Quote: Viel Lärm um (fast) nichts
Erinnert sich noch jemand an die Kübel von Spott und Hohn, die sich über Ex-Frauenministerin Kristina Schröder ergossen, als die mit ihrer Flexi-Quote um die Ecke kam? Haha, die Unternehmen sollen ihre Quoten selbst festlegen! Hihi, bei Nichteinhaltung drohen keine Sanktionen! Hähä, dann kann man (und frau) es ja gleich lassen! Die Erwähnung des Begriffs „Flexi-Quote“ reichte, um bei Frauen (und einigen Männern) einen spontanen Lachanfall auszulösen. Auch und vor allem bei Ursula von der Leyen, die als Arbeitsministerin mit der festen Quote gedroht und Kollegin Schröder so vor sich hergetrieben hatte.
Weichgespülte Regelung, sym- bolischer Druck
Andere, vor allem konservative PolitikerInnen und Alphamänner aus der Wirtschaft, prophezeiten selbst angesichts der Flexi-Quote den Untergang des Wirtschaftsstandorts Deutschland, wenn nicht den des gesamten Abendlandes. Noch kürzlich hatte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Bömer und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt angesichts schwächelnder Konjunkturdaten eine Verschiebung der Quote gefordert: Man müsse die Wirtschaft vor „weiteren Belastungen schützen“.
Die interessante Gleichung Frau=Belastung, die Grosse-Bömer und Hasselfeldt da aufmachten, lässt tief blicken (und über die Frage sinnieren, ob Gerda Hasselfeldt ohne die Frauenquote von 40 Prozent in CSU-Führungsgremien tatsächlich Landesgruppenchefin wäre).
Wie auch immer: Was jetzt unter großem Getöse vom Koalitionsausschuss beschlossen wurde, ist nun mehr oder weniger das, was Kristina Schröder vorschwebte: Eine weichgespülte Regelung, die Unternehmen allenfalls symbolisch unter Druck setzt. Eine feste Quote von 30 Prozent für das unterrepräsentierte Geschlecht, also meist Frauen, gilt nämlich in Zukunft nur für die Aufsichtsräte börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen. Das sind in Deutschland ganze 108. Schaffen sie die Quote nicht, bleibt der Stuhl leer.
Wohlgemerkt: Die Quoten gelten nur für die Aufsichtsräte. Von den Vorständen, die ursprünglich auch mal quotiert werden sollten, spricht schon lange niemand mehr.
Für die 3.500 Unternehmen aber, die börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, gilt das Prinzip Schröder: Sie dürfen sich von 2015 an selbst Ziele setzen für Aufsichtsrat, Vorstand und oberes Management. 2017 müssen sie dann darüber berichten, ob sie diese Ziele erreicht haben. Wenn nicht, macht auch nix. Konsequenzen hat das keine.
Dann dürfen die Unternehmen erst wieder fünf Jahre später nochmal berichten, ob sie die Ziele dann nun endlich erreicht haben. Wenn nicht, macht wieder nix.
Frauen kämpfen nicht, sie heulen nur rum
Aber wir wollen nicht weinerlich sein. Denn das fände ja womöglich Volker Kauder doof. „Weinerlich“ hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende ja schon Frauenministerin Manuela Schwesig gefunden, als die um die Überreste ihres Quoten-Gesetzes kämpfte. Denn Frauen kämpfen ja nicht, sondern heulen rum – weswegen sie auch nicht in Vorstände und Aufsichtsräte gehören.
Dennoch sind jetzt alle zufrieden. Die Frauenministerin, die sicher ist, dass „dieses Gesetz einen Kulturwandel einleiten wird“. Gerda Hasselfeldt, die froh ist, dass die Union die Berichtspflicht der Unternehmen, die ihre selbstgewählte Quote einhalten können oder auch nicht, „auf ein Minimum reduziert hat“. Die Kanzlerin, die sagt, dass wir „es uns nicht leisten können, auf die Kompetenz von Frauen zu verzichten“.
Und wir? Wissen nicht, ob wir lachen oder weinen sollen.