Model deckt Prostitutionsring auf

jazzegger/instagram
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Als Jazz Egger in einem Londoner Nachtclub von einem Agenten angesprochen wird, der mit ihr „zusammenarbeiten“ will, denkt sie sich nichts dabei. Die 20-Jährige aus dem Kärntner Kleinstädtchen Millstadt am See jobbt seit sechs Jahren als Model. Mit 14 bekam sie ihren ersten Modelagenturvertrag, 2015 war sie bei „Germany’s Next Topmodel“ dabei.

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Schon am nächsten Tag meldet sich der „Agent“ mit einem Angebot: Jazz soll mit drei Millionären auf einer Yacht durch die Ägäis fahren. Sie wundert sich. Was soll sie auf dem Schiff? Sie sagt ab.

Einen Tag später meldet sich ein weiterer „Agent“. Diesmal wird die Anfrage deutlicher: Es geht um ein privates Dinner mit einem bekannten Schauspieler in einem Fünfsterne-Hotel. Nach dem Essen wünsche der Mann „natural intimacy“, sprich: Sex. Jazz Egger antwortet klar und deutlich: „Ich bin Model und kein Escort!“

"Ich könnte meinen Körper nicht so verkaufen - das ist schlicht Prostitution"

Doch nun wundert sich der „Agent“. In dieser Branche seien solche Dienste „das Normalste auf der Welt“. Jedes Mädchen mache so etwas. Zum „Beweis“ schickt er Jazz Screenshots vom Austausch mit anderen Models, die seine Angebote angeblich angenommen haben.

Für Jazz Egger allerdings ist das alles keineswegs normal. Und sie weigert sich nicht nur, die Angebote anzunehmen - sie geht auch an die Medien und macht das Geschäftsgebaren der Agentur öffentlich. „Ich könnte meinen Körper nicht so verkaufen“, sagt das Model. „Hier geht es schlicht um Prostitution.“

Rechtliche Folgen dürfte das für die Escort-Agentur keine haben, denn in England ist – anders als in Irland und Nordirland, wo Freier bestraft werden – der Frauenkauf (noch) erlaubt. Ganz wie in Deutschland. Aber eines hat Jazz Egger mit ihrem mutigen Schritt an die Öffentlichkeit jedenfalls klar gemacht: Prostitution ist keineswegs „ein Beruf wie jeder andere“. Sie bleibt Model.

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Hemmungslos: Prostitutions-Werbung

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Die Frau in Dessous, aus denen riesige Brüste quellen, räkelt sich in Trier überall überlebensgroß: an Bushaltestellen, am Einkaufzentrum und vorm Fußballstadion. Und so lernen die Schüler und Schülerinnen, die in der Römerstadt morgens auf den Bus warten, schon vor der ersten Schulstunde Lektion: Frauen sind das käufliche Geschlecht. Diejenigen, die bei Aldi oder Rewe einkaufen, bekommen die Ware Frau gleich mit angeboten. Und vor dem Stadion bewegt sich die Dame sogar auf einer riesigen Videoleinwand und demonstriert den Fans, wie sie sich auch nach einem verlorenen Spiel im „Club Pearls“ wieder als Sieger fühlen können.

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In Trier gehört Bordellwerbung auf Plakatwänden und Lieferwagen zum normalen Stadtbild. Auch wegen der Grenznähe zu Frankreich, wo Prostitution als „Verstoß gegen die Menschenwürde“ gilt und Freier bestraft werden, ist die Bordelldichte in der katholischen Stadt enorm und die so genannte „Sexindustrie“ omnipräsent. Mit Werbebotschaften passend zur Saison: „Weihnachtswünsche werden wahr!“ pries ein Puff im Dezember. Und das Cityradio Trier, der lokale Radiosender, schickt Werbespots über den Äther: „Das Wetter wird Ihnen präsentiert vom Eros Center Trier.“

Das alles will Beate Müller nicht länger hinnehmen. „Unsere Stadt suggeriert damit, dass Prostitution ein ganz normaler Beruf wäre“, sagt sie. Die Lehrerin, die an einem Gymnasium unterrichtet, hat ein anderes Bild von der so genannten „Sexarbeit“: „Ich glaube, dass Prostitution Körper und Seele eines Menschen zerstört. Aber mit diesen Plakaten bekommen wir gesagt: Das ist erlaubt und ganz normal.“ Was die Pädagogin besonders entsetzt. Beate Müller wurde also vorstellig bei Politikerinnen der schwarz-grünen Stadtregierung und auch bei der SPD. Resultat: „Sie sagen immer nur, die Bordellwerbung einzudämmen oder gar zu verbieten, das wäre juristisch schwierig.“

Das stimmt. Dass das so ist, ist dem fatalen Prostitutionsgesetz zu verdanken, das die rot-grüne Koalition 2001 verabschiedete und das am 1. Januar 2002 in Kraft trat. Rot-Grün schaffte damals die so genannte „Sittenwidrigkeit“ der Prostitution ab und machte Kauf und Verkauf von Frauenkörpern damit de facto zum normalen „Gewerbe“.

Die Werbung für das, was von nun an eine „sexuelle Dienstleistung“ sein sollte, blieb aber dennoch eine „Ordnungswidrigkeit“. In § 120 des Ordnungswidrigkeiten-Gesetzes heißt es bis heute: „Ordnungswidrig handelt, wer durch Ver­breiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder Darstellungen Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt; dem Verbreiten steht das ­öffentliche Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder das sonstige öffentliche Zugänglichmachen gleich.“

Doch mit der Reform des Prostitu­tionsgesetzes brachen die ersten Dämme. Die Händler mit der Ware Frau hatten rasch begriffen, dass die Zeichen Richtung Salonfähigkeit der Prostitution standen. Und so wurden die bis dato eher diskret gehaltenen Anzeigen in den Zeitungen immer hemmungsloser – und menschenverachtender. Die „naturgeilen Ukrainerinnen“, die sich Michel Friedman bestellt hatte, gehören da noch zu den harmlosen Varianten. „Reifes Team verw. Dich! Mutter bläst dich in den Himmel, während du Tochters Schnecke leckst!“ konnte man plötzlich am Frühstückstisch in der Lokalzeitung lesen. Werbung für Geschlechtsverkehr ohne Kondom, Codewort „tabulos“, wurde Standard.

Im Jahr 2006 goss dann der Bundesgerichtshof die fortschreitende „Normalisierung“ der Prostitution in ein höchst­richterliches Urteil. Da Prostitution nun nicht mehr sittenwidrig sei, sei „nicht an einem generellen Verbot jeder Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen festzuhalten“, befanden die Richter. Das Verbot sei „auf Fälle zu beschränken, in denen durch die Werbung eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit, insbesondere des Jugendschutzes, eintritt“. Beeinträchtigt sind diese „Rechtsgüter“ dann, wenn die Werbung „nicht in der gebotenen zurückhaltenden Form erfolgt“ oder „grob anstößig“ ist. Die groteske Folge: Während die Werbung für Zigaretten oder McDonald’s im Umkreis von Schulen und Kindergärten bundesweit verboten ist, dürfen Bordelle von Fall zu Fall auf Schulwegen durchaus für sich werben. Denn jede Stadt kann und muss seither selbst entscheiden, welche Bordellwerbung sie für „jugendgefährdend“ oder „grob anstößig“ hält. Und mit diesem Ermessensspielraum gehen die Städte sehr unterschiedlich um.

Im Bürgerbüro der Trierer SPD formulierte man aus der Beschwerde von Julia Schmitz eine Eingabe für den Stadtrat. Der debattierte über das Thema. Resultat: Man wolle die Bordellwerbung eindämmen. Wann? Wenn Ende 2017 der Vertrag mit den Vermarktern der städtischen Werbeflächen ausläuft, solle der neue Kontrakt neue Bestimmungen darüber enthalten, wer wie auf den Plakatwänden werben darf.

Wenn es nach Angelika Winter geht, würde dann die Werbung für Club Pearls, Eros Center & Co. dann verschwinden. Bei der Trierer Gleichstellungsbeauftragten branden sie permanent an, die vielen Beschwerden über die obszöne Puff-Propaganda in der Stadt. „Übrigens regen sich nicht nur Frauen darüber auf, sondern auch viele Männer“, sagt Winter. „Wenn man die Botschaft aussendet, dass Frauen käuflich und einfach so verfügbar und benutzbar sind, geht es ja nicht nur um das Frauenbild, sondern auch um das Männerbild, das damit verbreitet wird.“ Immer wieder versucht die Gleichstellungsbeauftragte beim Ordnungsamt durchzusetzen, dass Bordellwerbungen entfernt werden. „Aber es kommt eben immer darauf an, wer da gerade sitzt.“

Die Bordellbetreiber wissen inzwischen sehr genau, wie sie ihre Plakate gestalten müssen, damit die nicht als „anstößig“ oder „jugendgefährdend“ gelten. Keine Strapse, keine nackten Brüste. Das reicht.

Angelika Winter genügt das aber nicht. Wenn der neue Vertrag gemacht wird, würde sie gern darin verankern, dass „sexistische Werbung, die gegen die Würde der Frau verstößt, auf städtischen Werbeflächen ausgeschlossen wird. Und dazu würde dann auch Werbung für ­sexuelle Dienstleistungen gehören.“

Die Gleichstellungsbeauftragte weiß, dass das BGH-Urteil dieses Vorhaben nicht leichter macht. Noch schwieriger wird es, wenn am 1. Juli 2017 das neue „Prostituiertenschutzgesetz“ in Kraft tritt. Während die CDU/CSU für die so dringend notwendige Reform der Reform von 2002 mit einem umfassenden Konzept angetreten war, das die Hunderttausenden Armutsprostituierten aus Osteuropa tatsächlich hätte schützen können, verhandelte die SPD so gut wie alles wieder heraus, was die „Sexindustrie“ eingeschränkt hätte. Ein Mindestalter von 21 Jahren für Prostituierte lehnte sie mit der Begründung ab, das sei ein Verstoß gegen die „Berufsfreiheit“. Die Anmeldepflicht höhlte sie aus, indem sie durchsetzte, dass die Frauen sich nur einmal in einer Stadt anmelden müssen. Dabei werden die Prostituierten in der Regel alle paar Wochen von Bordell zu Bordell verschoben, um den Freiern „Frischfleisch“ zu liefern und Außenkontakte zu verhindern. Und so fällt mit dem Gesetz auch das bis dahin immerhin noch theoretisch existierende Werbeverbot. Der § 120 im Ordnungswidrigkeiten-Gesetz wird ab 1. Juli gestrichen und ersetzt durch § 32 im Prostituiertenschutzgesetz. Dort wird nun festgeschrieben, dass Werbung für „sexuelle Dienstleistungen“ dann verboten ist, wenn sie „schutzbedürftige Rechtsgüter der Allgemeinheit, insbesondere des Jugendschutzes konkret beeinträchtigen“. Im Klartext: Bordellwerbung ist nun auch qua Gesetz erlaubt. Ausnahmen bestätigen die Regel.

„Damit haben wir es noch schwerer“, klagt Angelika Winter. Denn wenn also Trier Ende des Jahres ein generelles Bordell-Werbeverbot in den neuen Vertrag schreibt, steht zu befürchten, dass die Bordellbetreiber mit dem Gesetzesblatt winken. Dennoch: Die Gleichstellungsbeauftragte ist dafür, „dass wir alle verfügbaren Stellschrauben nutzen. Wir sollten es drauf ankommen lassen.“

Auch der Marburger Oberbürgermeister Thomas Spies hat in seiner Stadt den Kampf gegen die Bordellwerbung aufgenommen. Denn: „Wir signalisieren damit gerade Kindern und Jugendlichen einen merkwürdigen Blick auf das Verhältnis von Männern und Frauen, nämlich: Männer kaufen sich Frauen.“ An diesem Punkt versteht der Sozialdemokrat seine eigene Partei nicht, die das auf Bundes­ebene möglich gemacht hat. Er muss es nun vor Ort ausbaden.

Immer, wenn das örtliche Großbordell „Erotic Island“ wieder zu einem „Event“ wie der „Orientalischen Nacht“ oder der „Dschungelparty“ einlädt, ist seine Stadt gepflastert mit A1-Plakaten, auf denen sich spärlich bekleidete Frauen mit knallroten Schmollmündern dem Betrachter anbieten. Schließlich ist das „Erotic Island“ ein Ort, an dem „Mann sich wie ein König fühlt“.

Seit das Marburger Bordell vor zehn Jahren eröffnete, ging das so. Immer wieder meldete die äußerst rührige Bürger­initiative „BI gegen Bordell“ – die erfolglos versucht hatte, das Bordell zu verhindern – die Plakate dem Ordnungsamt. Nichts passierte. Erst als im Juni 2015 Thomas Spies zum neuen Oberbürgermeister gewählt wurde, wehte plötzlich ein anderer Wind. „Plakate für einen Puff haben auf der Straße nichts verloren, schon gar nicht auf Schulwegen“, verkündete das neue Stadtoberhaupt.

Seitdem wird in Marburg die Frage, was jugendgefährdend ist, „sehr extensiv ausgelegt“, erklärt OB Spies. Er weiß, dass die Sache mit dem Jugendschutz im Grunde eine Krücke ist, denn dem Vater eines erwachsenen Sohnes ist klar: „Natürlich wird auch das Frauenbild erwachsener Männer geprägt“. Aber der Jugendschutz ist eben dank Prostitu­tionsgesetz sein einziger Anpack. Und den nutzt er.

Jedes Plakat muss dem Ordnungsamt vorgelegt werden. Auf Schulwegen, so verfügte der OB, dürfen sie gar nicht hängen. Seither, sagt Thomas Spies, sei die Bordellwerbung in Marburg „viel weniger geworden. So wenig, wie wir durchsetzen können.“

Ganz verbieten will er die Plakate dennoch nicht. Er geht davon aus, dass dann die Bordellbetreiber auf die Barrikaden gehen und gegen das Verbot klagen würden. Vor dem Hintergrund des BGH-Urteils hält er es für wahrscheinlich, „dass wir so einen Prozess verlieren. Und dann haben wir eine schlimmere Lage als vorher.“ Das Stadtoberhaupt würde sich wünschen, dass nicht jede Kommune mit der Entscheidung, ob und wie sie gegen die Bordellwerbung vorgeht, alleingelassen wird. Er fordert: „Die Kommunen müssten sich zusammentun.“

In Duisburg haben die Frauenverbände in den letzten Monaten ordentlich Druck gemacht. Im November 2016 forderte das „Duisburger Frauennetzwerk Agenda 21“ auf seiner Konferenz ein ­absolutes Werbeverbot für Bordelle.

Und das kam so: Eines Morgens im Juni 2016 hat es Silke Hillebrecht gereicht. Mal wieder lief sie in ihrem Viertel, dem gediegenen Stadtteil Huckingen im Duisburger Süden, an einer Bordellwerbung vorbei. Das kannte die Duisburgerin, Sängerin im Opernchor der Deutschen Oper am Rhein, ja schon und hatte sich oft genug darüber geärgert. An diesem Tag aber waren es gleich drei Plakate auf einmal. Drei Großbordelle priesen die zu kaufenden Damen an, „und die Plakate hingen alle direkt nebeneinander“, erzählt Silke Hillebrecht. Die Bürgerin schrieb an Oberbürgermeister Sören Link: „Mit wachsender Wut nehme ich die Plakatwerbung für Bordelle im Duisburger Stadtgebiet wahr. Es ist mir völlig unverständlich, dass die Herabwürdigung von Frauen zur ‚Ware‘ so hemmungslos und legal vollzogen wird. In den meisten Fällen arbeiten die Frauen nicht freiwillig als Prostituierte und die Branche ist eng mit organisierter Kriminalität und Menschenhandel verbunden. Zudem wird mit ‚100 Girls‘ geworben, also ‚100 Mädchen‘. Ein ‚Mädchen‘ ist eine nicht erwachsene Person weiblichen Geschlechts. Absurderweise kommt es vor, dass neben der Bordellwerbung ein Plakat hängt mit dem Aufruf: ‚Keine Gewalt gegen Mädchen!’ Gewalterfahrungen oder sexualisierte Gewalt sind jedoch häufig der Einstieg in die Prostitution. Die Auswirkungen, die Bordellwerbung haben kann, erlebe ich nicht selten in der Bahn: Hier verfolge ich unfreiwillig Gespräche, in denen Schüler darüber diskutieren, ob sie sich von fünf Euro lieber „einen Burger holen oder sich einen blasen lassen“. Warum unterstützt die Stadt Duisburg mit der Zulassung dieser Werbeplakate die frauenverachtende Prostitutionsindustrie?“

Eine gute Frage. Das fand auch die Duisburger Gleichstellungsbeauftragte Doris Freer, an die der OB die Protestmail weitergeleitet hatte. Die kam ihr gerade recht. Denn soeben hatte auch Freer, die seit Jahren mehr oder weniger erfolglos gegen die Bordell-Plakate gekämpft hatte, beschlossen, dass nun schärfere Geschütze aufgefahren werden müssten. In einem Brief an den Vermarkter der städtischen Werbeflächen, die stadteigener Kontor GmbH, hatte die Gleichstellungsbeauftragte geklagt: „Sexistische Werbung und die Darstellung der Frau als käufliche Ware hat durch die immer stärker um sich greifende Bordellwerbung einen Höhepunkt erreicht.“ Diese „Abwertung der Frau läuft massiv allen Konzepten der Gleichberechtigung der Frauen zuwider und verstößt in grober Weise gegen das Gleichheits- und Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 des Grundgesetzes.“

Schon am nächsten Tag traf sich Doris Freer mit Silke Hillebrecht und lud sie dazu ein, ihr Anliegen auf der Frauenkonferenz vorzutragen. Das tat die mit der ihr eigenen Verve. „Das gab einen Riesenjubel!“ erzählt die Gleichstellungsbeauftragte. Und so beschloss das Frauennetzwerk, bestehend aus 260 Mitgliedern von Kirche bis Gewerkschaft, mit der „Maximalforderung“ anzutreten: Weg mit der Bordellwerbung, und zwar komplett!

Der Beschluss hat erste Folgen: Als zum Jahreswechsel ein neuer Vertrag mit dem Vermarkter der städtischen Werbeflächen anstand, wurde aufgenommen, dass Bordellwerbung in der Duisburger Innenstadt und vor Schulen und Kindergärten nicht mehr zulässig ist. „Das haben wir doch schonmal ganz gut hingekriegt!“, findet Gleichstellungsbeauftragte Freer. Bürgerin Silke Hillebrecht ist aber noch nicht ganz zufrieden. „Es geht mir ja nicht darum, Prostitution aus meinem Sichtfeld zu verbannen“, erklärt sie. „Es muss eine grundsätzliche Ächtung der Prostitution geben.“

Das findet auch Beate Müller in Trier. „Das Problem ist doch: Wenn ich Prostitution als legale Handlung definiere, kann ich auch dafür werben. Deshalb wird sich nur etwas ändern, wenn sich die Gesetzeslage ändert.“

Und so lange das nicht passiert, wird es weiterhin so abenteuerliche Possen geben wie die, die der Deutsche Werberat angesichts einer Bordellwerbung in München vollführte. Am Marienplatz, also im ehrwürdigen Herzen der Stadt, sowie am S-Bahnhof des Flughafens hatte eine Dame in Dessous für das Bordell „Mon Chérie“ geworben. Slogan: „Sie lieben Obst? Hier findet Man(n) die heißesten Früchtchen der Stadt“. Zu diesen „Früchtchen“ gehören laut Bordell-Website „Diana mit den Hammerbrüsten“ aus Prag oder Claire, die „devote Lehrerin aus Bratislava“.

Der von empörten Bürgerinnen und Bürgern vielfach angerufene Werberat aber stellte sich taub. Und das, obwohl das Selbstkontroll-Gremium der Werbewirtschaft in seinen Richtlinien klar und deutlich den Grundsatz verankert hat: „In der kommerziellen Werbung dürfen keine Aussagen oder Darstellungen verwendet werden, die den Eindruck erwecken, Personen seien käuflich zu erwerben, (...) die Personen auf ihre rein sexuelle Funktion reduzieren und/oder deren ständige sexuelle Verfügbarkeit nahelegen.“ Auf der Basis dieser Statuten müsste der Werberat Werbung für Prostitution klipp und klar rügen.

Aber nichts geschieht.

Denn, so der Werberatsvorsitzende, Bordellwerbung sei eben „Ausdruck für einen neuen Zeitgeist.“

Chantal Louis

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