Eva Engelken & EMMA
Wenn man sagt, dass Eva Engelken eine herausragende Person ist, dann trifft das auch im wörtlichen Sinne zu: Sie ist 1,86 m groß. Nicht, dass sie nicht sowieso auffiele. Zum Beispiel, wenn sie bei der Grimmepreis-Verleihung vor dem Marler Stadttheater im April 2023 Plastik-Kothaufen neben dem roten Teppich verteilt, über den Jan Böhmermann laufen wird. Der ZDF-Moderator (und EMMAs diesjähriger „Sexist Man Alive“) hatte in seiner Sendung zum „Selbstbestimmungsgesetz“ kritische Feministinnen als „Scheißhaufen“ beschimpft. Die Initiative „Lasst Frauen sprechen“ verlieh Böhmermann darum den „Grimmigen Scheißhaufen“, und Engelken hielt vor dem Theater die Preisrede: „Kein Preis für Frauenhass!“
Oder als sie am 13. September die Treppen zum Rheydter Rathaus emporstieg – zu ihrer ersten Sitzung als nachgerückte Ratsfrau für die Grünen, obgleich auf dem Marktplatz die Grüne Jugend und Ratsmitglieder wegen Evas angeblicher „Transfeindlichkeit“ protestierten, die Polizei mit drei Einsatzwagen vor Ort war. Ihr war mulmig zumute, aber auf das Mandat zu verzichten, kam nicht in Frage. „Ich habe immer versucht, mich für die richtige Sache stark zu machen, auch wenn ich dabei erstmal alleine stehe“, sagt Eva Engelken.
Der Vorsatz, den die heute 52-Jährige schon in Kindertagen fasste, ist allerdings aus einer gewissen Not entstanden. Der zu Kriegsbeginn geborene Vater war „emotional wie erstarrt", dabei aber ein Überflieger, der seine juristischen Staatsexamina mit „gut“ und „sehr gut“ bestand. Auch an seine Kinder hatte der Vater „hohe Ansprüche“, allen voran an Eva als Älteste der fünf Geschwister. „Ich wurde von ihm gefördert bis an den Rand meiner Kräfte – ob beim Englisch oder Bergsteigen –, das war seine Art, mir seine Liebe zu zeigen“, erinnert sich die „Vatertochter“, die später selbst Jura studierte, „vielleicht, um ihn besser zu erreichen“.
Die Mutter, gelernte Krankenschwester, versorgte die Kinder und engagierte sich ehrenamtlich in der Gemeinde. Die Carpe Diem-Haltung der norddeutschen Eltern passte zum pietistischen Arbeitsethos Württembergs, wo die Familie lebte. Wenngleich „die Pietisten meiner Mutter immer zu bibeltreu waren, sie war liberaler. Den Idealismus und das Weltverbesserische habe ich von ihr.“
Die Volljuristin volontierte nach dem zweiten Staatsexamen 2001 beim Handelsblatt, arbeitete dort als Wirtschaftsjournalistin und wurde, nach dem sie ihr zweites Kind bekommen hatte, „aufs Abstellgleis gestellt“. Sie ging zu einer PR Agentur, bekam Kind Nummer 3 – und die Kündigung, als sie aus der Elternzeit zurückkam. Sie erklagte eine Abfindung und hat bis heute „eine Riesenwut, dass Kinder Frauen karrieremäßig so ausbremsen können“. Mit dem Geld schrieb sie einen PR-Ratgeber und machte sich selbstständig als Fachfrau für Anwaltskommunikation.
Als Donald Trump 2016 die Präsidentschaftswahlen gewann, ließ sich Eva Engelken eine Pussy-Mütze stricken und beschloss: „Ich muss endlich politisch tätig werden!“ Sie trat bei den Grünen ein, „obwohl ich aus der EMMA wusste, dass die das Prostitutionsgesetz von 2002 verbrochen hatten. Aber ich dachte, sie hätten ihre Jugendsünden abgelegt.“
Es krachte, als Eva Engelken im Frühjahr 2020 die Angriffe auf J.K. Rowling als „frauenfeindlich“ kritisierte. Reaktion: „Eva, du bist transfeindlich!“ Seither kämpft sie auch gegen das geplante „Selbstbestimmungsgesetz“ und die Identitätspolitik, „die mich nicht nur als Frau, sondern auch in meiner journalistischen Überzeugung angreift: Wenn man mir sagt, dass Wahrheiten nicht ausgesprochen werden dürfen.“
Anfang 2023 hat die Juristin und Journalistin den gemeinnützigen Verein „Frauenheldinnen e. V.“ initiiert. Die Initiative war zunächst als Förderverein gedacht. Aber der Zulauf war so groß, dass es „jetzt doch ein Mitmach-Verein geworden ist“. Auf dem Aktions Programm stehen: Leihmutterschaft, Schulaufklärung, Care Revolution und ein Online Magazin. Keine Frage: Mit ihren Vorsatz ist sie auf einem guten Weg. Und dabei steht sie nicht mehr alleine da.