Jahr 2008.
Im Jahr 2013 sind von den zehn Folgen vier übrig. Und von den Frauenfiguren: keine. Stattdessen sehen wir: stramme, vornehmlich bärtige Männer mit entschlossenem Blick, zum Beispiel Werner Stauffacher (Feldherr) oder Hans Waldmann (Feldherr), Niklaus von Flüe (Eremit) sowie Guillaume-Henri Dufour (General).
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Kein Wunder, von sieben Bundesräten in der Schweiz sind mittlerweile vier weiblich, das Land steht in Sachen Gleichberechtigung und Frauenvorbilder wahrhaft nicht schlecht da. Die Empörung unter den Schweizer Frauen ist erwartungsgemäß groß.
„Meine erste Reaktion war: Es kann doch nicht sein, dass in der heutigen Zeit diese Sensibilität noch immer fehlt“, sagt zum Beispiel die amtierende Nationalratspräsidentin Maya Graf von den Grünen über das „verstaubte Quotenkostümfest“ (Anita Fetz, SP Ständerätin).
Staubig sind auch die Begründungen, mit denen die SRG seither versucht, sich aus der Affäre zu ziehen. Zum Beispiel, dass das ganze Konzept der Serie auf Wendepunkte der Schweizer Geschichte fokussiere, in der „Frauen keinen belegbaren Einfluss hatten“, wie Projektleiter Mariano Tschuor kürzlich erklärte. Oder: Dass die Reduktion auf vier Folgen (und damit auf sechs Männer) „Kostengründe“ habe, laut eines SRG-Sprechers.
„Es gibt keine Zukunft ohne Vergangenheit“, schreibt hingegen SRG-Chef Roger de Weck in seinem Geleitwort zur Serie. „Wenn wir die Zukunftsperspektiven unseres Landes diskutieren, müssen wir uns zunächst fragen, wer wir gestern waren.“ Richtig. Bloß: Wie sieht vor diesem Hintergrund die Zukunft der Schweizer Frauen aus?