Fliegen mit den „Flying Lesbians“
Die Gründung der „Flying Lesbians ist eigentlich einer Katastrophe zu verdanken: Am 11. Mai 1974 sollte in der Berliner Technischen Universität die „Rockfete im Rock“ starten – das erste exklusive Frauenfest Deutschlands. Exklusiv heißt: ohne Männer. Was heute völlig normal ist, war damals eine Riesensache. Umso größer das Drama, als die damals berüchtigten Slits aus London (Frauenbands gab’s damals in Deutschland noch nicht) 48 Stunden vor dem Fest absagten. Das war die Geburtsstunde der Flying Lesbians.
Kurzerhand taten sich spontan sechs Hobby-Musikerinnen zusammen, um auf der „Rockfete im Rock“ zu spielen. Ein Jahr später erschien ihre LP mit Songs, die schnell zu Kultliedern wurden. Sie hießen „Frauen Erhebt Euch“, "Matriarchats-Blues“ oder „Wir sind die homosexuellen Frauen“: „Wir sind die homosexuellen Frauen/bis vor kurzem sah man uns nicht/doch jetzt kommen wir ans Tageslicht/jetzt überseht ihr uns nicht/wir kommen ans Licht“.
Stolze 17.000 Mal verkaufte sich die Platte, die Flying Lesbians spielten auf zahlreichen Festivals und machten Schlagzeilen von Finnland bin in die USA. „Jeder Song reflektiert eine wichtige Idee, Kritik oder ein Problem, das gerade in den Frauenzentren oder Projektkollektiven abgehandelt wird, oder über das in den Kneipen gesprochen wird“, schrieb die Feministische Zeitschrift Off Our Backs.
Nach drei Jahren lösten sich die Flying Lesbians 1977 auf. 39 Jahre später kommen drei der Band-Musikerinnen noch einmal zusammen: Am 5. November um 19 Uhr laden Cillie Rentmeister (Keyboard), Monika Mengel (Bass) und Danielle de Baat (Gitarre) zum „Flying Lesbians Sing-Along & Talk“ in Berlin ins „Schwule* Museum“.
Dort läuft seit Sommer die Ausstellung „Radikal – Lesbisch – Feministisch“ (EMMA 4/18). Die Pionierinnen von damals erzählen die Geschichte des Aufbruchs der homosexuellen Frauen: Die hatten sich zunächst in der „Homosexuellen Aktion Westberlin“ (HAW) mit den Männern zusammengetan und bezeichneten sich als „schwule Frauen“. Bald begriffen sie, dass es mit den schwulen Brüdern weniger Gemeinsamkeiten gab als mit den feministischen Schwestern. Aus den „schwulen Frauen“ wurden die Gründerinnen des „Lesbischen Aktionszentrums“ (LAZ).
Die sehenswerte Ausstellung zeigt die Kämpfe der homosexuellen Frauen: das Kiss-in am Ku’Damm, die Proteste im Gerichtssaal beim Ihns-Andersen-Prozess, die erste TV-Dokumentation über lesbische Frauen („Und wir nehmen uns unser Recht“), das berühmte internationale Frauenzeltlager auf der dänischen Insel Femo. Ebenfalls zu sehen: die echten Instrumente der Flying Lesbians vor einem beeindruckenden Foto: dem Blick von der Bühne des Frauenfestivals Kopenhagen auf sage und schreibe 30.000 Zuschauerinnen.
www.schwulesmuseum.de/ausstellung/radikal-lesbisch-feministisch/