Abtreibung: Ende der Belästigung?

Gehsteigbelästigungen finden häufig vor Kliniken, Praxen und Beratungsstellen statt.
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Der Bundestag hat im Juli einen Gesetzentwurf verabschiedet, der ungewollt Schwangere von nun an vor den sogenannten „Gehsteig­belästigungen“ schützt. Denn die Passantinnen hatten oft einen regelrechten Spießrutenlauf zu absolvieren. Selbsternannte „Lebensschützer“ demonstrierten mit Plakaten und choralen Gesängen vor Beratungsstellen wie Pro Familia, Kliniken oder Arztpraxen. Frauen sollten so von Abtreibungen abgehalten und FrauenärztInnen sowie BeraterInnen eingeschüchtert werden.

Wenn die Klagen Erfolg haben, ist die Situation schlechter als zuvor

Mit Erfolg. Laut Berufsverband der Frauenärzte (BVF) sind „Gehsteigbelästigungen“ für gynäkologische Praxen ein erheblicher Grund, um eine Abtreibung aus dem Leistungskatalog zu streichen.

Also nach drei Jahren tatsächlich mal ein Vorstoß für Frauen aus dem Hause Paus? Jein. „Grundsätzlich begrüßen wir den Vorstoß. Aber die Formulierungen sind zu unkonkret und lassen einen großen Auslegungsspielraum zu“, sagt Claudia Hohmann von Pro Familia in Frankfurt, wo oft Belästigungen durch AbtreibungsgegnerInnen stattfinden. „Es wird von den örtlichen Behörden abhängen, ob jene, die die Frauen belästigen, tatsächlich Abstand halten müssen. Außerdem rechnen wir mit Klagen. Und wenn nur eine davon Erfolg hat, ist die Situation schlechter als ohne dieses Gesetz!“, so Hohmann weiter.

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Ohnehin ist das Thema „Gehsteigbelästigung“ nur ein Nebenschauplatz beim Thema Abtreibung. Das eigentliche Thema ist die Streichung des § 218. Denn die Erfüllung dieser Forderung ist nicht nur seit 50 Jahren überfällig, sie war von Grünen und SPD auch im Parteiprogramm versprochen worden und ist außerdem das Ergebnis des Expertenberichts der „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“. Diese war – beauftragt von der Ampel, federführend von den Grünen – ein Jahr lang mit der Frage beschäftig, ob § 218 aus dem Strafgesetzbuch verschwinden könne und kam zum einhelligen Ergebnis: „Ja, sofort kippen. Frauen, die abtreiben wollen, dürfen nicht wie Kriminelle behandelt werden“. Folgen daraus? Keine. Im April 2024 wurde der Bericht vorgestellt.

Aber halt! Man wolle jetzt keine „gesellschaftlichen Grabenkämpfe“ heraufbeschwören, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Seitdem herrscht in Deutschland wieder Schweigen im Walde, als hätte es den Kommissionsbericht nie gegeben. Und das im 21. Jahrhundert, in dem fast alle westlichen Demokratien die Fristen­lösung eingeführt haben und Frankreich das Recht der Frauen auf Schwangerschaftsabbruch sogar in der Verfassung verankert hat!

Eine Expertenkommission der Ampel will §218 streichen. Und nun? Schweigen im Walde.

Am 21. September werden wieder die „Märsche für das Leben“ in Köln und Berlin stattfinden, wo christlich-fundamentale LebensschützerInnen Frauen lauthals die Selbstbestimmung über ihr eigenes Leben absprechen. Übrigens: Weltweit sterben jedes Jahr mindestens 50.000 Frauen an den Folgen illegaler Abtreibungen. 

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