Sonya Kraus: Bähhh, wie Bachelor
ZAPP! Da ist sie: Die TV-Show, die für mich seit Staffel 1 die frauenfeindlichste im ganzen Tevau ist. Ich weiß, als buchbare Plauderpuppe, die selber schon durchaus bekloppte und pädagogisch bedenkliche Fernsehformate jeglichen Genres moderiert hat, sollte ich mich mit Fernsehkritik möglicherweise bedeckt halten.
Tue ich aber nicht. Ich muss meckern! Denn sehe ich den „Bachelor“, schießt bei mir der Blutdruck in die Höhe, und das hat grundsätzlich nie etwas mit der „ach so erotisierenden Aura“ der jeweiligen Junggesellen zu tun. Durchweg gutaussehend, gutgelaunt, gutgebräunt, gutgebaut und scheinbar gutsituiert, wirken die Herren auf mich ungefähr so attraktiv wie eine vollgeschissene Windel.
Produziert wird das Fernsehformat, das in Deutschland jetzt in der 5. Staffel erfolgreich bei RTL läuft, grundsätzlich an Traum-Locations: Côte d’Azur, Kapstadt, Kalifornien. Doch schon die Eröffnungsinszenierung vor der jeweiligen Mietvilla ist ein Albtraum. Dem erwartungsvollen Adonis, dem häppchenweise per Limousine eine aufgebrezelte Frau nach der Anderen zugeführt wird, nimmt seine Damen in Augenschein. Schon das ruft unangenehme Assoziationen bei mir wach. Spätestens jedoch, wenn alle 22 Anwärterinnen Mähnen schüttelnd, hüftwackelnd in knappen Cocktailfummeln den vermeintlichen Traummann nach Aufmerksamkeit heischend umschwirren, ist das Bild in meinem Kopf vollständig: Harem 2.0!
Da wäre ein Edelbordell noch besser. Dort müssen die Herren wenigstens dafür zahlen, dass die Damen sich dämlich benehmen – nicht so beim Bachelor! Die Ladys sind allesamt verzückt von ihrem Pascha, den sie vor wenigen Minuten zum ersten Mal gesehen haben, und der huldvoll Privataudienzen gewährt, beobachtet von mehreren Kameras und den Argusaugen der Mitstreiterinnen.
Laut O-Tönen und PR-Text sind sowohl die Hühner wie auch der Gockel der Show allesamt auf der Suche nach „der ganz großen Liebe“. Dass die Romantik der Situation sich mir nicht erschließt, muss wohl an mir liegen …
Tja, die „große Liebe“ findet man heute anscheinend nicht mehr auf der Straße. Möglicherweise sind auch alle potenziellen Traumprinzen da draußen ausgestorben. Nur ich hab’s – nach fast 17 Jahren mit ein und demselben – nicht mitbekommen? Oder meine Auffassung von Romantik ist schlichtweg antiquiert in Zeiten von Tinder und Co-Apps.
Was sind das nur für Frauen, die dieses „Spielchen“ mitmachen? Von der Akademikerin bis zum Pornosternchen ist alles dabei. Angeblich gab es allein bei der aktuellen Staffel 16000 Bewerbungen für einen Platz im Fernsehharem.
Leider sind der kurze „Ruhm“ und die Chance auf einen Platz im Dschungelcamp wohl eine adäquate Entschädigung für entgangenes Liebesglück und öffentliches Peinlichsein. Denn glücklich mit ihrem Superman ist bislang noch keine der final Auserwählten geworden.
Trotzdem werfen sich die Anwärterinnen dem Bachelor wie rollige Katzen bereitwillig an den Hals, während sich die anderen hinter vorgehaltener Hand schon mal verbal die Augen auskratzen.
Okay, weibliche Solidarität am Bachelor-Set wäre auch kontraproduktiv. Das Zicken, Zetern und Lästern der weniger frequentierten Haremsdamen bringt Quote.
Der unbestrittene Höhepunkt einer jeden Sendung ist „die Nacht der Rosen“ – puh, sowas von romantisch! Die aufs Optimum gepimpten Damen sind dekorativ auf und um eine Couch drapiert und verharren dort devot mit angstvoll feuchtem Blick bis ER (nicht Gott, sondern Bachelor) sie per Rose erlöst. Wer leer ausgeht, fliegt schimpfend oder tränenreich aus dem Paradies.
Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen und doch bricht auch mir das Herz. Was für ein Frauenbild wird da vermittelt? Was passiert in jungen Köpfen, wenn Reality-TV zeigt, dass sich doch einfach alles nur um den Mann dreht?
Ja, es gab auch schon – total emanzipiert – „Die Bachelorette“. Nur will die keiner sehen.
Der Mann als omnipotenter Held im Reigen seiner auf ihn fokussierten Gespielinnen passt auch 2015 Jahre n.Chr. immer noch besser ins Rollenschema. „Happy End“ am 4. März!