Schach: Wir verschleiern uns nicht!
Im Februar 2017 soll die Weltmeisterschaft im Schachspielen im Iran ausgetragen werden. Die Weltmeisterschaft der Frauen. Doch inzwischen ist fraglich, ob das Turnier stattfindet. Denn die 64 Teilnehmerinnen, die aus dem Ausland anreisen, haben nicht die Absicht, ihre klugen Köpfe unter einem Kopftuch zu verhüllen.
Die panamerikanische Schachmeisterin Carla Heredia (Foto rechts) ist stinksauer über den Weltschachverband. Der will die Schachspielerinnen ausgerechnet in das Land der Ayatollahs schicken und so unter den gesetzlich vorgeschriebenen Schleier zwingen. „Keine Frau sollte gezwungen werden, den Hijab zu tragen“, erklärte Carla. „Und da denke ich nicht nur an uns 64 Schachspielerinnen, sondern auch an die Iranerinnen. Ich stehe ein für die Menschenrechte aller Frauen!“
Heredia: "Ich stehe ein für die Menschenrechte aller Frauen!"
Auch ihre Kollegin Nazi Paikidze-Barnes (Foto links) erklärte: „Frauen werden im Iran heute gezwungen, sich zu verschleiern. Das ist hart. Viele halten die Verschleierung der Frauen für eine kulturelle Frage. Aber ich weiß, dass viele Frauen dagegen protestieren, unter hohem Risiko. Ich werde also nicht den Schleier tragen. Ich will diese Frauenunterdrückung nicht auch noch unterstützen!“
Allein im Jahr 2014 wurden 3.600.000 Frauen im Iran belangt, weil ihre Haare oder ihr Nacken „nicht ausreichend bedeckt“ waren. Früher konnte ein verrutschter Schleier im Iran eine Frau das Leben kosten, heute sind es immerhin noch Geldstrafen, Drangsalierungen oder gar Gefängnis.
In seinen offiziellen Statuten verurteilt der Weltschachbund jede Form von Diskriminierung. Und auch der Deutsche Schachbund hat in seiner Satzung eine Passage zur „allgemeinen Gleichbehandlung“. Entsprechend unangenehm ist seinem Präsidenten, Herbert Bastian, die ganze Debatte. Der Schachsport wolle „den Dialog der Kulturen“ fördern, antwortete er auf Nachfrage von Süddeutsche.de. Deshalb müssten seine Veranstaltungen auch in Ländern stattfinden können, „die für die westliche Welt mitunter fremde kulturelle Gewohnheiten vertreten“. Privat allerdings sehe er das anders.
Paikidze: "Ich will die Unter-
drückung der Frauen nicht unterstützen!"
64 verschleierte Schachspielerinnen aus der ganzen Welt in Teheran. Das wären nicht nur 64 verhüllte besonders kluge Köpfe, es wäre nicht nur ein trauriges Zeichen für die Millionen zwangsverschleierten Frauen im Iran – es wäre ein Propaganda-Triumph für den Iran. Seht her, ihr schlauen Schachspielerinnen: Selbst euch zwingen wir unter den Schleier!
Darum ist zu hoffen, dass die Schachspielerinnen durchhalten und die Spiele im Iran boykottieren!
Auch die Organisation "My Stealthy Freedom", die gegen die Zwangsverschleierung im Iran kämpft, freut sich über die Kritik der Schachspielerinnen.