Die Angst ist da!
Der Text über die Nöte der Frauen in Chemnitz hat mir sehr, sehr gut gefallen! Ich danke EMMA dafür, dass den Frauen eine Stimme gegeben wurde. Das ist der wahre Journalismus, den Sie betrieben haben, Annika Ross: Hingucken, zuhören, aufnehmen, nachspüren, Geschichten erzählen lassen, sie weitererzählen. Die Journalisten, die immer draufhauen und alle in einen Sack stecken, die sind populistisch. Und keine guten Journalisten, keine kritischen.
Ich war immer links und pazifistisch und natürlich in jeder Hinsicht politisch korrekt. Jetzt bin ich es nicht mehr – denken andere. Aber ich bin es!
Was mein Leben (zu meiner Wut!) seit einiger Zeit überschattet, das ist Angst. Ich habe eine Tochter, eine fabelhafte junge Frau, 21 Jahre alt, sehr klug, auch eine Feministin, sie studiert in Jena. Ich bin in Sorge um sie. Neulich war Zwiebelfest in Weimar, ein Pärchen schlenderte über das Fest. Die Frau wurde von einer Gruppe von Flüchtlingen sexuell belästigt, ihr Freund wollte sie verteidigen, er wurde verprügelt.
Im politisierten Islam, wie ihn auch Alice Schwarzer kritisiert, gibt es eine Frauenverachtung, die mir die Luft abschnürt. Ich kann mich mit keiner meiner linksintellektuellen, Die Zeit-lesenden Freundinnen darüber austauschen. Aus deren Sicht bin ich einem „Rechtsruck“ gefolgt und eine arme, aber zugleich gefährliche Wurst.
Ich habe neulich ein Mädchen kennengelernt, Fuada, 12 Jahre alt, ich werde sie unter meine Fittiche nehmen. Sie ist aus Syrien, sie wird von ihrem Bruder geschlagen, weil er nicht will, dass seine Schwester in die Schule geht. Er möchte sie verheiraten. Und er möchte, dass sie ein Kopftuch trägt. Fuada will das nicht. Sie wehrt sich und wird dafür geschlagen. Sie ist so mutig. Es gibt viele Mädchen wie Fuada und sehr, sehr viele Männer wie diesen Bruder. Die Zeit ist reif: Wir brauchen eine neue Frauenbewegung!
Birgit Ehrenberg, Hamburg