Alicia Keys: Schluss mit Make Up!
Einen gemusterten Schal um den Kopf gewickelt, große silberne Creolen und ein auffordernder Blick in die Kamera. Ihr Gesicht ungeschminkt, wir sehen Sommersprossen und leichte Augenringe. So sieht Alicia Keys also aus, wenn sie gerade frisch vom Sport kommt - und so erschien die Sängerin auch zum Fotoshooting für ihr neues Album „In Common“. Da dachte sie noch, dass sie gleich erst mal in der Maske verschwinden würde, wie üblich. Aber Fotografin Paola Kudacki hatte ganz andere Pläne. Sie wollte Alicia genau so ablichten: ungeschminkt. Keys stimmte zu, allerdings nur widerwillig. Als sie dann das Resultat sah, merkte sie: „Ich habe mich nie stärker, freier oder schöner gefühlt!“
Sie ist eine weltweit ge-
feierte Soul-Musikerin ...
Darüber hat die Soul-Musikerin jetzt einen Essay für den „Lenny Letter“ geschrieben, Lena Dunhams feministisches Newsletter-Magazin. Titel: „Time to uncover“ – etwa: Zeit, (seine Schönheit) aufzudecken. Oder auch: Zeit, sichtbar zu werden.
Alicia Keys war ja bisher nicht unbedingt für ein sparsames Make-Up bekannt. Aber seit ihres Aha-Moments beim Foto-Shooting erscheint sie überall quasi ungeschminkt. Bei der Vanity Fair genauso wie bei der Eröffnungszeremonie des UEFA Champions League Finale Ende Mai; oder gerade erst bei einer italienischen TV-Show.
Sie sei - das überrascht nicht - genau so unsicher wie so viele Mädchen und Frauen, erklärt Keys. Früher, da hat sie ihren wilden Afro sogar noch in einen strengen Pferdeschwanz gezwängt. Hat sich „unwohl“ gefühlt und „unsichtbar“ zwischen ihren „aufgestylten Mitschülerinnen“.
Mit 16 Jahren unterschrieb Alicia Keys ihren ersten Plattenvertrag. Aufgewachsen ist die Tochter einer schottisch-italienischen und alleinerziehenden Mutter in Clinton. Ein Stadtteil von Manhattan, der auch bekannt ist unter dem Namen „Hell’s Kitchen“ – unter anderem wegen der Bandenkriminalität, die dort bis in die frühen 1980er Jahre wütete. Alicia kam also aus der harten New Yorker Straßenszene und landete in der ebenso harten Unterhaltungswelt. Eine „schroffe“ Welt, schreibt Keys, die stets „urteilt“. Keys: „Ich wurde immer mehr zum Chamäleon. Ich war niemals vollständig ich selbst und habe mich ständig angepasst, damit alle mich akzeptieren.“ Alicia überschminkte ihre Unsicherheiten einfach. Mit sehr viel Make-Up.
... und hat keinen Bock mehr auf die ganzen Zwänge.
Inzwischen ist sie einer der größten Stars der Soulszene, hatte mehrere internationale Hitsingles („Girl on Fire“, „Fallin“) und verkaufte über zehn Millionen Platten. „In Common“ ist ihr sechstes Album. Nur zufrieden ist sie irgendwie nicht. „Ich schrieb eine Liste mit all den Dingen, die mich nerven. Zum Beispiel, wie sehr uns Frauen eingetrichtert wird, dass wir dünn, sexy, begehrenswert oder perfekt sein müssen. Die ständige Beurteilung der Medien, die uns dazu bringt zu denken, eine normale Kleidergröße wäre nicht normal. Oder dass sexy zu sein bedeutet, sich so nackt wie möglich zu zeigen". Alicia Keys findet: "Das ist verdammt frustrierend!“