Olympia: Das Elend der Frauen

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Auf dem Spielfeld: Rechts die beiden deutschen Spielerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst aus Hamburg. Und links die beiden ägyptischen Spielerinnen Doaa Elghobashy und Nada Meawad aus Kairo. Rechts Bikini. Links Burkini und Kopftuch. Rechts die maximale Entblößung bis auf Brüste, Po und Scham. Links die maximale Verhüllung von den Fußknöcheln über die Handgelenke bis hin zum Haar. Oder wie die Bild-Zeitung es formuliert: "Die Halbnackten gegen die Eingepackten."

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Rechts maximale Entblößung, links maximale Verhüllung

Hierbei sei betont, dass alle vier Athletinnen sich "freiwillig" für ihr Sport-Outfit entschieden haben. Seit 2012 hat der Beachvolleyball-Weltverband die Kleidervorschriften gelockert. Nach langen Protesten gegen die „Spornofizierung“, die zunehmende Pornografisierung im Sport (EMMA berichtete), für die der Beachvolleyball unter ExpertInnen als bestes Beispiel galt. Bis dahin war das Bikini-Oberteil obligatorisch und sogar die Kürze der Höschen genau definiert auf maximal sieben Zentimeter. Für Frauen. Männer mussten selbstverständlich noch nie im Badeanzug aufs Spielfeld.

Seit 2012 dürfen die Beachvolleyballerinnen auch in Shorts bis zu drei Zentimeter über den Knien und T-Shirt spielen. Olympionikin Laura Ludwig aber erklärte: „Wir ändern nichts. Wir freuen uns, im Bikini zu spielen, das ist unsere Arbeitskleidung“.

Auch die Ägypterinnen unterliegen weder sportlichen noch einer streng-islamistischen Kleidervorschrift. Im Unterschied zu ihren vier Kolleginnen aus Saudi-Arabien (zwei Leichtathletinnen, eine Judoka und eine Fechterin). Für sie gilt der Schleierzwang, auch bei den weltlichen Olympischen Spielen.

Die saudi-arabische Delegation hatte sogar entschieden, bei ihrer offiziellen Präsentation nur die Namen der sieben männlichen Athleten zu nennen – wegen der „Sittsamkeit“. Es genügte ihnen nicht, die Frauen unsichtbar zu machen – sie sollten inexistent sein. Lange Zeit waren Länder wie Saudi-Arabien und Katar einfach ganz ohne Frauen angetreten. Was ebenso jahrelang für internationalen Protest gesorgt hatte.

2016 tragen auch die Ägypterinnen den Ganzkörperanzug - und in einem Fall von zweien auch den Hidschab - aus "religiöser Überzeugung". Dabei spielt die 18-jährige Nada sonst am liebsten im Bikini. Das behauptet zumindest Amr Elwani, der ägyptische Vize-Präsident des Internationalen Volleyballverbands. Aber da ihre Team-Partnerin strenggläubige Muslima sei, habe sie sich für Olympia eben ein bisschen angepasst. Der soziale Druck in Ägypten auf die Frauen ist hoch.

Männer mussten nie im Bade-
anzug aufs Spielfeld

Dabei verbietet die Olympische Charta das Tragen von "politischen und religiösen Symbolen"- Ach ja, stimmt ja: Die Verschleierung der Frauen ist ja nicht politisch. Aber angeblich ist sie eine „religiöse Pflicht“.

Die taz ist auf jeden Fall begeistert. Wie immer bei verschleierten Frauen. Ihre "Sympathie" gilt den Frauen in den "Schulsportklamotten". Sprich: Den beiden Ägypterinnen "die so aussehen, als würden sie gerade Schulsport machen: irgendein langärmeliges Schlabbershirt auf irgendwelchen Billigleggins. Sogar die im Beachvolleyball nicht erlaubte Kopfbedeckung des Hidschabs wurde El­gho­bashy gestattet."

Die Olympische Charta verbietet übrigens auch die "Diskriminierung auf Grund des Geschlechts".

Wir fassen zusammen: Das Spiel gewonnen haben gleich drei auf einmal: die deutschen Beachvolleyballerinnen (2:0). Der Sexismus. Und der Islamismus.

Wir freuen uns jetzt schon auf die Fußball-WM in Katar 2022.

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Olympia: Noch nie so viele Frauen!

© IOC/Getty Images
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Dass sie eines Tages bei den Olympischen Spielen antreten würde, hatte Yusra Mardini geahnt. Aber den Weg dorthin hatte sich die 18-jährige Syrerin anders vorgestellt. Schon im zarten Alter von drei Jahren hatte ihr Vater seine Tochter ins Wasser geschickt und sie trainiert. Yusra hatte es bis in die syrische Nationalmannschaft geschafft, das Nationale Olympische Komitee förderte ihr Training. Aber als sie 13 war, war ihr Leben, wie sie es bis dahin kannte, zu Ende. Gemeinsam mit ihrer Schwester Sarah floh sie im Sommer 2015 übers Meer nach Lesbos. Als der Motor des Bootes ausfiel, zogen die beiden Schwestern – die einzigen von 30 Flüchtlingen, die schwimmen konnten - das Boot drei Stunden lang an Land. Was für eine Geschichte!

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Yusra floh aus Syrien übers Meer nach Lesbos

Wenn am 5. August das Olympische Feuer in Rio de Janeiro entzündet wird, wird die 18-Jährige, die inzwischen in Berlin lebt und trainiert, dabei sein. Zusammen mit weiteren drei Frauen und sechs Männern, die als „Refugee Olympic Athletes“ bei den Spielen antreten. Die Frauen, die gemeinsam mit Yusra antreten: Die Leichtathletinnen Rose Lokonyen und Anjelina Lohalith, die aus dem Südsudan nach Kenia geflohen sind und die Judoka Yolande Mabika, die aus dem Kongo flüchtete und heute in Brasilien lebt.

Das zehnköpfige Flüchtlings-Team ist aber nicht das einzige Novum bei diesen 31. Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Weibliche Athleten sind kurz davor, die 50 Prozent-Marke zu knacken. 45 Prozent der SportlerInnen, die in Brasilien antreten, sind weiblich. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London waren es noch 43 Prozent, 2008 in Peking 40 Prozent. Es geht voran. Zumal, wenn man und frau bedenkt, dass Sportlerinnen bei Wiederaufnahme der Olympischen Spiele 1896 gar nicht vorgesehen waren (im antiken Athen wurden sie sowieso vom Felsen geworfen, falls sie es wagten, sich verkleidet einzuschleusen). 110 Jahre später sind Frauen in fast allen Disziplinen dabei, sogar im Gewichtheben (seit 2000) und im Boxen (seit 2012).

Und natürlich beim Fußball. Die deutschen Kickerinnen, die bereits zwei Tage vor der offiziellen Eröffnung der Spiele ins Turnier gestartet sind, hatten mit ihrem 6:1-Sieg gegen Zimbabwe einen Superstart. Ob es das Team von Silvia Neid – die nach Olympia als Bundestrainerin aufhört und den Staffelstab an Steffi Jones übergibt – Gold holen wird? Nun ja. Mit den USA, Frankreich, Japan und Brasilien sind schwere Gegnerinnen zu schlagen.

Anjelina flüchtete aus dem Südsudan nach Kenia

Mindestens ein Dutzend weitere deutsche weibliche Medaillen-Hoffnungen gibt es in Rio: Zum Beispiel die neue deutsche Tennis-Queen Angelique Kerber, die es inzwischen auf Platz 2 der Weltrangliste geschafft und nur noch Serena Williams vor sich hat. Oder die äußerst imposante Kugelstoßerin Christina Schwanitz, die schon bei der Leichtathletik-WM 2015 Gold geholt hatte. Oder Lena Schöneborn, die im Modernen Fünfkampf (Fechten, Springen, Schwimmen, Laufen, Schießen) schon in Peking 2008 die Goldmedaille erkämpfte. 

Allerdings gibt es immer noch Länder, die heute noch so frauenfeindlich sind wie Olympia-Gründungsvater Pierre de Coubertin anno 1896: So tritt der Irak ohne eine einzige Frau an. Saudi-Arabien, das bis 2008 ebenfalls stets eine reine Männer-Delegation geschickt hatte, entsendet diesmal vier Sportlerinnen: Marathonläuferin Sarah Attar, Judoka Joud Fahmy, Sprinterin Kariman Abu al-Jadail und die Fechterin Lubna al-Omair. Nur letztere lebt übrigens in Saudi-Arabien, die anderen drei in den USA. Bei der offiziellen Präsentation der saudi-arabischen Delegation vor einigen Tagen wurden allerdings nur die Namen der sieben männlichen Athleten genannt – aus Gründen der „Sittsamkeit“, wie der Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees erklärte.

Dass die vier überhaupt teilnehmen dürfen, ist ausschließlich dem öffentlichen Druck zu verdanken. Den machen seit 1992 eine Handvoll umtriebige Französinnen um die Anwältin Linda Weil-Curiel. Damals traten 33 (!) Länder ohne Frauen an. „Südafrika war 30 Jahre lang wegen Rassen-Apartheid von Olympia ausgeschlossen. Geschlechter-Apartheid muss genauso behandelt werden“, erklärten sie und gründeten das „Komitee Atlanta +“ (www.ldif.asso.fr). Sie pochten bei Sportfunktionären und PolitikerInnen auf die Einhaltung der Olympischen Charta („Niemand darf aufgrund seines Geschlechts diskriminiert werden.“)

Yolande floh aus dem Kongo und lebt in Brasilien

Ein knappes Vierteljahrhundert später tritt fast kein Land mehr ohne weibliche Athleten an. Allerdings: Nicht nur die saudi-arabischen Sportlerinnen müssen sich verschleiern. Bei der Olympia-Eröffnung 2012 in London marschierten Läuferin Sarah Attar und Judoka Wojtan Sharkhani von Kopf bis Fuß schwarz eingehüllt durchs Stadion. Das wird 2016 nicht anders sein. Skandalöserweise lässt das Internationale Olympische Komitee es geschehen.       

Und das, obwohl andere Athletinnen aus islamischen Ländern ihr Leben riskieren, wenn sie in normaler Sportkleidung antreten. Wie die tunesische 3000-Meter-Hindernis-Läuferin Habiba Ghribi. Als sie bei Olympia 2012 als erste Tunesierin überhaupt eine Medaille für ihr Land holte, wurde sie wegen ihrer „unzüchtigen“ Kleidung von Islamisten bedroht. Dennoch ist sie 2016 wieder dabei – natürlich unverschleiert.   

Chantal Louis

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