"Deep & Deutlich": Eklat bei Talkshow

Huschke Mau bei "deep und deutlich": "Freiern ist der Konsens egal."
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„In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? In einer Gesellschaft, die Sex, der nicht aus freien Stücken passiert, toleriert, oder in einer, die das sanktioniert? Im Klartext: Soll Prostitution einen Platz in unserer Gesellschaft haben?“ Das fragte Huschke Mau in der NDR-Sendung „Deep und deutlich“ am vergangenen Samstag.

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Es ist die zentrale Frage der ganzen Sendung - die Huschke Mau schließlich nach 36 Minuten wutentbrannt verlässt. Über zehn Jahre war Huschke selbst in der Prostitution, kämpft nun für Ausstiegshilfen und Freierbestrafung und hat das Netzwerk ELLA gegründet, in dem Frauen aus der Prostitution sich zusammengeschlossen haben. „Ich habe schon viel in Diskussionen erlebt, aber mir hier von so vielen privilegierten Menschen so‘ ne Scheiße anzuhören…“, sagt Huschke Mau, kabelt sich ab und verlässt das Studio. Was war passiert?

Die „Privilegierten“, das sind Moderatorin Aminata Belli, Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo mit Ehefrau und Autorin Jule Lobo, die YouTuberin und Entertainerin Alicia Joe sowie der Moderator Michel Abdollahi. Titel der Sendung: „Bordellrepublik Deutschland: Land der unbegrenzten Freier?“ „Deep und deutlich“ definiert sich als „junges Pendant“ zur NDR-Talkshow, „Mutige Gespräche, die inspirieren“. Mutig war an diesem Abend allerdings nur eine: Huschke Mau. Und zudem die Einzige, die wusste, wovon sie redet.

Fokus auf die Freier? Da verspürt Sascha Lobo "eine Dissonanz"

„Ich glaube, wir kommen aus unterschiedlichen Welten“, sagt Huschke am Anfang der Sendung. Da fragt Jule Lobo, ob sie denn den Polizisten, der ihr erster Zuhälter war und sie in die Prostitution getrieben hat, auch angezeigt habe? Moderatorin Belli will wissen, warum sie „nicht einfach mit dem Job aufgehört“ habe. Sascha Lobo, der lieber von „Sexarbeit“ als von Prostitution sprechen möchte, „verspürt eine Dissonanz“, als Huschke darüber spricht, dass den Freiern der Konsens egal ist, und auf ihnen der Fokus der Debatte liegen sollte. Lobo findet, dass das „Nordische Modell“ den Frauen doch mehr schade als nütze. Er fordert „rigide Kontrollen in den Bordellen, mehr Frauenhäuser, AnsprechpartnerInnen“, aber ein Verbot der Prostitution, „ey sorry, das würde alles schlimmer machen“.

Was weiterhin folgt, sind die Mythen, die die Prostitutionslobby seit Jahren erfolgreich propagiert und die bei den vieren offensichtlich auf fruchtbaren Boden gefallen sind – vom „gefährlichen Untergrund“, der „selbstbestimmten Sexarbeit“, vom „ältesten Beruf der Welt“, vom „Job wie jeder andere…“

Geduldig erklärt Huschke Mau es noch einmal von vorn: „Wenn ich Prostitution in einem Land legalisiere, gibt es mehr Freier. Ein Gesetz hat eine normierende Wirkung. Wenn etwas erlaubt ist, tun es mehr Menschen.“ Das sind in Deutschland laut Bundesfamilienministerium jeden Tag 1,2 Millionen Männer, die zu einer Prostituierten gehen. Huschke Mau: „Das heißt, die Nachfrage, der Markt ist so riesig, dass er gar nicht aus einer Prostitution aus freien Stücken befriedigt werden kann. Daher braucht es Zuhälter und Menschenhandel.“ Fragende Blicke allerseits.

"Soll Prostitution in dieser Gesellschaft einen Platz haben? Was ist deine Meinung?"

Huschke wird deutlicher: „Wir sind in Deutschland das Zielland Nummer 1 für Menschenhandel in ganz Europa! Aus Rumänien verschwinden Frauen, die dann in deutschen Bordellen wieder auftauchen!" Betroffene Blicke allerseits.

Dann hat Aminata Belli eine Idee: „Ich glaube, es gibt zwei Arten von Prostitution!“ Denn in der vergangenen Woche hat sie „Linnea“, eine „Escort-Frau“, begleiten dürfen, die ihr drei Tage lang gezeigt hat, wie normal ihr Job doch ist und die „supergern Sex hat“. Und auch die Freier waren ganz nett, von einem Freier wusste sogar die Ehefrau Bescheid.

Mehr über Huschke Mau in der März/April-EMMA.
Mehr von Huschke Mau in der März/April-EMMA.

„Warum versteckst du dich hinter diesen Frauen?“ fragt Huschke Belli, „Die Frage ist doch, ob Prostitution in dieser Gesellschaft einen Platz haben soll? Was ist denn deine Meinung dazu?“ Tja, das weiß Belli auch nicht, schließlich „hab‘ ich mich nie prostituiert und habe das auch nicht vor. Ich bin davon nicht betroffen.“

„Wir alle sind von Prostitution betroffen!“, platzt es aus Huschke heraus. „Ist euch eigentlich klar, dass diese Freier eure Chefs, eure Kollegen, eure Ehemänner, eure Brüder sind? Ist euch klar, dass ihr im Alltag permanent mit Männern zu tun habt, die sexuellen Konsens nicht wichtig finden? Und dass ihr auch mit denen ins Bett geht?“

Als die Youtuberin Alicia Joe dann noch fragt, ob es nicht vielleicht Sinn machen würde, den Einstieg in die Prostitution zu reglementieren, etwa mit einem psychologischen Gutachten, merkt Huschke Mau, dass es einfach keinen Sinn hat. Und obwohl es eigentlich keine Krone braucht, die der ganzen Farce noch aufgesetzt wird, sagt Jule Lobo: „Aber wenn es doch Frauen gibt, die das aus einer Selbstbestimmung heraus machen, und alle sind cool damit, dann find ich das doch ok."

Da steht Huschke Mau auf und geht.

 

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Huschke Mau: „Entmenschlicht“ (Edel Books)

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