Purl: Pixar goes Feminism?
Schon der Einstieg des neuen Pixar-Kurzfilms spricht Bände: Wir sehen einen gestriegelten, jungen Anzugträger, der im Aufzug darüber referiert, dass Purl ja am qualifiziertesten für den Job gewesen sei. Den Job im Investment bei B.R.O. Capital. Wo bisher nur Bros wie eben dieser gestriegelte Anzugträger arbeiten. Sie lachen schallend über flache Witze, debattieren aggressiv in Meetings, gehen abends gemeinsam auf einen Drink und sehen alle gleich glatt aus.
https://www.youtube.com/watch?v=B6uuIHpFkuo
Schwenk auf den neuen B.R.O.-Kollegen Purl - der eine Kollegin ist. Genauer: ein kreischrosafarbenes Wollknäuel mit großen Kulleraugen und viel Enthusiasmus. Neu im Büro, dekoriert Purl als erstes ihren Schreibtisch mit (gestrickten) Blümchen, Puschelstiften und dem ebenso eingehäkelten Laptop - und das alles auf einer lilafarbenen Strickdecke. Die Kollegen tuscheln schon.
Purl merkt schnell: Es läuft nicht. Über ihre Witze lacht niemand, in der Besprechung findet man ihren versöhnlichen Vorschlag „zu soft“ und zum Lunch wird sie auch nicht mitgenommen. Sodann entscheidet sich das Knäuel zu einem Schritt, der sicher vielen Frauen nicht fremd ist. Sie wird one of the guys. Mit den bekannten Konsequenzen.
https://www.youtube.com/watch?v=7nK6mSsO6M8
„Purl“ ist unter den ersten drei Produktionen für die neue Reihe „Pixar SparkShorts“, in der sich vielversprechende Talente ausprobieren dürfen. Das vielversprechende Talent hinter Purl heißt Kristen Lester. Der Film beruht auf ihren eigenen Erfahrungen in der Animations-Branche, erzählt sie. „Bei meinem ersten Job war auch ich die einzige Frau weit und breit. Und anstatt das zu tun, was ich liebe, habe ich versucht, so wie diese Typen zu sein.“ Erst als sie zu Pixar gewechselt sei, habe sie angefangen, in Frauen-Teams zu arbeiten. Und „da ist mir dann klar geworden, wie viele Teile meiner weiblichen Persönlichkeit ich eigentlich begraben und zurückgelassen hatte.“
Aber warum bloß ein rosa Wollknäuel? Ist das nicht ein totales Klischee für die angebliche „Weiblichkeit“? Lester hatte jedoch keine Strick-Abende am Kamin im Kopf, als sie die putzige Purl entwarf. Sondern Guerilla-Stricken, eine Methode, mit der Menschen Objekte im öffentlichen Raum umstricken, um „sie komplett aus ihrem Kontext zu reißen“, so Lester. Mehr noch: „Aus Wolle kann man einfach alles machen“. Und Purls Wandelbarkeit ist ja auch ganz wesentlich für den Pixar-Kurzfilm.
https://www.youtube.com/watch?v=UwLZ1apzGnI
Die Botschaft mag dann am Schluss nicht so überraschend sein. Aber dass das Animations-Studio aus dem Disney-Kosmos bei der neuen Reihe gleich ein feministisches Thema nach vorne bringt, ist schon eine Ansage. Wir erinnern uns: Pixar haben wir auch die allererste emanzipierte Disney-Prinzessin zu verdanken, nämlich Merida. Und eine Story, bei der es ausnahmsweise mal nicht darum ging, einen Prinzen zu bekommen, sondern um eine starke Mutter-Tochter-Geschichte. Wir sind schon gespannt auf Kristen Lesters Langfilm.