Birte: Die Informantin (Nr. 1)
„Angefangen hat alles im Oktober 2014. Ich hatte mich als Journalistin schon länger über den zündelnden Ton gewundert, in dem eine Lokalzeitung über Flüchtlinge berichtet und habe das Thema deshalb sehr genau verfolgt. Und schließlich wollte ich selbst etwas darüber schreiben, am liebsten sogar mithelfen in einer Flüchtlingsorganisation. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Projekt in meiner Umgebung gemacht. Und nichts gefunden. Ich habe mich bei Bekannten und KollegInnen umgehört. Und die hatten alle das gleiche Problem: Sie wollten helfen – wussten aber nicht wie und wo. Also habe ich entschieden: Ich schaffe diese zentrale Informationsstelle. Ich habe einen Wordpress-Blog aufgesetzt und so „Wie kann ich helfen?“ ins Leben gerufen. Um Projekte in ganz Deutschland vorzustellen, die Flüchtlingen helfen. Menschen, die ebenso helfen wollen, finden auf dem Blog die Infos, die sie brauchen. Das ist in dieser Form bisher einmalig.
Die pauschale Ablehnung des Ostens finde ich beunruhigend
Innerhalb von wenigen Tagen sind die Zugriffzahlen explodiert. Obwohl anfangs gar nicht so viel drauf stand auf meinem Blog. Die ersten Projekte musste ich mir noch mühsam zusammensuchen. Heute gibt es eine Übersichtskarte, auf der ich über 350 verlinkt habe. Initiativen aus ganz Deutschland schreiben mich an. Und ich suche selbst gezielt weiter. Zurzeit in genau den Orten, in denen es Aktionen gegen Flüchtlinge gibt, in Leipzig und in Nauen zum Beispiel. Denn auch in diesen Städten gibt es ja Leute, die in der Flüchtlingshilfe engagiert sind. Die kommen bloß in den Medien nicht vor. Da sehen wir gerade dauernd die Bilder von den brennenden Flüchtlingsheimen und der angeblich schweigenden Masse. Das führt leider auch zu einer pauschalen Ablehnung des Ostens, was ich ähnlich beunruhigend finde.
Ich selbst bekomme gelegentlich E-Mails von Männern und Frauen, die mir die Sache mit den Flüchtlingen mal ganz grundsätzlich erklären wollen. Oft auch in diesem typischen Pegida-Ton. Ich erhalte auch Hilferufe von Flüchtlingen, die Probleme bei ihren Asylverfahren haben oder abgeschoben werden sollen. Aber da kann ich natürlich nichts tun. Das ist manchmal sehr bedrückend. Dafür bin ich oft beeindruckt von den vielen schönen Ideen, die Menschen haben. Was mir allerdings fehlt, sind mehr Projekte für Frauen. Klar, für viele ist es schwierig, nachzuvollziehen, was diese Frauen auf der Flucht erleben: Sexuelle Gewalt oder die vielfache Belastung. Sie müssen sich ja trotzdem um alles und jeden kümmern: die Kinder, die Männer, die Versorgung der Familie. Für sich selber haben sie keine Zeit. Viele kommen völlig traumatisiert hier an.
Was mir fehlt, sind mehr Projekte für Flüchtlingsfrauen
Ich wünsche mir deshalb mehr Solidarität von Frauen mit den Flüchtlingsfrauen. Damit sie hier frei leben können. Ich kämpfe selbst eigentlich schon seit der Schulzeit für Gleichberechtigung und führe auch noch ein zweites Blog: „Thea“. Darin geht es um feministische Themen: geschlechtergerechte Sprache und die Darstellung von Frauen in den Medien. In meinen Zwanzigern habe ich in Neuseeland am Theater gearbeitet, ich weiß also selbst, wie es sich anfühlt, die Ausländerin zu sein. Heute verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt als Texterin, vor allem in den Bereichen Kultur, Tourismus, Natur und Umweltschutz. Gerade nimmt mich die Flüchtlingssache aber ganz schön in Anspruch. Mein Ziel? Alle Projekte in Deutschland erfassen. Dann erst höre ich auf!“
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Thea