Klage auf einen Kita-Platz?

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Frau Grebe, gibt es die befürchtete Klagewelle?
In Köln laufen schon etliche Klagen. Ich bekomme Anfragen aus ganz Deutschland. Allein in meiner Kanzlei berate und betreue ich rund 50 Fälle. Meist geht es dabei allerdings nicht darum, ob man einen Kita-Platz bekommen hat, sondern um die Frage, ob der zumutbar ist. Zum Beispiel, weil der Platz zu weit entfernt liegt. Oder weil statt der Kita eine Tagesmutter angeboten wurde, die aber viel teurer ist.

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Gibt es denn schon Urteile?
Das Verwaltungsgericht Köln hat gerade erklärt, dass eine Entfernung von maximal fünf Kilometern vom Wohnort zumutbar ist. Dagegen hat die Stadt aber schon Beschwerde eingelegt, die will auch größere Entfernungen zumuten. Das heißt: Die Entscheidung geht jetzt ans Oberverwaltungsgericht in Münster. Im gleichen Urteil hat das Verwaltungsgericht gesagt, dass man die Eltern in ihrer Wahlfreiheit nicht einschränken darf. Das heißt: Wenn sie keine Tagesmutter, sondern eine Kita wollen, dann sollen sie die auch kriegen. Auch da muss man aber sehen, ob dieses Urteil Bestand haben wird.

Was ist denn das Problem bei einer Tagesmutter?
Sie ist oft teurer als ein Kita-Platz. Vor allem aber gibt es große Unsicherheiten: Was ist, wenn die Tagesmutter krank ist? Wenn sie in Urlaub fährt? Oft bieten Tagesmütter auch keine Ganztagsbetreuung an. Deshalb bevorzugen viele Eltern eine Kita, wo die Betreuung sicher gewährleistet ist.

Und was bringt die Klage? Wenn eine Stadt keine Betreuungsplätze mehr hat, kann das Gericht ja keine herzaubern.
Ich klage sozusagen auf den nächsten freien Betreuungsplatz. Wenn ein Elternpaar geduldig auf der Warteliste steht und nichts unternimmt, dann ist es für die Stadt natürlich viel einfacher, sich bei denen einfach nicht zu melden. Und wenn das Gericht entscheidet, dass die Stadt einem Kind einen Betreuungsplatz zuweisen muss und die Stadt kommt dem nicht nach, dann ist daraus ein Anspruch auf Schadenersatz abzuleiten.

Was heißt das?
Wenn ich keinen Kitaplatz habe und deshalb zum Beispiel einen Babysitter brauche oder gar meine Arbeitsstelle nicht antreten konnte, dann entsteht mir ja ein finanzieller Schaden. Und der muss übernommen werden. Da warten wir jetzt auf die ersten Urteile. Um diesen Schadenersatz zu vermeiden, versuchen die Städte auf Biegen und Brechen, einen Kita-Platz anzubieten.

Was erwarten Sie für die Zukunft?
Das Problem ist, dass die Städte vorab keine Elternbefragung gemacht haben. Die Bedarfsquoten von 35 Prozent, die die Bundesregierung verkündet hat, sind völlig aus dem Nichts gegriffen. Ich weiß gar nicht, worauf diese Zahl fußen soll. Und so gibt es jetzt einige Städte, die eine Überversorgung haben und andere, wie die Stadt Köln, die die Sache völlig verpennt haben. Gestern hatte ich ein Elternpaar hier, die mit der Security aus dem Jugendamt geflogen sind. Die haben offensichtlich zu vehement auf ihr Recht gepocht. Das ist ein ganz nettes junges Paar, und ich denke: Wenn ganz normale, vernünftige Menschen aus dem Amt fliegen, dann müssen die schon viel Frust und Wut im Bauch haben.

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Sieben Feministische Forderungen

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Gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit (und die Abschaffung des Hausarbeits- Gesetzes § 1356).
Anmerkung 2012: Der diskriminierende Paragraph ist abgeschafft worden, der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt bis heute 23 Prozent.

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Die Vergesellschaftung der Hausarbeit (Großküchen sollen der Hausfrau zeitraubende Vorarbeiten wie z. B. Kartoffelschälen abnehmen).
Anmerkung 2012: Die Hausarbeit ist weiterhin privat und überwiegend Frauensache. Laut einer aktuellen OECD-Studie putzt nur jeder fünfte Mann (aber zwei Drittel der Frauen).

Teilzeitarbeit für Mann und Frau.
Anmerkung 2012: Teilzeitarbeit ist heute weiter verbreitet, aber vor allem für Frauen: Jede zweite berufstätige Frau arbeitet in Teilzeit, aber nur jeder sechste Mann. Und: Zwei Drittel der 7 Mio. Minijobber in Deutschland sind weiblich.

Gratis-24-Stunden-Kindergärten und Ganztagsschulen.
Anmerkung 2012: In den Ost-Bundesländern gibt es eine Handvoll 24-Stunden-Kitas. Die meisten Kindergärten haben nur von 8–16 Uhr geöffnet (etliche schließen schon mittags) und sind kostenpflichtig. Ganztagsschulen werden erst seit einigen Jahren eingerichtet, sie machen ein Drittel aller Schulen aus.

Ein Babyjahr für Mutter oder Vater statt des üblichen Mutterschutzes von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt.
Anmerkung 2012: Das „Babyjahr“ inklusive Elterngeld gibt es inzwischen, und jeder vierte Vater nimmt Elternzeit. Allerdings nehmen 75 Prozent nur die zwei so genannten „Vätermonate“, Tendenz steigend. 90 Prozent der Väter arbeiten nach ihrer Elternzeit wieder Vollzeit, aber nur 14 Prozent der Mütter.

Die steuerliche Gleichstellung von unverheirateten mit verheirateten
Paaren.

Anmerkung 2012: Eine solche Gleichstellung existiert bis heute nicht.

Die Errichtung von Großwohnungen zu niedrigen Mieten, um die Isolation der Kleinfamilie aufheben zu können.
Anmerkung 2012: 2006 rief die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen ihr „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser“ ins Leben. Heute gibt es rund 500 dieser Häuser, in denen die Menschen allerdings nicht nur wohnen, sondern in denen sich Alt und Jung gegenseitig z. B. mit Kinderbetreuung, Einkaufsdiensten etc. unterstützen.

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