Bestnote in der Haltung!

Mut: Sarah Voss setzt ein Zeichen im Turnsport. Foto: imago images
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Sarah Voss, deutsche Kunstturnerin und Allround-Nationalmeisterin von 2019, zeigt Haltung, aber sowas von! Zu Beginn der Europameisterschaft in Basel am Mittwoch setzte die 21-jährige Kölnerin das wohl stärkste Zeichen gegen Sexismus, das die Turnwelt bislang gesehen hat. Sie betrat den Schwebebalken nicht in einem Hauch von Nichts, sondern in einem eleganten, schwarzen Ganzkörperanzug. „Schaut auf meine Leistung, nicht auf meinen Schritt!“ – so die klare Botschaft. Damit sagt Voss als erste Turnerin der Welt der Sexualisierung ihres Sportes den Kampf an.

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Schaut auf meine Leistung, nicht auf meinen Schritt! - so die klare Botschaft

„Ich bin stolz, diesen Anzug zu tragen. Ich fühle mich wohl, das ist super bequem und ich finde, es sieht cool aus", sagte die deutsche Mehrkampfmeisterin Voss nach dem Wettkampf. Schon oft kritisierten Sportlerinnen, dass die knappen badeanzug-ähnlichen Anzüge ihr Schamgefühl verletzten. Sarah Voss: „Wir Frauen wollen uns alle wohlfühlen in unserer Haut. In unserem Sport wird das immer schwieriger, je weiter man sich von seinem Kinderkörper entfernt. Als kleines Mädchen fand ich die knappen Turnanzüge nicht so dramatisch. Aber als die Pubertät begann, als die Periode dazu kam, da hatte ich zunehmend ein ungutes Gefühl.“

Turnerinnen trainieren im Alltag in langen Hosen. „Da haben wir uns irgendwann gefragt: Warum denn nicht auch im Wettkampf?“, fragt Voss. Am vergangenen Freitag zogen ihre Teamkolleginnen nach. Elisabeth Seitz und Kim Bui turnten ebenfalls in den selbstdesignten langen Gymnastikanzügen.

Elisabeth Seitz, Olympia-Vierte von 2016, hatte erst kürzlich beklagt, dass im Frauenturnen immer wieder die Grenze zwischen Ästhetik und Sexualisierung überschritten werde: „Der knappe Stoff am Übergang zu den Beinen verrutscht beim Spreizen oder Grätschen leicht. Bilder, die das festhalten, werden veröffentlicht. Schönes Turnen hat nichts damit zu tun, dass man das auch geil findet.“

Seitz: Schönes Turnen hat nichts damit zu tun, dass man es auch geil findet!

Nicht nur Zuschauer, auch Fotografen und Kameraleute der großen Agenturen und Sender fotografieren und filmen Sportlerinnen mit Vorliebe im Schritt. Auf Youtube kursieren sogar Videos, in denen Zuschauer Turnerinnen während ihrer Kür die ganze Zeit die Genitalien filmen – teilweise sogar mit sexistischen Kommentaren oder unterlegtem Stöhnen und das dann auch noch auf Zeitlupe stellen. Das gleiche passiert im Tennis, im Volleyball - überall da, wo Frauen in viel zu kurzen Outfits körperliche Höchstleistungen vollbringen. Und oft verlangen Sportverbände wegen der Sponsoren sogar diese Outfits. Sex sells.

Im Turnen ist die Sexualisierung besonders stark. Der Sport erfordert ein Spreizen und Strecken des Körpers in alle Richtungen – und er steht im Verdacht, einen Teil seiner männlichen Zuschauer genau aus diesem Grund anzuziehen.

Höchste Zeit also, Selbstbewusstsein zu zeigen. Voss: „Wir sind ja auch Vorbilder für jüngere Athletinnen. Wir wollen alle ermutigen für sich einzustehen. Wir haben es vorgemacht, jetzt hoffen wir, dass viele unserem Beispiel folgen!“

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