Brustamputation bei Minderjährigen!
Frau Weber, Sie haben eine Tochter, die heute als Transmann lebt. Wie hat das angefangen?
Unser Kind hat uns mit 13 Jahren erklärt, „nicht im richtigen Körper zu sein“. Dabei hatte sie eine völlig normale Kindheit und nie ein Unbehagen mit ihrem Körper geäußert. Jetzt war sie plötzlich davon überzeugt, dass sie nur mit einer Transition glücklich werden könne. Massiv verstärkt wurde das durch einen Transmann aus den Medien, den sie sich zum Vorbild genommen hat, und durch eine Trans-Selbsthilfegruppe. Deren Ideologie schien immer stärker zu sein als unsere Liebe und rationale Argumente.
Wie ging es dann weiter?
Sie hat mit 19 begonnen, Testosteron zu nehmen, hat sich Brüste, Gebärmutter und Eierstöcke entfernen lassen. Weil sie volljährig war, konnten wir Eltern das alles nur konsterniert verfolgen. Als letztes folgte ein Penoid-Aufbau. Das ist eine sehr drastische Operation. Da wird Haut von Unterarm und Oberschenkeln entnommen und die Harnröhre verlängert. Unser Kind war danach monatelang krank, inkontinent und arbeitsunfähig. Sie bereut die OP, aber jetzt gibt es eben kein Zurück mehr.
Justizminister Buschmann behauptet: Das geplante „Selbstbestimmungsgesetz“, mit dem jeder und jede seinen Geschlechtseintrag durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern kann, habe überhaupt nichts mit Hormongaben und Operationen zu tun. Was sagen Sie dazu?
Das Selbstbestimmungsgesetz regelt zwar in der Tat nicht die sogenannte „Versorgung“ mit medizinischen Maßnahmen. Aber das Gesetz wirkt ja nicht in einem luftleeren Raum. Was wir erwarten: Weil es so einfach ist, den Namen und den Personenstand zu ändern, glauben die Jugendlichen, dass die weiteren Schritte genauso einfach seien. Saskia Fahrenkrug von der Gender-Ambulanz Hamburg hat schon 2016 in einem Interview gesagt: Die Jugendlichen kämen schon zur ersten Sprechstunde mit dem Namen des Hormons, dass sie für ihre Geschlechtsumwandlung bitte sofort haben möchten. Wir als Eltern sehen, das sich das in den letzten Jahren noch verstärkt hat. Die Eltern in unserer Initiative berichten davon, dass die Jugendlichen sie massiv unter Druck setzen, mit Schulverweigerung, Ritzen und Suiziddrohungen. Neu ist, dass sie sich inzwischen auch bei den Jugendämtern melden und aus den Familien genommen werden wollen.
Was erwarten Sie als Eltern, wenn das Gesetz kommen sollte?
Wenn mit dem Selbstbestimmungsgesetz zum Beispiel eine 14-Jährige ihren Namen und ihren Geschlechtseintrag bereits in „männlich“ geändert hat, dann passt ihr Körper nicht dazu. Das erhöht natürlich den Druck, dann auch medizinische Maßnahmen zu ergreifen, damit der Körper passend gemacht wird.
Erhöht es auch den Druck auf Therapeuten?
Natürlich. Unsere Erfahrung als Eltern von Kindern mit Geschlechtsdysphorie ist jetzt schon, dass unsere Jugendlichen fast ausschließlich affirmativ behandelt werden. Da wird das Gefühl, „trans“ zu sein, sofort bestätigt. Der oder die Jugendliche wird gleich mit dem neuen Namen und den „richtigen“ Pronomen angesprochen. Die Diagnose „Genderdysphorie“ folgt dann sehr schnell. Leider wird eine Differentialdiagnose häufig vergessen, also die Frage: Was könnte stattdessen oder außerdem das Problem sein?
Hat man den Geschlechtseintrag geändert,
passt der Körper nicht mehr dazu
Und wie geht es dann weiter?
Die Indikationsschreiben für Pubertätsblocker werden sehr schnell ausgestellt. Und wir erleben immer wieder, dass sofort Folgetermine bei den Endokrinologen vereinbart werden. Da kommt ein Automatismus in Gang, der natürlich auch dem Wunsch der Jugendlichen entspricht. Die sind durch das Internet bestens informiert, wie „der Weg“ – und es gibt ja angeblich nur den einen – zu gehen ist.
Hinzu kommt das Verbot der sogenannten „Konversionstherapie“.
Genau. Es ist für TherapeutInnen rechtlich heikel, den Jugendlichen, die mit der Selbstdiagnose „trans“ kommen, vorzuschlagen, ihre Situation erst einmal zu „erkunden“, weil das irrtümlicherweise bereits als „Konversionstherapie“ ausgelegt werden könnte. Außerdem würde es, wenn das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft träte, zu einer Welle kommen. Das würde die Gefahr einer überstürzten Behandlung erhöhen – so wie es in England bei der Tavistock-Klinik passiert ist, die deshalb geschlossen wurde. Unsere Sorge ist, dass die Selbstdiagnose „trans“ dann noch schneller und leichtfertiger bestätigt wird. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz kämen die Jugendlichen ja schon mit ihrem geänderten Ausweis in die Praxis.
Justizminister Buschmann behauptet, es fände sich in Deutschland kein Arzt, der geschlechtsangleichende Operationen an Minderjährigen durchführt. Stimmt das?
Nein, das ist schlicht falsch. Man muss nur einen Blick auf die Websites der Kliniken werfen. Wir haben hier allein in Düsseldorf mindestens zwei Kliniken – das Sana-Krankenhaus in Gerresheim und eine Privatklinik im Medienhafen – die Brustentfernungen für Minderjährige anbieten. Sie verlangen dazu ein psychologisches Indikationsschreiben und die Einwilligung der Eltern. Wird die Mastektomie selbst bezahlt, ist es noch einfacher, weil dann die Krankenkassen außen vor sind und beispielsweise die Hormontherapie als Voraussetzung entfällt oder auch eine non-binary-Identifikation durchgeht. Bei der Privatklinik im Medienhafen stehen auch gleich die Kosten dabei: 5.500 Euro plus Narkose. Wir beobachten übrigens, dass zunehmend solche Trans-Zentren an den Krankenhäusern eingerichtet werden und andere, weniger lukrative Abteilungen verdrängen. Beim Sana-Krankenhaus wurde zum Beispiel die Geburtshilfe abgeschafft, die Radiologie und das Labor wurden ausgegliedert, sodass Patienten jetzt länger auf ihre Ergebnisse warten müssen. Auch deshalb geht das Thema die gesamte Bevölkerung an.
Die bisherigen medizinischen Leitlinien sehen für gegengeschlechtliche Hormone, also Testosteron und Östrogen, eine Altersgrenze von 16 Jahren vor.
Gerade bei Jugendlichen, die schon seit der Kindheit geschlechtsdysphorisch sind, ist bekannt, dass gegengeschlechtliche Hormone schon ab 13 gegeben werden. Die Leitlinien sind eben keine Richtlinien und daher unverbindlich. Sie sind übrigens auch nicht haftungsrelevant, das steht ausdrücklich drin. Wer sich nicht an die Leitlinien hält, kann also später kaum verklagt werden. Aber selbst diese unverbindlichen Leitlinien sind im Moment nicht in Kraft. Sie sollen seit 2018 überarbeitet werden, aber die Kommission kommt seit Jahren zu keinem Ergebnis. Auf Nachfrage wurde uns gesagt, dass man sich deshalb an den internationalen Leitlinien der „World Professional Association for Transgender Health“ orientieren solle. Die WPATH hat im Herbst 2022 eine neue Fassung ihrer Leitlinien herausgebracht, leider wird der Schutz von Jugendlichen darin völlig vernachlässigt, zum Beispiel wurden nahezu alle Altersgrenzen entfernt. Da sehen wir also, in welche Richtung es auch in Deutschland gehen soll.
Wenn die Mastektomie selbst bezahlt wird,
ist es noch einfacher, eine zu bekommen
Schweden, Finnland und England haben die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Hormonen komplett zurückgefahren und setzen bei der Behandlung von Genderdysphorie jetzt wieder auf Psychotherapie. In Finnland sind Operationen sogar erst ab 25 erlaubt.
Ja, dort hat eine 180-Grad-Abkehr von den WPATH-Leitlinien stattgefunden, weil die Datenlage viel zu dünn ist. Die Länder gehen davon aus, dass junge Menschen vorher die Tragweite ihrer Entscheidung nicht überblicken können. In Deutschland werden übrigens Sterilisationen bei Frauen aus demselben Grund erst ab 25 gemacht. Und auch bei minderjährigen biologisch Intersexuellen geht man davon aus, dass sie bei Operationen, die ihr Geschlecht vereindeutigen sollen, nicht einwilligungsfähig sind. Warum dann bei Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie? Kürzlich hat bei einer Fachtagung einer der eingeladenen Experten erklärt: Es sei für ihn angesichts der äußerst mageren Evidenzlage gar nicht vorstellbar, wann man bei einem trans-identen Jugendlichen, der sich aktuell in einer belastenden Lebenskrise befindet, weiß, ob er verstanden hat, was die gewünschten Eingriffe an seinem gesunden Körper für Auswirkungen auf sein zukünftiges Leben haben werden. Auch der Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik Dresden, Veit Roessner, hat kürzlich in einem Interview erklärt, es gäbe überhaupt keine Datengrundlage, um die Entscheidung für eine Hormon- oder gar operative Behandlung bei Kindern und Jugendlichen verantwortungsvoll zu treffen.
Es mehren sich in der Tat die Stimmen von Medizinern, die die fehlende Datenlage beklagen.
Ja, und jetzt ist auch noch das sogenannte „Dutch Protocol“ zerrissen worden. Das ist der Behandlungs-Leitfaden, der seit 2006 in den Niederlanden für die Behandlung von Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie entwickelt wurde, und auf den sich seither Gender-Mediziner weltweit berufen: Pubertätsblocker ab 12, Hormone ab 16 und OPs ab 18. Was schon länger bekannt ist: Die Probanden der Amsterdamer Uniklinik waren überwiegend männlich und schon seit der frühen Kindheit dysphorisch. Außerdem mussten sie psychisch total stabil sein. Das heißt, das ist eine völlig andere Gruppe als diejenigen, die in den letzten Jahren in die Gender-Ambulanzen kommen, nämlich: Mädchen, bei denen die Geschlechtsdysphorie erstmals in der Pubertät auftritt und die häufig Komorbiditäten haben, also zum Beispiel Ängste, Depressionen, Autismus, ADHS oder Essstörungen. Zahlen aus Schweden zeigen: 70 bis 75 Prozent der pubertierenden Mädchen sind schon vor der Diagnose Genderdysphorie in psychiatrischer Behandlung gewesen! Das holländische Behandlungs-Protokoll, auf das sich die ganze Welt bisher gestützt hat, passt für diese Gruppe also überhaupt nicht.
Und was ist jetzt außerdem herausgekommen?
Forscher haben belegt, dass die Studie an sich qualitativ minderwertig und methodisch so fehlerhaft war, dass sie niemals als Referenz hätte herangezogen werden dürfen. Nun aber ist die Büchse der Pandora geöffnet. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sie großzügig vom Pharmaunternehmen Ferring unterstützt wurde, das Pubertätsblocker und Testosteron-Produkte herstellt. Übrigens wird auch die Stiftungs-Professur an der Bochumer Gender-Ambulanz an der Uniklinik mit 150.000 Euro jährlich von Ferring unterstützt.
Was sagt eigentlich Gesundheitsminister Lauterbach zu alledem?
Bisher noch nichts. Die medizinischen Fragen sollen in einem zweiten Schritt angegangen werden, der betrifft dann das Gesundheitsministerium. Wir werden ihn bald dazu fragen.
Das Gespräch führte Chantal Louis.