Malaysia: Lesben verurteilt

Die verurteilten Frauen in Malaysia auf dem Weg zum öffentlichen Strafvollzug.
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Am 8. April 2018 wurde ein Frauenpaar beim Sex im Auto erwischt. Sie wurden festgenommen und mussten am 12. August vor dem zuständigen Scharia-Gericht im malaysischen Bundesstaat Terengganu aussagen. In Malaysia sind „homosexuelle Handlungen“ verboten und werden mit Haft von bis zu drei Jahren bestraft.

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Die 22- und 32-jährigen Frauen bekannten sich vor dem Religionsrichter als „schuldig.“ Die verhängte Strafe hat es in sich: Jeweils sechs Stockhiebe, vier Monate Haft und ein Bußgeld von je 3.300 Ringgit (rund 700 Euro). 

Am 3. September wurden die Stockhiebe vollzogen – obwohl NGOs wie Amnesty International Malaysia aufforderten, auf die Strafe zu verzichten. Stockhiebe seien Folter und verletzen ebenfalls die Menschenwürde. Weitere zehn NGOs kritisierten das Urteil. Einvernehmlicher Sex zwischen Erwachsenen dürfe nicht kriminalisiert werden. „Es ist ein schrecklicher Tag für LGBTI-Rechte und die Menschenrechte in Malaysia“, befand Rachel Chhoa-Howard von AI. 

„Schrecklicher Tag für LGBTI-Rechte in Malaysia."

Malaysische BürgerrechtlerInnen berichten über eine zunehmende Intoleranz gegenüber der LGBT-Gemeinde in den vergangenen Monaten. Das Urteil heize die Homophobie auf der südostasiatischen Halbinsel mit ihren 31 Millionen Einwohnern nur noch mehr an, befürchtet Human Rights Watch.

In Malaysia werden Vorwürfe der Homosexualität auch gerne zu politischen Zwecken missbraucht. So wurden dem ehemaligen Oppositionsführer Anwar Ibrahim, der sich gegen einen „islamischen Staat Malaysia“ aussprach, homosexuelle Handlungen unterstellt. Er wurde zwei Mal zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Anwar Ibrahim ist mit einer Politikerin verheiratet.

Malaysia ist eine Wahlmonarchie. Rund 60 Prozent der Bevölkerung Malaysias ist muslimisch. Laut Verfassung sind alle Malaien von Geburt an Muslime.

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Ana Brnabić: Sie spielt mit

Foto: Imago/Xinhua
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Sie kann so streng schauen, dass das Gegenüber eingeschüchtert ist. Sie ist stets bestens vorbereitet, argumentiert Punkt für Punkt: „Erstens“, sagt Ana Brnabić gerne und dann: „Und zweitens“. Alles signalisiert: „Obacht, mit mir ist nicht zu spaßen!“

Die neue Premierministerin von Serbien ist eine mediale Sensation. Nicht zuletzt, weil sie bekennend homosexuell ist – und das in dem traditionell tief patriarchalen Serbien. Aber Experten bezweifeln ihre Macht. „Ihre Ernennung bringt internationale Aufmerksamkeit für Präsident Aleksandar Vučić“, kommentierte der Politologe Boban Stojanović. „Aber sie hat keinen Einfluss auf die anderen Minister und so wird er die Kontrolle behalten.“

Doch wird man Ana Brnabić nicht gerecht, wenn man sie als PR-Idee des eher autokratisch regierenden Vučić abtut. Brna­bić ist nicht einmal Mitglied der regierenden Fortschrittspartei und sie möchte es auch nicht werden. Wäre sie ein Mann, würde ihr nicht einmal vorgeworfen werden, unter dem beinahe allmächtigen Präsidenten Aleksandar Vučić kaum etwas zu sagen zu ­haben. Denn das ist in Serbien ohnehin logisch.

Brnabić wurde 1975 in Belgrad geboren und machte ihren Master in Marketing an der Universität in Hull/Großbritannien. Sie arbeitete über zehn Jahre für lokale Verwaltungen in Serbien, internationale Organisationen und ausländische Investoren. Auch deshalb gilt Brnabić als die „Vertreterin der Amerikaner“ in der serbischen Regierung. Jedenfalls setzt sie sich dafür ein, Serbien möglichst schnell in die EU zu bringen. Sie steht symbolhaft für eine Abwendung vom russischen Einfluss, auch wenn sie fließend Russisch spricht.

Im serbischen Parlament wird die 42-Jährige von Männern als „Fräulein“ angesprochen. Vor allem ältere Männer dozieren gerne, wenn sie mit ihr sprechen. Die serbische Politik kann äußerst ­aggressiv und übergriffig sein. Brnabić wurde auch vorgeworfen, dass sie kroatische Wurzeln hat – für nationalistische Serben sind Kroaten Feinde. Behauptet wurde auch, sie sei eine Freimaurerin oder sie würde die nationale Sache nicht verteidigen.

Brnabić reagiert professionell auf solche Provokationen, sie beantwortet nur legitime Fragen. Dabei steht sie breitschultrig und aufrecht da. Und sie lächelt praktisch nie. Stattdessen wiederholt sie immer wieder: Es gehe darum, konstruktiv, flexibel, effizient und tolerant zu sein. Sie möchte auch nicht als ­„homosexuelle Premierministerin“ abgestempelt werden, „so wie meine Kollegen nicht als heterosexuelle Minister bezeichnet werden wollen“.

Die serbische Gesellschaft ist im Vergleich zu Westeuropa stark homophob. Laut einer Studie des National Democratic Insti­tute (NDI) vom Vorjahr berichten Dreiviertel der Lesben und Schwulen in Südosteuropa, sie seien schon verbal angegriffen worden, ein Viertel erlebte physische Gewalt, die Hälfte ­berichtet von Diskrimierung in der Schule oder am Arbeitsplatz.

Laut der Umfrage würden nur zwölf Prozent der Befragten in Serbien eine homosexuelle Tochter oder einen Sohn akzeptieren; 48 Prozent würden versuchen, ihr Kind von Homosexualität zu „heilen“. 38 Prozent der serbischen Bevölkerung glauben bis heute, dass Homosexualität eine Krankheit sei. 73 Prozent sind strikt gegen eine Homo-Ehe.

Angesichts dieser Stimmung ist es verständlich, dass Brnabić nichts über ihr Privatleben preisgibt. Sie geht zwar auf die Gay-Prides in Belgrad, setzte sich aber bisher nicht für mehr LGBT-Rechte ein. Zu Beginn ihrer politischen Karriere – Brnabić war zuvor Verwaltungsministerin – wurde sie von dem LGBT-Medium Gay Echo noch zur „Gay-Ikone“ ernannt. Heute fällt das Urteil nüchterner aus. „Kurzfristig und mit beschränktem Einfluss hat Brnabićs Ernennung eine wichtige landesweite Diskussion über LGBT-Personen und ihre Stellung hervorgerufen“, ist der Menschenrechtler Saša Gavrić überzeugt. „Jede serbische Familie, Freundesclique und jeder Stammtisch muss jetzt darüber reden.“

Brnabić interessiert sich vor allem für Verwaltungsreformen, für mehr Investoren und die Senkung des Budgetdefizites. Wenn sie vor dem Parlament steht und erklärt, wie wichtig die Digitalisierung für Serbien sei, und dass es darum gehe, die ­Bürokratie einzudämmen, ist sie in ihrem Element.
Sie hat ihren politischen Fokus völlig auf Wirtschaftswachstum und Effizienz ausgerichtet. Was bei Serbiens starkem völkischen Nationalismus, plus Arbeitslosigkeit und Armut, sinnvoll ist. Die Frau, die meistens lässig – in Hemd, Sakko und Hosen und mit straff zurück gekämmten Haaren – auftritt, ist eher eine Expertin als eine Politikerin.

Manche fürchten, sie würde nun Vučićs bedenkliche Machtfülle kaschieren und die starke Homophobie in Serbien nur „rosa waschen“. Präsident Vučić sagt über seine Premierministerin, sie sei „so nett und entzückend“. Und: „Es gibt keinen Fleck in ihrem Lebenslauf.“
Doch viele Spitzenpolitiker finden, sie selbst und nicht die parteilose Expertin hätten den Posten kriegen sollen. Das Kabinett Brnabić hat 22 Mitglieder, vier davon sind Frauen.

Adelheid Wölfl

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