Bonham-Carter: Die Exzentrikerin

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Natürlich spielt sie in der Gaunerinnenbande die Modedesignerin. Nicht die coole Hackerin, nicht die feinmoto­rische Juwelierin, nicht das geniale Mastermind. Nein, Helena Bonham Carter ist die Exaltierte mit dem schrillen Blumenbouquet auf dem wild auftoupierten Haar. Die mit dem ­arroganten „So-kann-ich-nicht-arbeiten“-Gesichtsausdruck. Die, die hinter ihrem Hochmut zu verbergen versucht, dass sie in Wahrheit reichlich angeschlagen ist.

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Helena Bonham Carter gibt also mal wieder die Exzentrikerin vom Dienst. Das tut sie quasi immer: zum Beispiel als Hexe Bella­trix Lestrange in „Harry Potter“, als Rote Königin in „Alice im Wunderland“ oder in diesem Frühjahr als die psychisch kranke Eleanor Riese in „Eleanor & Colette“. Und jetzt also die Rose in „Ocean’s 8“. ­Ehemals in der Welt der Reichen und Schönen unterwegs, ist die Modedesignerin inzwischen abgehalftert und dermaßen überschuldet, dass sie das Angebot der Meisterdiebin Debbie Ocean annimmt, bei einem 150-Millionen-Dollar-Superraub mitzumachen.

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Die Rolle der Rose ist Helena Bonham Carter aber nicht nur deshalb auf den Leib geschrieben, weil sie ihrer Sammlung schräger Rollen eine weitere hinzufügt. Sondern auch, weil die Schauspielerin bekennende Feministin ist. Und als solche ist sie natürlich ­begeistert von der Filmidee: Debbie Ocean ist die Schwester von Danny Ocean – genau, der aus der Gauner-Klamotte „Ocean’s 11“. Und ganz wie ihr Bruder versammelt sie für ihren Coup eine Truppe Spezialisten. Nur, dass Debbie’s Achterbande eine Girl Gang ist.

Nach der Blockbuster-Trilogie „Ocean’s 11“, „Ocean’s 12“ und „Ocean’s 13“ mit George Clooney und seinen Mannen wagt Holly­wood jetzt also, die gesamte Gangster-Riege mit Frauen zu besetzen. Statt Clooney, Pitt, Damon & Co rauben in „Ocean’s 8“ Bullock, Blanchett, Rihanna & Co. Und eben Helena Bonham Carter als Quoten-Britin.

Natürlich solle der Film „Spaß machen“, sagt Bonham Carter. „Aber darüber hinaus hat er eine politische Aussage: Wir Frauen können die gleichen Geschichten erzählen. Ohne euch!“ Noch nie habe sie „in einem Film mit acht weiblichen Hauptrollen mitgespielt. Aber die Zeit ist jetzt reif.“

Als die Dreharbeiten starteten, waren Weinstein-Skandal und #MeToo noch nicht in Sicht. Aber Helena Bonham Carter findet, dass die Debatte „der absolut richtige Kontext“ für den Frauenfilm ist. Denn da gehe es nicht nur um sexuelle Belästigung, sondern auch um die Frauenrolle allgemein. „Natürlich werden wir Schauspielerinnen immer über unseren Arsch und unsere Brüste definiert“, sagt sie. „Wir prostituieren uns auf dem roten Teppich. Wir ziehen ein tolles Kleid an und dann verkaufen wir die Filme irgendwelcher Männer.“

Als Helena Bonham Carter 1986 ihre erste Hauptrolle spielte, war sie erst 19 und prädestiniert dafür, in der Film-Machowelt unter die Räder zu kommen. Dass sie nach eigenem Dafürhalten „unbeschadet“ geblieben ist, mag zum einen daran liegen, dass die Ivory-Verfilmung „Zimmer mit Aussicht“ ein großer Erfolg war. Der Film machte die Schauspielerin mit einem Schlag bekannt, so dass „eher ich es war, die Bedingungen stellen konnte“.

Bonham Carter - Foto: Crowder/Legge/Getty Images
Bonham Carter - Foto: Crowder/Legge/Getty Images

Was vermutlich ebenfalls half: Die in London geborene 52-Jährige stammt aus hohem Hause. Ihr Urgroßvater väterlicherseits war der britische Premierminister Herbert Asquith, ihre Großmutter ­Violet Asquith kämpfte in den 1920ern in der „Women’s Liberal ­Federation“ für Frauenrechte. Vater Raymond vertrat die „Bank of England“ beim Internationalen Währungsfonds. Mütterlicherseits geht die Linie zurück zur französischen Rothschild-Dynastie.

Helena selbst besuchte eine private Mädchenschule. Als sie fünf Jahre alt war, erlitt ihre Mutter Helen einen psychischen ­Zusammenbruch. Drei Jahre brauchte sie, um sich zu erholen. Die Tochter erinnert sich an diese Jahre als Zeit der „Trostlosigkeit“. Aber sie ist auch voller Bewunderung für die Mutter, die aus ihrem Absturz „etwas Positives machte“: Sie wurde Psychotherapeutin. Bis heute ist sie ihrer Tochter die wichtigste Ratgeberin, wenn die sich auf eine neue Rolle vorbereitet: „Wir tun beide das gleiche: Wir versuchen, Menschen zu verstehen.“

Helena ist 13, als ihr Vater nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt im Rollstuhl sitzt. Bis zu ihrem 30. Lebensjahr bleibt die Tochter im Elternhaus, um ihre Mutter bei der Pflege des Vaters zu unterstützen. Aus alledem resultiert ein Rollen-Tableau zwischen Aristokratie und Abgründigem. Schon in ihrem ersten Kinofilm „Lady Jane“ spielt Helena Bonham Carter eine Königin, die 17-jährige Lady Jane Grey. Immer wieder folgen adelige Damen in Kostümfilmen und 2010 schließlich die junge Queen Mum an der Seite von Colin Firth in „The King’s Speech“. Dafür bekommt Bonham Carter eine Oscar-Nominierung und wird von der Queen für ihre „Leistungen für den britischen Film“ zum „Commander of the Most Excellent Order of the British Empire“ ernannt. Schon ein Jahr zuvor hatte die Times Helena Bonham Carter in die Riege der zehn besten britischen Schauspielerinnen aller Zeiten aufgenommen. Seither spielt sie in einer Liga mit Judi Dench und Helen Mirren.

Dennoch ist Bonham Carter, die mit ihrer Vogelnest-Frisur immer ein wenig verzottelt aussieht, stets die Frau fürs Schräge geblieben. 13 Jahre lang war sie mit Regisseur Tim Burton liiert, dem Mann fürs fantasievoll Böse. Mit ihm hat sie zwei Kinder und spielte in vielen seiner Filme mit, von „Big Fish“ bis „Charlie und die Schokoladenfabrik“.

2015 spielte Bonham Carter in „Suffragette“ die Frauenrechtlerin Edith Ellyn, die ihre Kampfgefährtinnen in Selbstverteidigung unterrichtet. Und jetzt also die Rose in „Ocean’s 8“. „Wir machen jetzt, was die Männer machen“, sagt Bonham Carter. „Und das macht Spaß!“ Anders und ganz unaristokratisch ausgedrückt: „Wir übernehmen den Laden jetzt, verdammt noch mal!“

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Ghostbusters: Frauen nicht witzig?

Who you gonna call?
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Selbst wenn das Ghostbusters-Remake so schlecht wäre, wie einige Kritiker behaupten, es hätte sich trotzdem schon jetzt gelohnt! In Amerika ist der Film angelaufen, in Deutschland startet er jetzt – und die Reaktionen, die sind ganz großes (Männer)Kino. Dank Ghostbusters haben wir mal wieder besser verstanden, wie es so steht um die Gleichberechtigung.

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Die Feminazis haben meine Kindheits-
erinnerung ruiniert!

Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Es gibt ein Remake der Ghostbusters-Kultfilme aus den 1980ern. Das Setting: Vier geisterjagende Vollnerds retten die Welt vor einer massenhaften Invasion von übersinnlichem Allerlei, meist sehr bunt, sehr übellaunig und sehr schleimig. Nur eine Kleinigkeit, die ist im Jahr 2016 anders. Peter Venkman, Raymond Stantz, Egon Spengler und Winston Zeddemore heißen jetzt: Abby Yates, Erin Gilbert, Jillian Holtzmann und Patty Tolan. Who you gonna call? Die Geisterjägerinnen!

Alleine die Bekanntgabe der weiblichen Hauptdarstellerinnen reichte in Amerika aus, um selbsternannte „Ghostbusters-Puristen“ zum Ausflippen zu bringen. Und zwar auf die Art und Weise, wie dreijährige Jungs ausflippen, wenn ihnen im Sandkasten ein Mädchen das Schippchen klaut. WÄHHHHHHHHHHHHH!!!!

„Der Film stinkt nach Feminismus!“ – „Das werde ich mir niemals ansehen!“ – „Frauen sind nicht witzig, warum spielen sie in Komödien mit?“ – „Furchtbar... Einfach nur furchtbar!“ – „Die Feminazis haben meine Kindheitserinnerung ruiniert!“. So oder so ähnlich klingen die Kommentare unter dem Trailer auf YouTube.

Innerhalb kurzer Zeit katapultierten die wütenden Amerikaner die Filmvorschau unter die am schlechtesten bewerteten Trailer aller Zeiten. Eine Million Mal Daumen runter. Bevor der Film überhaupt angelaufen war, fluteten sie zudem die Online-Filmportale mit Negativbewertungen. Das Statistik-Portal „FiveThirtyEight“ hat sich kürzlich die Mühe gemacht, sich diese Vorbewertungen auf der „Internet Movie Database“ mal anzusehen. 7.500 Männer gaben dem Film nur drei, 1.500 Frauen sieben Punkte.

Wen wundert dieser Geschlechter-Gap? Klar, auch Frauen sind Fans der Kultfilme von einst. Und auch Frauen sind mit der dazugehörigen Zeichentrickserie groß geworden (wie die Autorin dieses Textes). Und trotzdem könnte es ja rein theoretisch sein, dass Frauen es nett finden, wenn sie in einem solchen Kultfilm nicht immer nur die Nebenrolle spielen müssen - in diesem Fall als nervige Sekretärin oder geisterbesessene Liebhaberin.

Aber das ist, und das hat die Neuverfilmung von „Ghostbusters“ uns sehr anschaulich vor Augen geführt, auch im Jahr 2016 scheinbar noch zu viel verlangt. Denn seit der Film in Amerika angelaufen ist, eskaliert der Hass gegen die Hauptdarstellerinnen erst recht – vor allem gegen die schwarze Leslie Jones. Sie wird auf Twitter als „King-Kong“, „Affe“ und „Orang-Utan“ beschimpft.

Die Jungs hocken also seit Jahrzehnten mit ihrem roten, ihrem grünen, ihrem gelben und ihrem blauen Schippchen im Sandkasten, sprich: sie haben viel mehr Schippchen, als sie benutzen können – und geben den Mädchen trotzdem keins ab. Und sollte ein Mädchen Anspruch erheben, schlagen sie mit ihrer Schippe einfach zu.

Der Film stinkt nach Feminis-
mus! Werde ich 
mir nie ansehen!

Dass es überhaupt zu einer weiblichen Besetzung des Films kam, haben wir übrigens einem Mann zu verdanken: Regisseur Paul Feig. Als Sony wegen des Films an ihn herantrat, hatte er nur eine Bedingung: Er wollte den Film mit „den lustigsten Frauen besetzen, die ich kenne!“ Feig, der unter anderem Klamauk-Blockbuster wie „Brautalarm“ und „Spy – Susan Cooper Undercover“ gedreht hat, hatte dafür auch eine Erklärung: "Ich kann mich mehr mit Frauen identifizieren, weil ich mit so vielen Typen aufgewachsen bin, die mich gehänselt haben. Als meine Karriere dann ihren Lauf nahm, ist mir aufgefallen, dass Frauen nicht lustig sein dürfen."

Feig kritisiert darüber hinaus, dass die Filmindustrie lange Zeit nur männliche Konsumenten vor Auge gehabt hätte. Jungs, die, so formuliert es der Regisseur, „ihre Mütter hassen und Mädchen zwar mögen, aber nicht mit ihnen rumhängen wollen.“ Genau das will Feig ändern.

Ob dem Regisseur das im Fall von „Ghostbusters“ gelungen ist, können wir jetzt im Kino sehen. Reingehen, Mädels!

Alexandra Eul

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