Ayben: die Rapperin
"Mein Name ist Ayben, habt Angst vor mir", liest frau staunend auf der Webseite der jüngsten und einzigen Rapperin der Türkei. "Rap ist meine Lebensphilosophie, der Spiegel meines Herzens, ich war noch ein Baby, als ich schon Rap hörte, ich habe ihn von meinem Meister erlernt ...", rappt Ayben Özcalkan online. Ihr so genannter "Meister" ist der fünf Jahre ältere Bruder Bilgin alias "Ceza", der 29-jährige Star der Szene.
Ayben ist 24 und wohnt noch bei ihrem Vater im konservativen Stadtteil Üsküdar. Das Publikum im Club Studio Live ist im Schnitt Mitte 20 und rappt mit Ceza bis morgens um drei, bis es ermattet in die inzwischen auch in Istanbul verbreiteten Studenten-WGs entschwindet. Ayben hat nur einen kurzen Auftritt, der Vater wartet Backstage auf sie: Ein rundlicher Papa-Typ, der nicht nur als Aufpasser auf Konzerte mitkommt, sondern auch gerne zuhört.
Vater Özcalkan gehörte in den 70er Jahren zu den Hippies, die für Jimi Hendrix und Pink Floyd schwärmten und von den Ultrarechten wegen ihrer langen Haare verprügelt wurden. Aybens Mutter starb früh, sie trug als religiöse Frau ein Kopftuch. Die Tochter reagiert gereizt auf das Kopftuchverbot in türkischen Schulen, Unis und im öffentlichen Dienst. Sie findet jegliche Art von Reglementierung in Bezug auf Kleidung "autoritär".
Rap ist für Ayben die "Kunst der verbalen Verteidigung". Sie zitiert ironisch das türkische Sprichwort, "Wenn die Hündin nicht mit dem Schwanz wedelt, folgt der Rüde auch nicht". Ayben wedelt nicht mit dem Schwanz. "Die Leute, die mir Sprüche hinterher rufen, sind nicht religiös, sondern sie terrorisieren ihre Frauen mit einer religiös übertünchten Macho-Manier", sagt sie und rappt's: "Rap ist für mich meine Balance/mein einziger Liebhaber/red mir nicht rein/ich weiß, was mich glücklich macht/mein Rap."
EMMA März/April 2007