Stalking-Paragraf verschärft

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Anrufe oder Nachrichten zu allen Tages- und Nachtzeiten, Verfolgen und Auflauern vor der Wohnung oder dem Arbeitsplatz, Fake-Profile auf Singleportalen, Warenbestellungen unter dem Namen der Opfer, Beleidigungen, Bedrohungen und Nötigungen - Stalking hat viele Gesichter. Die Opfer sind zu 90 Prozent Frauen. Und die Täter werden selten zur Rechenschaft gezogen.

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Die Bundesregierung hat nun eine Gesetzesverschärfung beschlossen, die Stalking vor Ort und digitales Stalking im Netz härter bestraft. Bevor ein Täter nicht physisch gewalttätig wurde, konnten Opfer und Polizei bislang de facto kaum etwas ausrichten, trotz der Verschärfung des Paragrafen von 2007. Bis dahin war Stalking nicht einmal ein Straftatbestand.

Deswegen verschärfen wir den Tatbestand und stellen Opferschutz vor Täterschutz!

Ab sofort werden die Anforderungen an ein „strafbares Verhalten“ von Stalkern herabgesetzt, damit ein schnelleres Eingreifen der Polizei möglich wird. Künftig gilt als Stalking, wenn das Opfer „wiederholt belästigt“ und sein Leben „nicht unerheblich“ beeinträchtigt wird. In der Vergangenheit musste „beharrliches“ Nachstellungsverhalten nachgewiesen werden, das „geeignet“ sei, das Leben des Opfers „schwerwiegend“ zu beeinträchtigen.

Die „schwerwiegende Beeinträchtigung“ legten Staatsanwaltschaften und Gerichte oft so aus, dass ein Stalking-Opfer Wohnort oder Arbeitsstelle wechseln musste, damit der Straftatbestand erfüllt ist. Ließ das Opfer sich jedoch vom Täter nicht einschüchtern und blieb standhaft in seiner Wohnung bzw. am Arbeitsplatz, passierte in der Regel – nichts.

Nun also die weitere Verschärfung. Auch wird der Strafrahmen auf eine Mindeststrafe von drei Monaten und eine Höchststrafe von fünf Jahren ausgeweitet.

Dazu der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak: „Stalking ist eine besonders perfide Tat. Die Opfer sind meistens Frauen. Sie werden psychisch massiv belastet und in ihrer Freiheitssphäre beeinträchtigt. Wir müssen Frauen strafrechtlich besser vor diesen Tätern schützen. Deswegen verschärfen wir den Tatbestand der Nachstellung und stellen Opferschutz klar vor Täterschutz.“

So bleibt Stalking, was Gewalt gegen Frauen viel zu oft ist: Privatsache

Keine Frage, die Verschärfung wird es Frauen leichter machen, Anzeige zu erstatten, schneller handeln zu können - vor allem bei (leichter nachzuweisendem) digitalem Stalking.

Eine wirkliche Reform ist sie jedoch nicht. Die wäre es gewesen, wenn das Prinzip des Gewaltschutzgesetzes gelten würde: Wird die Polizei zu einem Fall von Beziehungsgewalt gerufen, sind die BeamtInnen diejenigen, die den Täter der Wohnung verweisen und Anzeige erstatten. So ist das Opfer entlastet - und kann vom Täter nicht unter Druck gesetzt werden, die Anzeige zurückzuziehen. So bleibt Stalking, was Gewalt gegen Frauen sowieso viel zu oft ist: Privatsache.

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Stalking: Für ein strengeres Gesetz

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Zwar definiert der § 238 StGB, der im März 2007 in Kraft trat, sehr genau, was unter die „unbefugte Nachstellung“ fällt – vom E-Mail-Terror bis zur Bestellung von Waren auf den Namen des Opfers. Doch eine Straftat wird das alles erst, wenn die Taten das Opfer „in seiner Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigen“. In der Praxis heißt das, erklärt Schindecker, die selbst Stalking-Opfer war und 2005 die Deutsche Stalking-Opferhilfe gegründet hatte, dass das Opfer Wohnung oder Arbeitsstelle wechseln muss, bevor überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Und selbst in diesem Fall sei der Weg dorthin lang: „Zuerst muss man die andauernde Belästigung beweisen und dagegen eine einstweilige Anordnung erwirken. Verstößt der Täter dagegen, wird zunächst ein Ordnungsgeld verhängt. Erst wenn er dann immer noch weitermacht, wird ein Verfahren eröffnet.“

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Im Falle des Ingolstädter Stalkers endete das Verfahren wegen Nachstellung, versuchter Nötigung, Beleidigung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung – mit einer Bewährungsstrafe.

Unterstützt wird die Deutsche Stalking-Opferhilfe von der bayerischen Justizministerin Beate Merk. „Wir halten es für falsch, dass eine psychische Belastung des Opfers nicht ausreicht“, heißt es auf EMMA-Anfrage aus der Pressestelle des Justizministeriums. Merk will das Gesetz so formulieren, dass die Nachstellungen des Täters „geeignet sind“, das Opfer schwer zu beeinträchtigen. „Damit wäre der Straftatbestand auch erfüllt, wenn das Opfer sich keine neue Handynummer besorgt, nicht umzieht und nicht den Arbeitsplatz wechselt.“

Erika Schindecker von der DSOH fordert außerdem: Richter und Staatsanwälte müssen besser geschult werden. Außerdem gebe es für Täter in ganz Deutschland nur eine einzige Anlaufstelle, nämlich „Stop Stalking“ in Berlin. „Das ist zu wenig!“ Ebenfalls völlig ungeklärt sei der Umgang mit psychisch gestörten Tätern.

Vordringlich aber sei: „Das Strafverfahren muss früher einsetzen. Sonst macht der Täter immer weiter.“

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