Prostitution: Skandal in der Schweiz
Die Welt fand das lange lustig, dass eine „Sexarbeiterin“ bzw. „High-Class-Escort“ höchst zweifelhafte Plaudereien für sie schrieb (unter anderem auch über Alice Schwarzer, klar). Unter dem Pseudonym Salomé Balthus betreibt sie den Luxus-Escort-Service „Hetaera“, in dem sich Frauen à 1.000 Euro für zwei Stunden anbieten, „overnight“ 3.000 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Angeblich prostituiert sie sich auch noch selber. Auf jeden Fall lässt sie andere Frauen für sich arbeiten.
Der Schweizer Moderator Roger Schawinski lud nun das „Vögelchen“ in seine Sendung ein – und konfrontierte Balthus souverän und fundiert vorbereitet u.a. mit einer delikaten Frage: Ob auch sie als Kind Missbrauchserfahrungen gemacht habe, wie so viele Prostituierte.
Dabei berief Schawinski sich auf eine Aussage von Alice Schwarzer, die im Schweizer Fernsehen vor einigen Jahren gesagt hatte: „Wir wissen aus den Lebensläufen, dass eine überwältigende Mehrheit der Frauen, die ‚freiwillig‘ in der Prostitution sind, das heißt, die nicht von Schleppern aus Bulgarien gebracht werden oder von ihren Familien hierhin geschickt werden und immer anschaffen müssen… dass die noch häufiger als im statistischen Durchschnitt in der Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren haben.“
Die direkte Frage von Schawinski in der Live-TV-Sendung, ob auch sie Missbrauch erfahren habe, warf das „Kanarienvögelchen“ so aus der Bahn, dass sie sich auf dem Rückweg am Flughafen hemmungslos betrunken haben soll, berichtet die Schweizer Presse. Vielleicht hatte sie ja noch Alkohol im Blut, als sie den Text für die Welt verfasste. Darin zitierte sie sowohl Schawinski wie Schwarzer verkürzt und falsch (der Text steht nicht mehr online). Schawinski beschwerte sich beim Welt-Chefredakteur Poschardt - und der regelte die Sache umgehend unter Männern. Das Vögelchen flog.
Die Realität interessiert die Ideologinnen offensichtlich nicht, aus gutem Grund: Sie verdienen an den Frauen in der Prostitution.
Folgt ein Aufschrei der Pro-Prostitutionsfront in Deutschland und der Schweiz. Die hat sich zwar noch nie darüber aufgeregt, dass eine Profiteuse wie Balthus (Betreiberin eines Escort-Services!) auf allen Wellen Werbung macht für das Gewerbe. Dafür beklagen die Damen, von den Schweizerinnen Claudia Schumacher und Simone Meier bis zu der Deutschen Margarete Stokowski, jetzt lautstark den Rauswurf der Welt-Kolumnistin („Ich bin Philosophin und Sexarbeiterin“) und wittern ein sexistisches Männerkomplott.
Eine „Sprecherin“ der „Sexarbeiterinnen-Beratungsstelle FIZ“ in Zürich ging weit. „Was Alice Schwarzer da sagte, ist eine reine Behauptung“, erklärte Rebecca Angelini im Blick. „Schwarzer hat diese Aussage auch nie mit Zahlen gestützt. Und auch mir wäre keine seriöse Studie bekannt, die dies belegen würde.“
Nie mit Zahlen belegt? Keine seriösen Studien? Dass eine Frau, die in einer Beratungsstelle für Prostituierte arbeitet, die wichtigsten internationalen Studien noch nicht einmal kennt, ist beunruhigend. Zum Beispiel die empirische Studie von Farley/Barkan von 1998, die belegt, dass 57 Prozent der befragten Frauen in der Prostitution in ihrer Kindheit sexuelle Misshandlungen erlitten hatten. Oder die Studie von Bagley von 1991, die sogar von 75 Prozent in der Kindheit Missbrauchten ausgeht. Und die Studie von Phoenix aus dem Jahr 2000, die nachwies, dass 66 Prozent aller Prostituierten in ihrer Kindheit Gewaltopfer geworden sind, jede zweite davon „häufig“. Undsoweiter undsofort. Das alles seit 2004 nachzulesen in einem Report des deutschen Bundesfrauenministeriums. Und das Ministerium selber resümiert seinen Report mit den Worten: „Wir können davon ausgehen, dass die massiven Gewalterfahrungen in Kindheit und Jugend der Befragten und das hohe Ausmaß an späteren Gewalterfahrungen im Erwachsenenleben auch, aber nicht nur, im Kontext der Prostitution zu einem Kontinuum von Gewalt durch alle Lebensphasen hindurch beiträgt, das sich auf die seelische und körperliche Gesundheit der Befragten in hohem Maße schädigend auswirkt.“
Doch die Realität interessiert diese Ideologinnen offensichtlich nicht, hat sie noch nie. Aus gutem Grund: Sie verdienen an den Frauen in der Prostitution, sei es als Escort-Betreiberin oder auch als Verwalterinnen der „Sexarbeiterinnen“.
Balthus selber bezeichnete sich in der Schweizer TV-Sendung als „Kommunistin“ und „Feministin“ (an der Stelle musste selbst Schawinski lachen). Die Prostitution mache ihr Spaß, behauptete sie. Mit manchem ihrer „Kunden“ würde sie sogar gerne ihren Geburtstag feiern.
Vielleicht hätten sie und ihre Prostitutions-Freundinnen sich mal anhören sollen, was die 350 Frauen und Männer aus 20 Ländern Anfang April auf dem „3. Weltkongress gegen Prostitution“ in Mainz zu berichten hatten; darunter viele „Survivor“, wie sich die Überlebenden der Prostitution nennen. EMMA wird in der nach Ostern erscheinenden Ausgabe berichten.