Rackete: #freenippleday
Dass Signora Rackete „ohne BH vor Gericht erschienen ist, ist eine Schamlosigkeit ohne Grenzen!“ empörte sich die konservative Tageszeitung Libero. Daraufhin lancierten zwei Turiner Studentinnen die Aktion #freenippleday und riefen alle Italienerinnen auf, am darauffolgenden Samstag ohne BH auf die Straße zu gehen.
In der linksliberalen La Repubblica erklärten die Initiatorinnen Nicoletta Nobile und Giulia Trivero, man lenke durch Skandalisierung nur von der Politik ab. Und: „Gleichzeitig demütigen sie die Frauen, indem der weibliche Körper dämonisiert wird.“
In der Tat strahlt Carola Racketes Körper eher Gelassenheit und Kraft, ja Freiheit aus. So eine Kapitänin hat auch gar keine Zeit, sich modische Gedanken zu machen und wohl auch wenig Interesse daran. Sie ist für das Leben ihrer Passagiere verantwortlich und muss ein Schiff steuern können. Dass Rackete das kann, hat sie bewiesen.
"Der weibliche Körper wird dämonisiert!"
Die Berlusconi-nahe Libero jedoch vertritt die Auffassung: „Ein bisschen mehr Anstand an einem öffentlichen Ort kann man doch verlangen.“ Von wem? Von Männern wie Berlusconi? Mit ihrem Anstands-Appell sind diese italienischen Tugendwächter ganz dicht bei ihren bärtigen Gleichgesinnten von der anderen Fraktion. Die fordern von den Frauen auch „mehr Sittsamkeit“ und das Bedecken des Körpers.
Fangen wir also wieder bei Null an? Die Legende will, dass die Amerikanerinnen von Women’s Lib Ende der 60er Jahre ihre BHs verbrannt haben. Die bestreiten das und sagen: Das ist ein Klischee. Richtig aber ist, dass die Befreiung vom Korsett eine der ersten Taten der Frauenrechtlerinnen im 19. Jahrhundert war. Und dass auch die Aktivistinnen der Neuen Frauenbewegung den zuvor spitzen und gepolsterten BH naturalisiert oder ganz weggelassen haben. Das war vor 50 Jahren.
Jetzt wird wieder aufgebettet. Von manchen zumindest. Heute gibt es zwei Rolemodels: der androgyne Typ à la Rackete - oder der Lippen und Busen aufplusternde Typ à la Pamela Anderson.
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