Bundesverdienstkreuz für Seyran Ates
Fast hätte sie ihren mutigen Einsatz für entrechtete muslimische Frauen nicht überlebt: 1984 stürmt der Ehemann einer türkischen Klientin in den Kreuzberger Frauenladen und schießt Seyran Ates in den Kopf. Ates überlebt. Und kämpft weiter. Sie wird Rechtsanwältin und zu einer der bedeutendsten Stimmen in Deutschland gegen den Islamismus und das Kopftuch als Symbol des politischen Islam.
In ihrer Autobiografie „Große Reise ins Feuer“ erzählte sie von ihrer Flucht aus ihrer Familie, in der ein Mädchen nichts galt. Später beklagte sie in „Der Multikulti-Irrtum“ die falsche Toleranz gegenüber religiösen Fundamentalisten. Immer wieder erhebt Seyran Ates mutig die Stimme, wenn es um die Entrechtung von Frauen und Mädchen geht.
So kritisiert die Juristin auch das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs scharf, das die 2007 eingeführten obligatorischen Sprachtests für nachziehende „Ehegatten“ für „unverhältnismäßig“ erklärt. Ates: „Meine Erfahrung, auch als Beraterin ist: Gerade im türkischen Milieu können viele Frauen kein oder zu wenig Deutsch, um mit der Außenwelt zu kommunizieren“, erklärt sie im Interview. „Auch heute werden Frauen immer noch daran gehindert, die Sprache zu lernen. Ihre Männer wollen nicht, dass sie Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen.“ Der Sprachtest verstoße also keinesfalls gegen die Menschenrechte. „In Wirklichkeit ist es umgekehrt: Der Sprachtest schützt Frauen vor Menschenrechtsverletzungen.“
Der Sprachtest schützt die Frauen
Und das ist die Begründung des Bundespräsidialamtes für die Auszeichnung von Seyran Ates:
„Die Rechtsanwältin gilt als Expertin für Menschenrechtsfragen und für Migrationspolitik. Schon seit mehr als 25 Jahren gilt ihre Aufmerksamkeit besonders Mädchen und Frauen aus muslimischen Ländern, denen eigene Rechte nicht gewährt oder die in ihrer Würde verletzt werden. Ihre Gedanken zu einer Verbesserung des Klimas zur Integration hat sie in maßgebliche Publikationen einfließen lassen. Auch unter Hinnahme persönlicher Risiken nennt sie Grundrechtsverletzungen beim Namen, die oft als kulturelle Spezifika verharmlost werden. Mit der Kenntnis, dass Rechtsstaatlichkeit und eine demokratische pluralistische Zivilgesellschaft in vielen Ländern nicht selbstverständlich sind, tritt Seyran Ateş vehement für diese Werte ein. Sie hat sowohl beim Integrationsgipfel der Bundesregierung als auch bei der Islamkonferenz ihre kritische Position zum Konzept der Multikulturalität eingebracht.“
EMMA gratuliert herzlich!